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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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keineswegs so demütig wie Zolfo, sondern hart und brutal. Sie hatte offenbar keine Angst vor ihm.
    »Hüte deine Zunge, Frau«, ermahnte der Mönch sie.
    Das Mädchen ging auf ihn zu und starrte ihn einen Moment lang wortlos an. »Du Dummkopf! Merkst du eigentlich gar nicht, dass Zolfo uns Schwierigkeiten bereiten kann, wenn er redet?«
    Shimon lauschte noch aufmerksamer.
    Der Mönch hob eine durchbohrte Hand. »Der kommt zurück«, sagte er boshaft. »Der hat keinen eigenen Willen.«
    »So wie du, meinst du?«, sagte das Mädchen verächtlich. Dann sah sie auf die Gasse hinunter, in der Zolfo verschwunden war, und kehrte kopfschüttelnd zurück in den Palazzo.
    Shimon fühlte eine starke Erregung, als er sie mit wiegenden Hüften in der im Halbdunkel liegenden Eingangstür des Palazzos verschwinden sah.
    Es würde wunderbar sein, sie zu quälen.
    Wir sehen uns bald wieder, dachte er.

76
    I ch bin ja so dumm«, flüsterte Giuditta, als sie an diesem Morgen bei Tagesanbruch die Augen aufschlug, während die Marangona-Glocke über den Dächern von Venedig ertönte.
    In der Wohnung herrschte Unordnung. Giuditta hatte schon vor Tagen aufgehört, für ihren Vater zu kochen, das Geschirr abzuwaschen und Ordnung zu halten. Sie hatte sich in tiefes Schweigen gehüllt und ließ niemanden an sich heran, nicht einmal Octavia. Niemand durfte erfahren, was sie bewegte. Das Leben war ihr schlichtweg gleichgültig geworden. Sie sah das Geschirr, das sich in der Waschschüssel stapelte, doch sie nahm es nicht wahr. Das Leben um sie herum ging weiter, doch wenn die Leute etwas zu ihr sagten, hörte sie nicht hin. Als befände sie sich in einer anderen Welt, die so weit entfernt von der ihren war, dass nichts dort sie berühren konnte.
    Doch an diesem Morgen war alles anders, und sie sagte sich erneut: »Ich bin ja so dumm.«
    Zum ersten Mal, seit sie auf Mercurio verzichtet hatte, lächelte sie. Und als sie es bemerkte, legte sie sich eine Hand an die Lippen, als wollte sie diese unerwartete Freude mit ihren Fingerkuppen körperlich spüren.
    Sie ging zum Fenster und sah ihren Vater, der sich in die Reihen derjenigen aus der Gemeinde mischte, die das Ghetto verlassen wollten, während die Wachen die Tore öffneten.
    Sie wusch sich das Gesicht und zog sich rasch an, denn sie hatte keine Zeit zu verlieren.
    Jetzt, da sie es endlich begriffen hatte, war alles so offensichtlich.
    Die Angst hatte sie daran gehindert, vernünftig zu überlegen. Und genau so funktionierten bestimmte Betrügereien, hatte ihr Vater ihr einmal erklärt. Wenn man das Opfer in die Enge treibt, hat es keine Gelegenheit mehr abzuwägen, was wirklich vor sich geht oder ob ihm noch ein Ausweg bleibt. Das Opfer durfte nur die Möglichkeiten in Betracht ziehen, die ihm der Betrüger eingab. Es durfte keinesfalls einen eigenen Gedanken fassen.
    Genau so war es gewesen, dachte Giuditta, die Angst hatte sie verwirrt. Sie hatte nur das gesehen, was Benedetta sie sehen ließ.
    Dabei hatte die Lösung klar auf der Hand gelegen. Und sie war so dumm gewesen, sie nicht zu erkennen! Warum gerade an diesem Morgen endlich der Schleier über ihren Augen zerrissen war, konnte sie sich nicht erklären, aber es spielte auch keine Rolle. Manchmal geschahen die Dinge eben ganz unerwartet. Menschen starben unerwartet. Oder sie verschwanden. Oder sie verliebten sich plötzlich, so wie es ihr und Mercurio an jenem Tag passiert war, als in dem Proviantkarren ihrer beider Hände zueinandergefunden hatten. Und genauso plötzlich und unerwartet war sie zur Frau geworden. Nachdem sie Mercurio zum ersten Mal in sich aufgenommen hatte, war ihr das Leben so verheißungsvoll vorgekommen, so farbenfroh und durchdringend, wie sie es sich niemals hätte vorstellen können. Doch genauso unvermittelt hatte das Leben blass und hoffnungslos vor ihr gelegen, als Benedetta ihr keinen Ausweg gelassen hatte.
    Nun jedoch war Giuditta bewusst geworden, dass es doch noch eine Möglichkeit für sie und Mercurio gab. Für ihre Liebe. Für eine gemeinsame Zukunft.
    Auf einmal erschien ihr das Leben wieder lebenswert, und sie spürte, wie das Blut kraftvoll durch ihren Körper strömte. Hoffnung erfüllte ihre Brust, und ihre Lungen sogen glücklich die laue Sommerluft ein.
    »Es war doch so offensichtlich«, sagte sie sich lachend und zog sich weiter an.
    Benedetta hatte ihr das Gift der Angst eingeflößt. Und sie hatte sich nicht dagegen gewehrt, sondern sich ganz ihrer Furcht ergeben. Aus Angst hatte sie

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