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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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der Wache zu Lanzafame.
    Der Hauptmann starrte ihn schweigend an. »Lass wenigstens den Vater Abschied nehmen«, sagte er dann.
    Der Kommandant nickte. »Aber beeil dich«, mahnte er Isacco.
    Isacco ging zu Giuditta. Vorsichtig wischte er ihr mit dem Ärmel seines Gewandes das Blut aus dem Gesicht. Er sah sie an und wollte etwas sagen, doch er brachte kein Wort heraus.
    »Los, das reicht, verschwinde«, befahl der Kommandant nach einer Weile mit einem besorgten Blick auf die Menge, die von hinten nachdrängte.
    Isacco rührte sich nicht. »Das ist alles meine Schuld«, sagte er dann leise zu Giuditta und schlug sich an die Brust. »Ich bin schuld, denn ich habe dich hierhergebracht.«
    »Ich habe gesagt, es reicht«, erklärte der Kommandant drohend.
    Als Lanzafame Isacco behutsam am Arm fasste, ließ dieser sich fortziehen, ohne jedoch den Blick von seiner Tochter abzuwenden.
    »Mercurio …«, sagte Giuditta schließlich tonlos.
    Isacco starrte sie an.
    »Sag es Mercurio«, flüsterte Giuditta.
    Dann packten die Wachen sie und schoben sie brutal auf die Stufen zu, die zu den Kerkern hinunterführten.
    »Gelobt sei unser Heiland Jesus Christus!«, schrie der Heilige an die Menge gewandt. »Es ward Gerechtigkeit!«
    »Es ward Gerechtigkeit!«, schrie ihm die Menge nach.

77
    N ein«, sagte Mercurio kaum hörbar.
    Isacco starrte ihn verständnislos an. Sein Gesicht war von Leid und Sorgen gezeichnet. Seine kräftigen Schultern hatten sich nach vorn gekrümmt, als wären sie unter einer unerträglichen Last zusammengebrochen. Seine Augen wirkten erloschen.
    »Nein?«, fragte Isacco.
    Mercurio schüttelte als Antwort den Kopf.
    Beide standen in dem Stall, der immer mehr einem Hospital ähnelte, und starrten einander bestürzt an.
    Die Huren bewegten sich langsam, mit gesenkten Köpfen durch den Raum. Niemand wagte ein Wort zu sagen.
    »Sie hat nur das gesagt …«, brachte Isacco mühsam heraus, »nur ›Sag es Mercurio‹ … sonst nichts …«
    Mercurio nickte und blieb weiter stumm. Was sollte das bedeuten?, fragte er sich. Warum wollte Giuditta, dass er von ihrer Verhaftung erfuhr? Sie hatte jetzt ein anderes Leben, aus dem sie ihn verbannt hatte. Warum also wollte sie nun auf einmal, dass er von ihrem Schicksal erfuhr?
    »Ich habe sie eingesperrt …«, jammerte Isacco. »Ich habe sie nach Venedig gebracht …«
    Mercurio starrte ihn an, als würde er ihn erst jetzt wirklich wahrnehmen. Wut stieg in ihm auf. Wut auf Giuditta, die ihn aus ihrem Leben ausgeschlossen hatte und ihn nun so grausam wieder dahin zurückholte. »Ich habe nicht die Kraft, Euch auch noch zu stützen, Doktor«, sagte er.
    Isacco ließ den Kopf hängen und fiel noch mehr in sich zusammen.
    »Oh verdammt!«, rief Mercurio wütend aus. »Reißt Euch zusammen, Doktor!«
    »Was ist hier los?«, fragte Hauptmann Lanzafame, der sich von hinten genähert hatte.
    »Ihr seid doch sein Freund, oder, Hauptmann?«, sagte Mercurio mit hochrotem Kopf. »Dann tröstet Ihr ihn doch! Dieser Mann hat mich die ganze Zeit nicht mal mit dem Allerwertesten angesehen, und jetzt will er, dass ich … dass ich ihn …«
    Lanzafame versetzte ihm einen Stoß. »Verschwinde. Er will überhaupt nichts von dir, du Schwachkopf.« Er nahm Isacco am Arm. »Komm, lass uns gehen.«
    »Wohin?«, fragte Isacco.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Lanzafame. »Lass uns ein bisschen frische Luft schnappen …«
    »Ja, verschwindet. Dieser ganze Mist interessiert mich sowieso nicht«, knurrte Mercurio finster. Doch er ballte die Hände zu Fäusten und presste die Zähne zusammen.
    Als Lanzafame ihn so sah, ließ er schlagartig Isaccos Arm los, stürzte sich auf Mercurio und stieß ihn gegen eine Wand. »Nun wein doch, Junge!«, brüllte er außer sich und schüttelte ihn kräftig. »Verdammt noch mal, wein doch endlich!« Er starrte ihn lange an, ehe er wieder von ihm abließ. Dann ging er wieder zu Isacco, hakte ihn unter und sagte leise zu ihm: »Und das gilt auch für dich, alter Trottel.«
    Isacco folgte ihm gehorsam zur Tür des Stalls.
    »Er hat recht«, sagte Scarabello plötzlich von seinem Lager aus.
    Mercurio wandte sich um. Sein Gesicht war zu einer schmerzvollen Grimasse verzerrt. Er stieß einen heiseren Laut aus, ein Knurren, das seine Kehle wieder freigab, und schüttelte heftig den Kopf. »Nein!«, schrie er laut.
    »Lass dich gehen …«, sagte Scarabello, dem man deutlich anhörte, wie sehr die Krankheit ihn bereits geschwächt hatte.
    Mercurio ballte die Hände noch

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