Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman
geöffneten Lippen sind wie ein drittes Auge voller Sehnsucht auf ihn gerichtet. Sie streckt ihm die Hände entgegen, umarmt seinen Hals und zieht ihn wie eine Schlingpflanze zu sich. Bevor sie ihn mit den Lippen berührt, befeuchtet sie ihren Mund mit der Zunge. Dennoch tut ihr jede Bewegung der Lippen weh. So berührt sie ihn nur ganz vorsichtig, als sie ihm einen Kuss schenkt. Doch es genügt, um den zurückhaltenden, schüchternden Mann in einen Vulkan zu verwandeln. Er umarmt sie und schlingt sich um sie, bis sie fast gänzlich unter seinem Körper verschwindet. Als er ihr vor Schmerzen verzerrtes Gesicht sieht, weicht er zurück, aber sie drängt sich in seine Arme und lässt ihn nicht mehr los.
Er nimmt allen Mut zusammen und streichelt ganz zart ihren Bauch. Das tut ihr aber nicht gut. Sie zuckt unter seiner Berührung zusammen, als hätte sie einen Stromschlag erhalten. Verlegen zieht er die Hand zurück, doch sie ergreift sie und zieht sie zu sich heran. Er unternimmt einen Versuch, in sie einzudringen, aber kaum presst er sich halbwegs in ihre Tür, verschwinden ihr Lächeln und ihre Lust, und ihr Gesichtverzieht sich vor Schmerzen zu einer Grimasse. Beunruhigt und etwas ratlos will er sich wieder zurückziehen. Aber sie lässt es nicht zu. Ihre Scheide brennt fürchterlich seit gestern Nacht. Aber das ist ihr egal. Umso mehr will sie jetzt Tubai haben, um den Brand in ihrem Unterleib samt der bitteren Erinnerung durch neue Schmerzen zu löschen. Sie hat sich lange aufgespart für eine große Liebe, für den Mann, der perfekt zu ihr passt. Und was hat sie vom Leben erhalten? Eine grausame Vergewaltigung!
Die ganze Zeit, als sie im Bett des Goldenen Drachen festgehalten wurde, hat sie an Tubai gedacht. Nun will sie ihn von Herzen und mit jeder Faser ihres Körpers lieben. Sie hält ihn mit Armen und Beinen in sich fest und spricht sanft zu ihm. »Ganz langsam. So, wie du deine Kampfkunst übst.«
Das Klingeln des Telefons reißt die Vereinten aus ihrem tiefen Schlaf. Mendy rührt sich, bleibt aber liegen. Tubai, der am äußeren Rand der schmalen Matratze liegt, fällt zu Boden, kriecht aber gleich wieder ins Bett zurück. Er greift nach seiner Armbanduhr und hält sie sich dicht vor die Augen. Es ist kurz nach elf. Ihm fällt ein, dass er bei Yeye zum Dienst muss.
Der Anrufbeantworter springt an, und tatsächlich ertönt Yeyes Stimme. »Hallo, Tubai, hast du verschlafen? Komm sofort rüber. Und Mendy, melde dich sofort, wenn du wieder da bist. Wir haben noch viel zu tun.« Der Ton ist gebieterisch, und die Verärgerung ist zu spüren.
Tubai will aus dem Bett hochschnellen, aber Mendyhält ihn zurück. An Schlaf ist allerdings nicht mehr zu denken. So beginnt Tubai die Frau im schwachen Licht zu betrachten, das durch den Vorhang hereindringt. Mendys Züge sind etwas entspannter, die Schmerzen scheinen nicht mehr so schlimm zu sein. Immer noch hält sie die Augen geschlossen, als wolle sie mit ihrem Willen den Tag in die Nacht verwandeln. Ermattet und kraftlos liegt sie da. Aber wunderschön. Wie eine Seerose im Wasser. Voller Ruhe und Anmut. Nur an ihrem von Tränen verklebten Haar scheinen noch Schmerzen zu haften.
Tubai schämt sich. Er hat sie nicht beschützt, als sie in Gefahr war. Ein Glassplitter ist er. Wertlos, nutzlos, leichtgläubig und durchsichtig. Mendy ist so viel stärker. Tubai steht auf, holt aus dem Bad eine hölzerne Bürste, richtet Mendy vorsichtig auf und kämmt ihr behutsam das Haar glatt.
Mendy fragt, ob er ihr etwas zu sagen hat. Er bricht den Damm des Schweigens und erzählt ihr von dem bedrückenden Abendessen. »Yeye hat schreckliche Angst. Sie fürchtet sich vor Erpressung und Einbrechern. Sie will, dass ich die ganze Zeit Wache halte.«
»Ich bin froh, dass du meine Familie beschützt«, sagt Mendy mit leiser Stimme.
»Dich würde ich lieber beschützen«, sagt er. »Was ist gestern Abend passiert? Bei wem bist du gewesen?«
»Das geht dich nichts an«, sagt sie und dreht sich von ihm weg. »Das ist allein meine Sache.« Im nächsten Moment presst sie sich die Hand vor den Mund und fängt erneut an zu weinen.
Aber Tubai kann jetzt nicht aufhören. »Yeye hat vonreichen und einflussreichen Männern gesprochen …«, sagt er. »Mir kam es so vor, als wollte sie dich verheiraten …«
Mendy schüttelt den Kopf. »Nein, ich werde nicht heiraten. Aber ich bin auch nicht mehr frei. Ich muss eine Stelle antreten, um das Geld für die Kaution zu verdienen, die wir
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