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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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blutigen Lippen zusammen und denkt daran, wie es gewesen ist: Mitten in der Nacht, als ihr Schluchzen ihn weckte, hatte Boss Hong sie mit den Worten entlassen: »Nun haben wir uns ja endlich zusammengerauft. Ich erwarte dich in drei Tagen wieder zum gleichen Zeitpunkt wie heute. Kommst du mit Fröhlichkeit und Freude zu mir, werde ich mich um eure Familienangelegenheiten kümmern. Kommst du nicht, wissen wir beide, was das zu bedeuten hat, nicht wahr?«
    Diese Worte brennen ihr immer noch in den Ohren. Das war der Gipfel ihrer Demütigung. Wenn sie nur daran denkt, tun ihr die zerbissenen Arme und Beine, die Brüste, der Mund, der Hals und die Scheide weh. Nein, das möchte sie niemandem erzählen, schon gar nicht der Stiefmutter, die sie in die Drachenhöhle geschickt hat.
    Doch das, was Mendy über den Goldenen Drachen gesagt hat, genügt, um Yeye in Aufruhr zu versetzen. »Was? Der Kerl hat dich vergewaltigt und will uns dennoch kein Geld leihen? Hast du ihn gebissen oder zwischen die Beine getreten, oder was?«
    Aber Mendy will kein Wort mehr sagen. »Stiefmutter Yeye«, sagt sie mit ernster Stimme. »Wir müssen die Häuser verkaufen, um schnell ans Geld für die Kaution zu kommen. Natürlich müssen wir den Preis niedrig ansetzen.«
    »Du hast leicht reden, du Küken«, erwidert Yeye. »Die Häuser gehören zwar uns, aber dein Vater hat sie mit Hypotheken belastet. Der Verkauf kann Monate dauern. Bis das Geld für die Kaution da ist, ist von deinem Vater nur noch ein Gerippe geblieben. Willst du das?«
    »Rede nicht in diesem Ton mit mir«, sagt Mendy. »Ich bin kein Kind mehr. Entweder wir verkaufen die Häuser, oder du kümmerst dich allein darum, wie dein Mann aus dem Gefängnis kommt.«
    Wie angestochen springt Yeye auf und schlägt mit den Armen um sich. Wie Mendy auf eine solche Idee käme? Die Familie habe sie immer ernährt und ihr ein Zuhause gegeben. Ohne die Familie hätte sie auch nicht studieren können. »Ohne uns hätten dich längst die wilden Hunde gefressen. Also stell dich bloß nicht so an, du Prinzessin!«
    Mendy hat Yeyes feindselige und vulgäre Art langsam satt, und jetzt merkt sie, dass sie diese Frau schon seit Langem verabscheut. »Geh jetzt. Ich brauche Ruhe«, zischt sie. »Noch etwas. Du wirst Tubai jeden Tag tagsüber sechs Stunden Freizeit geben, wenn er dich nachts bewachen muss. Denk daran, ich habe ihn hergeholt, ich kann ihn auch wieder aus deiner Sklaverei befreien.«
    Am liebsten hätte Yeye sich auf die Stieftochter gestürzt und sie durchgeprügelt, um ihr Respekt beizubringen. Das Mädchen soll ihr gefälligst gehorchen! Aber als die Stiefmutter einen Schritt auf das Bett zumacht, zieht Mendy eine spitze Nagelschere unter ihrer Matratze hervor.
    »Komm mir nicht zu nah. Sonst steche ich mir in den Hals.« Sie dreht sich zur Wand und wendet Yeye den Rücken zu. Die Schere verschwindet mit ihrer Hand unter der Decke.
    Wie angewurzelt bleibt Yeye vor dem Bett stehen und starrt Löcher in den Hinterkopf ihrer Stieftochter. Aber sie wäre nicht Yeye, wenn sie nicht schnell in eine andere Rolle schlüpfen könnte. »Meine Sorge um deinen Vater macht mich verrückt«, jammert sie. »Wir können ihn doch nicht im Kerker eingehen lassen! Die Leute werden mit Fingern auf uns zeigen. Das könnte ich nicht ertragen. Vielleicht kann ich ja doch eins der Häuser …«
    Mendy will sich gerade wieder umdrehen, da klingelt das Telefon, und noch ehe Mendy danach greifen kann, hat Yeye den Hörer schon in der Hand. Das muss der Goldene Drache sein, denkt sie.
    Aber kaum hat sie ein sinnliches »Hallo!« in die Muschel gehaucht, gefriert das Lächeln auf ihrem Gesicht.
    »Es ist deine Eisenschwester Yulin«, sagt sie erschrocken. »Sie sagt, Peipei ist tot!«
    Für zwei Tage verdrängt der Tod Peipeis alles andere. Weil Peipei keine Verwandten in Deutschland hat, müssen sich Yulin und Mendy um ihre Hinterlassenschaft kümmern. Damit haben sie plötzlich viel zutun. Telefonate nach China mit Peipeis Eltern, von denen nicht sicher ist, ob sie ein Visum bekommen und wovon sie den Flug bezahlen sollen. Peipeis Vereinsmitglieder informieren, Kleidung für die Tote besorgen, die Wohnung kündigen und das Telefon abmelden …
    Als sie am Montag gerade dabei ist, die Anzeige zum Verkauf der Häuser vorzubereiten, platzt Yeye aufgeregt in ihre Wohnung herein. Mendy zuckt innerlich zusammen. So, wie die Stiefmutter aussieht, muss wieder ein Unheil die Familie heimgesucht haben. Sie führt Yeye in

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