Das Mädchen, das nicht weinen durfte
kam, knallte mir eine Rauchwolke ins Gesicht. Seine Freunde waren auch wieder da und es standen mehrere Wasserpfeifen auf dem Tisch. Einmal nahm Moritz gerade sein Gesicht aus einem blauen Eimer und lehnte sich total fertig auf der Couch zurück. Seine Augen waren ganz rot, so zugedröhnt hatte ich ihn noch nie gesehen. Wir begannen uns immer öfter wegen der Drogen zu streiten. In meiner Naivität dachte ich, dass ich ihn mit meiner Liebe und ganz viel Geduld davon abbringen könnte, und er versprach mir auch fest, damit aufzuhören.
Während ich mit Moritz zusammen war, hatte er hier und da mal kleine Jobs, die er aber immer schon nach kurzer Zeit aus irgendwelchen Gründen wieder verlor, deshalb war er oft pleite. Aber wir unternahmen ohnehin selten etwas und waren die meiste Zeit bei ihm. Oft ging ich für ihn einkaufen, weil er nichts im Kühlschrank hatte, oder ich gab ihm Geld, damit er sich etwas kaufen konnte. Auch seine Mutter unterstützte ihn finanziell und bezahlte ihm seine Wohnung. An seinem Geburtstag wollte ich Moritz eine große Freude machen, denn er wünschte sich schon lange eine Jeans, für die ihm aber die 150 Mark fehlten. Sobald ich das Geld zusammenhatte, gab ich es ihm, damit er sich die Hose kaufen konnte, und zu seinem Geburtstag zog er sie an, und sie stand ihm wirklich gut. Ich wollte ihm einen Kuss geben, legte ihm meine Arme um den Hals und streckte mich zu ihm hoch, als ich plötzlich einen beißenden Geruch wahrnahm. Moritz blickte
mich erschrocken an und sagte nichts. Ich umarmte ihn immer noch, da hörte ich etwas in seiner Hosentasche knistern.
»Was ist das?«, fragte ich ihn. »Was ist was?« Er stellte sich dumm. »Was ist in deiner Hosentasche?«, bohrte ich weiter. »Nichts! Was soll denn da sein?« Ich griff in seine Tasche und hielt ein Plastiktütchen voll Marihuana in der Hand. Ich konnte es nicht fassen! Er hatte mich die ganze Zeit über angelogen und ich war tief verletzt. Wie sich herausstellte, hatte seine neue Jeans, mein Geschenk, nur 90 Mark gekostet, vom Rest hatte er die Drogen gekauft. Von da an ertappte ich ihn immer öfter dabei, wie er mich anlog, aber ich liebte ihn und sah einfach darüber hinweg.
Der Job in der Disco, bei dem ich freitags das meiste Geld verdiente, schlauchte mich. An meiner Theke waren links und rechts zwei Meter hohe Boxen angebracht, die so laut waren, dass die Gäste mir ins Ohr brüllen mussten, um Getränke zu bestellen. Anfangs wurde in der Disco noch Soul und R&B-Musik aufgelegt, die ich selbst gern mochte, und so verging die Zeit wie im Flug. Aber mit dieser Musik lockte man kaum Gäste an, sodass mein Chef kurz darauf einen Techno-Schuppen aus dem Club machte. Und siehe da - plötzlich lief der Laden, die Gäste kamen auf einmal von überall her, bei meinem Chef klingelte die Kasse, und in meinen Ohren der Tinnitus von der »Bum-Bum-Bum«-Mucke. Ich kam aus dem Laden erst raus, wenn es draußen schon hell war, und legte mich völlig fertig zu Moritz ins Bett.
Eines Morgens, ein paar Stunden nachdem ich von der Disco-Schicht gekommen war, sprang er plötzlich aus dem Bett. Ich wurde wach und sah, wie er sich seine Klamotten anzog.
»Schatz, ich brauch Geld«, sagte er. Schlaftrunken zeigte ich auf meine Handtasche: »Da, nimm dir was raus.« Ich hatte in der letzten Nacht nur 90 Mark verdient, weil ich später als sonst mit meiner Schicht angefangen hatte. Als ich ein paar Stunden danach erneut aufwachte, war Moritz noch nicht wieder da und ich hatte keine Ahnung, wo er war. Ich machte mich fertig, um zu mir
nach Hause zu fahren, und checkte, wie viel Geld er mir gelassen hatte, weil ich einige Lebensmittel einkaufen wollte. Aber er hatte sich alles genommen, kein Pfennig war mehr in meinem Portemonnaie, ich hatte die ganze Nacht völlig umsonst gearbeitet! Ich war total enttäuscht, aber sprach ihn nicht mal mehr darauf an.
Tina mochte Moritz nicht, schon vom ersten Augenblick an nicht. »Wie kann so ein hübsches Mädchen mit so einem hässlichen Kerl zusammen sein?«, fragte sie, sobald er weg war. So war Tina, sie trug das Herz auf der Zunge und sagte genau das, was ihr gerade durch den Kopf ging. Mich störte es zwar schon ein bisschen, dass meine beste Freundin meinen Freund nicht mochte, aber schließlich musste sie ja nicht mit ihm zusammen sein. Einige Male versuchte ich noch, die beiden miteinander warm werden zu lassen, aber da war nichts zu machen, zumal auch Tina seine Kifferei auf die Nerven ging, die erst
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