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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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der Prior, während er durch den Schlamm stapfte. »Euer Öl vom Guajakholz wirkt allerdings bei den Wunden besser als jede andere Salbe.«
    »Ich habe bloß auf das gehört, was die Seeleute sich erzählt haben, die von den beiden Amerikas zurückkamen«, erwiderte Isacco. »Das ist nicht mein Öl. Ich habe nichts dazu beigetragen.«
    »Zuhören ist auch ein Verdienst«, sagte der Prior, während er die Scuola Grande betrat. »Ich verwende auch Quecksilber. Das scheint ebenfalls zu wirken. Allerdings ist es schwierig zu dosieren. Man läuft Gefahr, die Wunden zu heilen und dabei den Patienten zu vergiften.«
    »Quecksilber?«, fragte Isacco. »Interessant.«
    »Nun, tretet ein«, sagte der Prior und öffnete die Tür des Refektoriums. Er deutete auf eine Frau am Ende des Saales. »Das ist sie.«
    Die Männer näherten sich der einfach gekleideten Frau.
    »Das ist Doktor Negroponte, von dem ich Euch gerade erzählt habe«, sagte der Prior.
    Isacco sah, dass die Frau seinen gelben Judenhut beäugte.
    »Der Prior erzählt nur Gutes über Euch«, begann die Frau.
    Ihre Stimme klingt warmherzig, dachte Isacco. »Aber er hat Euch nicht gesagt, dass ich Jude bin, richtig?«, fragte er leicht angriffslustig. »Hat er wenigstens erwähnt, dass meine Patientinnen Prostituierte sind?«
    »Ich wollte den Prior unterstützen«, sagte die Frau, ohne auf Isaccos Feindseligkeit einzugehen. »Doch er benötigt meine bescheidene Hilfe nicht. Aber er hat mir gesagt, dass Ihr sie vielleicht gebrauchen könnt.«
    Isacco runzelte die Stirn.
    »Was Ihr tut, ist gut, und ich will Euch helfen«, sagte die Frau. »Und es kümmert mich nicht, ob Ihr Jude seid.«
    »Ich danke Euch«, erwiderte Isacco, der seine harten Worte bereute. »Aber wie könntet Ihr uns helfen?«
    »Ich kann Euch Platz für Eure Kranken anbieten … einen geräumigen Ort, in den man allerdings noch etwas Arbeit stecken müsste … Nun ja, er muss noch hergerichtet werden …«, sagte die Frau. »Also, ich will Euch helfen, indem ich Euch einen Ort anbiete, wo Ihr ein Hospital einrichten könnt.«
    Isacco spürte, wie ihm ein Schauder den Rücken hinablief. Er blickte zu Hauptmann Lanzafame hinüber. Auch der sah die Frau mit ungeteilter Aufmerksamkeit an.
    »Von was für einem Ort redet Ihr?«, fragte Isacco.
    »Nun ja … es handelt sich … Also, es handelt sich um meinen Stall …«, sagte die Frau schüchtern. »Ich weiß, es ist bloß ein Stall, aber dort ist es wenigstens warm. Man könnte ihn wohnlich herrichten. Gleich daneben steht mein Haus, und ich könnte Euch regelmäßig mit Mahlzeiten versorgen, wenn mir jemand zur Hand geht und …«
    »Warum?«, unterbrach sie Isacco.
    »Weil …« Die Frau sah sich wie auf der Suche nach einer Antwort um. »Weil Ihr etwas Gutes tut und ich kein Vieh mehr habe und …«
    »Weil sie von Gott gesandt wurde!«, ging Lanzafame begeistert dazwischen. »Von meinem, deinem oder dem der Huren … Was zum Henker kümmert uns das Warum? Egal aus welchem Grund, er sei gesegnet. Und mögest auch du gesegnet sein, gute Frau! Los, bedank dich schon bei ihr, Doktor!«
    Isacco wandte sich an die Frau, aber er brachte kein Wort heraus.
    »Wann können wir kommen?«, fragte Lanzafame.
    »Also, ich weiß nicht …«, sagte die Frau. »Ich habe dem Prior gesagt, in einem Monat, wenn er die Arbeiten übernimmt.«
    »In einem Monat …«, murmelte Isacco und starrte durch das Fenster des Refektoriums in Richtung des Lagers auf dem schlammigen Boden direkt hinter der Scuola Grande. »In einem Monat sind alle tot …« Er schüttelte den Kopf. »Trotzdem danke«, sagte er zu der Frau und wandte sich zum Gehen.
    »Wenn Ihr allerdings meint, dass sie in einem Stall besser aufgehoben sind als hier im Freien …«, fügte die Frau hinzu.
    Isacco starrte sie an. Dann sah er zu Lanzafame hinüber.
    »Meint Ihr, dass wir dann auch sofort kommen könnten?«, fragte Lanzafame und sprach damit aus, was Isacco dachte.
    »Von mir aus schon, sicher«, erwiderte die Frau. »Wenn Ihr nichts dagegen einzuwenden habt …«
    »Wir haben gegen gar nichts etwas einzuwenden, wenn wir nur ein Dach über den Kopf bekommen, nicht wahr, Doktor?«, sagte Lanzafame angespannt.
    Isacco betrachtete ihn immer noch zögernd.
    »Doktor!«, schrie ihn Lanzafame beinahe an.
    »Das erscheint mir ein guter Vorschlag«, sagte auch der Prior. »Und außerdem …«, er klang verlegen, »also, das Lager hier draußen … nun ja … Also, die Mönche der Kirche haben mich schon

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