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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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um seine Notdurft zu verrichten. Als er sich die Hände wäscht, vermeidet er es, in den Spiegel zu sehen.
    Als er zurück ins Wohnzimmer kommt, erwartet ihn eine Überraschung. Mendy sitzt auf der Couch, eine Tasse Tee vor sich auf dem Tisch. Ihre Hände fahren kokett durch die Haare, als wäre sie gerade dabei, sich für einen Spaziergang hübsch zu machen.
    »Nanu, ich dachte, du wolltest flüchten. Die Tür istdoch offen.«
    Mendy hängt sich die Handtasche um, die neben ihr auf der Couch liegt, als wolle sie aufstehen und gehen. Aber dann schlägt sie die Beine übereinander und spielt mit der Tasche, die sie mal öffnet und dann wieder schließt. »Onkel Hong, du bist doch ein Gentleman. Ich erwarte ein neues, anständiges Arbeitsangebot von dir«, sagt sie und schaut ihn von unten her an.
    »Ein Gentleman durch und durch, du freches Perlhuhn«, beteuert der Mann. Vorsichtig nähert er sich, als ob die junge Frau wegflattern könnte. Erst als er dicht neben ihr steht, packt er sie im Nacken, schiebt ihr den anderen Arm unter die Knie und hebt sie mit einem Ruck hoch. »Du willst mit Kraft zur Frau gemacht werden? Nichts leichter als das.« Wie ein Raubtier trägt er seine Beute in Richtung Schlafzimmer.
    Mendy zappelt, schlägt aber nicht kräftig zu. »Versteh mich nicht falsch. Ich erledige jede anständige Arbeit für dich, wenn du meiner Familie hilfst.«
    Der Goldene Drache setzt die Frau abrupt auf den Boden und gibt ihr eine Ohrfeige. Ihr Kopf fliegt zur Seite, die Tränen schießen ihr ins Gesicht, während ihr Körper sich wie ein Kreisel dreht und ihre Hände die Tasche umklammern. »Ich habe dir den Schlüssel zu meiner Herzenskammer gegeben«, sagt der Mann zitternd. »Was willst du noch mehr?!« Da Mendy gerade mit dem Rücken zu ihm steht, bietet es sich an, ihr die Finger zwischen die Beine zu schieben.
    Die Frau krümmt sich und fängt an zu schluchzen. Als sie sich zu ihm umdreht, hat sie die Dose mit Pfefferspray in der Hand, die Düse auf sein Gesicht gerichtet. Im nächsten Augenblick ist die Luft von dem ätzenden, scharfen Chiligeruch und von männlichem Gebrüll erfüllt. Mendy kriegt einen heftigen Stoß auf den Arm ab, sodass die Spraydose ihr aus der Hand fliegt, ehe sie noch einmal auf den Knopf drücken kann.
    »Jetzt wirst du mich kennenlernen!« Ohne sich um seine brennenden, halb geschlossenen Augen zu kümmern, nimmt der Mann sie wie einen Sack Reis in der Mitte und wirft sie sich über die Schulter. Mit ihren vergeblich strampelnden Beinen stößt er die Türen auf. Nachdem er seine Beute aufs Bett geworfen hat, wartet er einen Moment, um zu sehen, ob sie bereit ist, sich seinem Willen zu fügen. Als Mendy aufschnellt und in seine Hand beißt, verpasst er ihr einen harten Schlag an den Kopf.
    Danach muss er seinen Sieg allein genießen, denn die Frau fällt in völlige Schockstarre und bewegt sich nur noch mechanisch. Als er ihr den Schlüpfer vom Leib wegzerrt und ihren zarten Körper mit dem dicht gekräuselten schwarzen Schamhaar betrachtet, spürt er eine unbändige Lust, ihr die Nase zwischen die Beine zu stecken. Er sucht einen Duft, an den er sich aus seiner Jugend erinnert: den Geruch des Surenbaums und seiner Blätter. Was er findet, ist anders und macht ihn noch hungriger …
    An diesem Abend ist auch Peipei unterwegs. Seit Tagen wird sie das Gefühl nicht los, dass man sie verfolgt und beobachtet. Dreht sie sich auf der Straße um, kann sie jedoch niemanden sehen. Einmal glaubt sie im Einkaufszentrum in der Wilmersdorfer Straße Koch Lin zu erkennen, der in gewissem Abstand hinter ihr herläuft. Aber sie kann sich nicht vorstellen, dass er sie verfolgt. Es muss ein Zufall sein. Und der Koch, mit einer Stofftasche in der Hand, ist denn auch bald in einem Laden verschwunden und lässt sich an dem Tag nicht mehr blicken.
    Doch irgendwie schmeckt Peipei das Leben nicht mehr so wie früher. Ist sie allein zu Hause, häufen sich unerklärliche Vorfälle, sodass sie kaum noch ruhig schläft. Neulich hat jemand lange bei ihr geklingelt, obwohl sie niemanden erwartete. Als sie schließlich zur Tür ging und fragte, wer da sei, kam keine Antwort. Es ist, als hätte derjenige, der so dringend zu ihr wollte, sich plötzlich in Luft aufgelöst. Das Schlimmste sind die anonymen Anrufe, manchmal auch tief in der Nacht. Wenn sie »Hallo« in den Hörer ruft, ist nur der Atem des Anrufers deutlich zu hören.
    Morgen erhält sie eine neue, geheime Telefonnummer. Aber was macht sie

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