Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)
aus dem Wirtshaus. Das Mädchen war von einer ordinären Schönheit.
»Guten Abend, General«, begrüßten die Wachen den alten Mann so ehrerbietig, wie sie es nie getan hätten, wenn er nur ein einfacher Gastwirt gewesen wäre. »Dieser arme Reisende hier ist stumm. Er braucht etwas zu essen und ein gutes Zimmer.«
Der Alte sah Shimon an. »Komm mit«, sagte er dann und wandte sich dem Wirtshaus zu. »Und ihr macht etwas zu essen für die Jungs!«, rief er den beiden Mägden zu, die sich um die Gefangenen gekümmert hatten.
Shimon starrte dem Mädchen nach, das dem General mit übertriebenem Hüftschwung folgte. Doch sie schien seinen Blick nicht zu bemerken.
Das Wirtshaus machte einen sauberen, wenn auch bescheidenen Eindruck. Einer der Knechte bedeutete Shimon, sich an einen Tisch zu setzen. Die beiden Wachen zu Pferde setzten sich zusammen mit den dreien aus dem Wagen gut gelaunt an einen anderen Tisch und machten sich über einen Krug Rotwein her. Im Handumdrehen brachten die beiden alten Mägde zwei große Platten mit Essen für die Wärter und einen Teller voll für Shimon. Frisches Brot, Brathähnchen, Würste und Essigzwiebelchen.
Shimon betrachtete zögernd die Würste.
Ich werde nie wieder ein Jude sein, sagte er sich.
Er nahm eine Scheibe Brot, klappte sie zusammen und legte eine Wurst dazwischen. Zum ersten Mal in seinem Leben kostete er Schweinefleisch.
Ich werde nie wieder ein Jude sein, wiederholte er stumm.
Und er fühlte sich stark.
Inzwischen kam das Mädchen die Treppe aus den oberen Stockwerken herunter, wohin sie mit dem sogenannten General verschwunden war, und setzte sich mit träger Sinnlichkeit an den Tisch der Wachen.
Shimon hatte noch nie ein so hübsches und aufreizendes Geschöpf gesehen. Oder vielleicht hatte er sich nur noch nie zugestanden, so etwas wahrzunehmen, verbesserte er sich. Das Mädchen übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn aus, und er beobachtete sie, während sie mit den Wachen lachte und trank, ohne dass sie es zu bemerken schien.
Erst lange Zeit später, als die Wachen sichtbar müde wurden und eindeutig genug getrunken hatten, stand das Mädchen auf, drehte sich um und sah ihn an.
Shimon zuckte zusammen.
»Folge mir«, sagte das Mädchen, als es an ihm vorbeikam, und verließ das Wirtshaus.
Eine der Wachen grinste anzüglich.
Shimon blieb zunächst wie erstarrt sitzen. Doch dann sprang er auf und verließ das Wirtshaus gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie das Mädchen um eine Ecke des Hauses bog, nun kaum mehr als ein wandelnder dunkler Schatten vor dem unwesentlich helleren Hintergrund der Nacht. Er eilte ihr hinterher, wie ein folgsamer Hund.
Als er aufblickte, sah er den General an einem Fenster im ersten Stock des Wirtshauses stehen. Shimon schauderte. Der Mann jagte ihm instinktiv Angst ein. Aber vielleicht hatte der General ihn auch gar nicht gesehen, dachte Shimon. Es war schließlich dunkle Nacht, und der General war ein alter Mann.
Shimon erreichte die Rückseite des Wirtshauses. Durch eine offen stehende kleine Tür sah er einen schwachen Lichtschimmer nach draußen fallen. Er näherte sich und befahl seinen Beinen, langsam zu gehen, obwohl er am liebsten gerannt wäre.
Das Mädchen stand mit dem Rücken zu ihm, doch kaum war Shimon keuchend in der Tür aufgetaucht, wandte sie sich um und trat ihm entgegen. Ihre Lippen umspielte ein unergründliches Lächeln, aber in ihren Augen lag ein Verlangen, an dem selbst Shimon in seiner Unerfahrenheit keine Zweifel hatte. Sie packte ihn am Arm und zog ihn hinein, dann schloss sie die Tür und ließ sich mit einer Drehung dagegenfallen.
»Ich muss mich jeden Abend mit dem alten Mann ins Bett legen«, sagte das Mädchen plötzlich. »Aber heute Abend ist der General mit den Wachen beschäftigt und wird nicht nach mir suchen.«
Shimon war wie betäubt von der aufreizenden Schönheit des Mädchens. Das Unterhemd aus Gaze, das sonst den Ausschnitt des Kleides verdeckte, hatte sich verschoben und enthüllte nun den Ansatz ihrer Brüste. Shimon starrte sie stumm an.
Das Mädchen ergriff die Initiative, ging zu ihm und nahm einen Pokal mit Wein. »Komm her«, sagte sie und kniete sich auf das Strohlager.
Shimon folgte ihr wie ein Fisch, der den Köder geschluckt hatte. Er setzte sich auf das Stroh. Ganz langsam näherte er sein Gesicht dem des Mädchens.
Er atmete den starken Geruch nach Fleisch und Rotwein ein, der aus ihrem Mund kam. Zugleich hielten ihn ihre dunklen,
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