Das Mädchen, das nicht weinen durfte
mit einem Joint vorm Schlafengehen endete. Und ihn nervte, dass sie mich bei ihm anrief: »Hallo! Ist die Khadra bei dir?« Schon zog er eine Flappe und reichte den Hörer weiter, sodass ich meine Freude unterdrücken musste.
»Hi, wann treffen wir uns heute?« - »Tina, ich bin doch bei Moritz.« - »Mann, da bist du doch schon die ganze Zeit! Jetzt komm mal raus aus der Bude. Lass uns tanzen gehen! Ich nehme jetzt den Bus und bin in einer halben Stunde da.« Und schon hatte sie aufgelegt. Obwohl Moritz jedes Mal eingeschnappt war, wenn ich mich mit Tina traf, ließ ich es mir nicht nehmen, und ich habe es nie bereut. Im Gegenteil! Wir hatten so einen unglaublichen Spaß miteinander, erlebten jedes Mal etwas Neues und lernten alle möglichen Leute kennen. Mich störte es nicht, dass Moritz nie etwas mit mir unternehmen wollte, aber je mehr ich mit Tina unterwegs war, desto mehr merkte ich, dass ich das Leben draußen verpasste, während ich mit Moritz in der Wohnung saß.
Natürlich bekam Tina auch meine Unzufriedenheit mit und die Streitigkeiten mit Moritz, die sich häuften. Nach meiner Kellnerschicht
holte sie mich von der Arbeit ab und wir fuhren in die Stadt oder ins Kino und gaben das ganze Geld wieder aus, das ich verdient hatte. Wir teilten uns immer alles, was wir besaßen; Geld, Klamotten, Schminkutensilien, Leid, Freude, Glück. Sie bestärkte mich immer mehr darin, die Beziehung zu Moritz zu beenden.
Als wir einmal mit Tina und ein paar anderen Freunden beim Mexikaner saßen, der direkt in dem Haus war, in dem Moritz wohnte, kam der Kellner an den Tisch, als wir zahlen wollten. Beiläufig sprach er Moritz an.
»Hi, du bist doch auch öfter mit der Daniela hier, oder?« Alle blickten Moritz an.
»Welche Daniela?«, antwortete er und tat betont verwundert. »Na, die Daniela! Auch’ne Schwarze, groß, hübsch, dunkle lange Haare, mit der warst du doch gestern noch hier.« Keiner am Tisch sagte etwas, und ich verzog mich auf die Toilette, aber er kam hinterher.
»Tu mir bitte einen großen Gefallen und VERSCHWINDE!« »Schatz, bitte! Es ist eine Arbeitskollegin, wir waren hier in der Mittagspause etwas essen.« Ich kochte vor Wut, denn ich wusste, dass dieses Lokal erst ab 18 Uhr geöffnet hatte. Er log mich schon wieder an! Als ich wieder an den Tisch kam, schauten Tina und die anderen mich nur peinlich berührt an. Jeder vermutete, dass er mich betrogen hatte, nur ich wollte es immer noch nicht wahrhaben.
In der Beziehung mit Moritz war der Wurm drin, aber sie lief irgendwie weiter, obwohl ich immer mehr Zeit mit Tina verbrachte. Am Ende lief das Ganze so, dass ich tagelang nichts von ihm hörte, und zu Hause war er auch nicht aufzufinden. Plötzlich stand er dann vor mir, bestens gelaunt und von oben bis unten neu eingekleidet in den teuersten Klamotten. Ich fragte mich, woher er das Geld dafür hatte, denn auch aus seinem letzten Job hatten sie ihn nach nur einem Monat wieder rausgeschmissen.
»Tarek und ich waren in Holland!«, erzählte er mir.
»Und was habt ihr dort gemacht?«
»Ein bisschen Urlaub.« In den folgenden Tagen fuhr er überall mit dem Taxi hin und drückte Tarek regelmäßig große Geldscheine in die Hand, wenn der ihn danach fragte. All das kam mir sehr merkwürdig vor, aber er wollte mir nichts erklären, sondern wand sich immer mit irgendwelchen Ausreden heraus. Irgendwann klingelte mitten in der Nacht das Telefon, es war Tarek.
»Ist Moritz bei dir?«
»Nein, wieso?«
»Dieses Arschloch hat mich reingelegt! Ich sage dir, Khadra, dein Freund ist so ein verdammter Lügner! Glaub ihm kein Wort!« Dann klärte er mich auf. In Holland hatten sie ein Kilo Hasch gekauft und für zigtausend Mark vertickert, aber Moritz hatte ihm nicht den vollen Anteil gegeben. »Khadra, der war im Puff und hat auf dicke Hose gemacht, 1400 Mark hat der da gelassen, das volle Programm mit Schampus, Whirlpool, Nutten und so.« Es war, als würde das Bild, das ich immer noch von uns hatte, langsam vor meinen Augen zerbröseln. »Khadra, es tut mir leid.« Dann legte ich auf.
Ich wollte Moritz’ Stimme hören, die mir sagte, dass es nicht wahr war, aber er war nicht zu erreichen und ich weinte die ganze Nacht. Am nächsten Morgen wollte ich ihn nur noch zur Rede stellen und er sollte mir dabei in die Augen sehen, also fuhr ich zu seiner Wohnung und traf ihn auf der Straße an der Bushaltestelle. Er wusste schon, dass ich etwas erfahren hatte, das sah ich ihm an.
»Tarek erzählt nur
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