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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Haar klebten ihm am Kopf, sein Bart war verfilzt und voller Essensreste. »Satansvolk! Schändliche Sünder, verbreitet Euren Krebs nicht unter unseren Truppen!«, schrie er. Und als ihm kein schlimmeres Schimpfwort einfiel, brüllte er: »Juden!«
    Isacco drängte seine Tochter hinter das Pferd von Hauptmann Lanzafame.
    »Ketzer!«, schrie der Mönch und warf sich beinahe auf den Steg.
    Das Pferd des Hauptmanns wich nervös zur Seite aus.
    »Nur wenige Meilen von hier haben sie schon Unheil gebracht! Durch ihre Schuld ist ein junges Mädchen gestorben, ein unschuldiges Geschöpf Gottes!«, rief der Mönch an die Menge gewandt. »Sie sind mir einmal entkommen, aber heute wird mir Satan nicht wieder einen seiner Streiche spielen.«
    »Was willst du, Mönch?«, sprach ihn Hauptmann Lanzafame barsch an.
    Mercurio bemerkte, dass Zolfos Augen wieder wild aufblitzten, und verpasste ihm mit der flachen Hand einen Schlag auf den Hinterkopf.
    »Lass nicht zu, dass dieses Geschwür deine tapferen Soldaten befällt!«, rief der Mönch fanatisch.
    Hauptmann Lanzafame ließ seinen Blick über die Menge schweifen. Die Menschen waren unentschlossen, für wen sie Partei ergreifen sollten, zu sehr waren sie ihrem religiösen Aberglauben verhaftet. »Dieser Mann hat meine Leute geheilt«, sagte er so laut und bestimmt, dass alle ihn hören konnten. »Dank ihm können sie nun zu ihren Familien zurückkehren.«
    Für die Menge war sein letzter Satz von größter Bedeutung. Jubelnd bekundeten die Leute, dass sie auf der Seite des Hauptmanns waren, wenn auch nicht gerade auf der seines jüdischen Doktors.
    Der Mönch hatte an Rückhalt verloren. Aber die Kirche und vor allem das Leben hatten ihn auf steten Kampf vorbereitet. Er hatte kein Gespür für Sieg oder Niederlage wie irgendein Söldner, sondern fühlte wie jeder Fanatiker ständig den Reiz zu kämpfen. »Hast du etwa schon deine Gehilfen losgelassen, Satan?« Er sprang auf den Steg und versuchte, sich an Hauptmann Lanzafames Pferd vorbeizudrängen. »Dann stehe ich hier, bereit, mit dir zu kämpfen und nicht einen Schritt zu weichen!«
    Hauptmann Lanzafame zog sein Schwert aus der Scheide und ließ es grimmig durch die Luft wirbeln. Die Menge hielt den Atem an. Das Schwert flog durch die Luft und blieb vor dem Prediger im Steg stecken, nachdem es durch den schweren Stoff seiner Kutte gedrungen war und ihn so am Untergrund festgenagelt hatte. »Keinen Schritt weiter, du Unheilbringer! Du marterst meine Ohren mit deinem Gekreische! Dabei möchte ich im Moment nichts anderes hören als die Freudenrufe meiner Leute!«
    Die Menschen applaudierten belustigt und empört zugleich.
    »Der Letzte von euch nimmt mein Schwert mit, wenn es der Mönch bis dahin nicht gefressen hat!«, rief Hauptmann Lanzafame und gab seinem Pferd die Sporen. »Steig schnell auf das Schiff«, raunte er dabei Isacco zu.
    »Satansvolk!«, schrie der Mönch wieder.
    Nun lösten die Seeleute die Taue, mit denen die breiten, flachen Boote, deren niedrige Seiten schwarz glänzend gestrichen waren, an Land festgemacht waren, und stießen sich mit den langen Rudern vom Ankerplatz ab, um in die Mitte des Kanals zu gelangen.
    Da zog der Soldat, der Zolfo bewachte, einmal heftig an dem Seil, mit dem dieser gefesselt war, und die Knoten lösten sich, wie Hauptmann Lanzafame es versprochen hatte.
    »Hau ab, du Taugenichts«, knurrte der Soldat.
    Als Zolfo merkte, dass er frei war, tat er als erstes einen Schritt auf Isacco zu. »Satansvolk!«, schrie auch er. Und ehe jemand etwas unternehmen konnte, schwang er sich über die Reling, sprang an Land und lief davon.
    Benedetta warf Mercurio einen beredten Blick zu. Als sie sah, wie das Boot sich vom Liegeplatz entfernte, sprang sie ebenfalls aus dem Boot und folgte Zolfo.
    Mercurio stand wie angewurzelt da. Eigentlich hatte er keinen größeren Wunsch, als immer noch Giudittas Hand zu halten. Doch ihm wurde bewusst, dass das Boot bald zu weit vom Ufer entfernt wäre, um mit einem Sprung an Land zu gelangen.
    Benedetta stand nun zwischen den Leuten am Ufer. Sie hatte sich zum Boot gedreht und sah ihn auffordernd an.
    Mercurio beugte sich zu Giuditta hinüber. »Ich werde dich finden«, flüsterte er ihr zu.
    Hauptmann Lanzafame starrte ihn verärgert an.
    »Fahrt doch alle zur Hölle!«, rief Mercurio und stürzte sich ins Wasser.
    Die Menschenmenge am Ufer lachte und klatschte spöttisch Beifall.
    Mit wenigen Schwimmzügen erreichte Mercurio die Mole. Das Wasser war kalt und

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