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Das Maedchen mit dem Flammenherz

Das Maedchen mit dem Flammenherz

Titel: Das Maedchen mit dem Flammenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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eines vorbeifahrenden Luftschiffs erfassten kurz die 5th Avenue, das dumpfe Summen der Motoren übertönte das geschäftige Treiben der Stadt. Sie hatte gehört, dass die Luftschiffe gewöhnlich nicht über Elendsviertel flogen, um den Passagieren den unschönen Anblick zu ersparen. Nur sehr reiche Menschen konnten sich eine Fahrkarte leisten. Die anderen mussten den Zug oder ein Schiff nehmen.
    Das Luftschiff fuhr nach Norden zur Landestelle im Central Park. Finleys Kutsche dagegen bewegte sich nach Süden und schließlich nach Westen und entfernte sich nach und nach von dem großartigen Hotel und der Gegend, wo Griffin die Party be suchen würde. Allerdings nicht sehr weit. Heute Abend wollte sie nicht in die Slums.
    Dalton war klug und hatte sich am Rand von Five Points eingerichtet. So störte er nicht die Geschäfte der Einheimischen und vermied es zugleich, zum Opfer von Diebstählen zu werden. Die Banden reagierten nicht sehr freundlich auf Fremde, und wenn Dalton genau wie Jasper aus San Francisco stammte, dann hatte er noch keine Zeit gehabt, sich in der Stadt ganz und gar zu etablieren. Wenn man sah, wie er sich kleidete und ausdrückte, hielt er sich offenbar für etwas Besseres als die Straßenbanden. Vielleicht konnte sie das zu ihrem eigenen Vorteil nutzen.
    Er wohnte in einem einigermaßen geräumigen, leicht heruntergekommenen Stadthaus mit frisch gefegtem Gehweg und einem Türklopfer aus Messing auf der verwitterten Tür. Möglicherweise hatte in diesem Haus einmal ein Kaufmann aus der Mittelschicht mit Frau und Kindern gelebt. Eine Räuberhöhle war es ganz sicher nicht gewesen. In den winzigen Beeten links und rechts neben dem Weg wuchsen sogar Blumen.
    »Sind Sie sicher, dass dies der richtige Ort ist, Miss? Das ist keine Gegend, in die sich ein hübsches kleines Ding wie Sie allein wagen sollte.«
    Finley lächelte freundlich, während sie ein paar Münzen aus der Börse fischte, die sie unter dem Saum des Korsetts verborgen hatte. Wenn er wüsste, welchen Schaden sie anrichten konnte, würde er sie nicht so einfach als hübsches kleines Ding bezeichnen. Trotzdem, sie freute sich, dass er sie für hübsch hielt.
    »Schon gut«, sagte sie. »Ich treffe mich hier mit Freunden.«
    Das konnte er anscheinend nicht ganz glauben, bohrte aber nicht weiter nach, als sie ihm das Fahrgeld und ein großzügiges Trinkgeld in die Hand drückte. »Dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht, Miss.«
    Sie erwiderte den Gruß und ging über den Weg zur Vordertür. Dabei hoffte sie, der Kutscher werde nicht abwarten, bis sie drinnen war. Schließlich war er ja nicht ihr Vater oder Aufpasser.
    Zu ihrer Erleichterung fuhr die Kutsche ab, als die Vordertür geöffnet wurde. Der Hüne starrte auf sie herab. »Sie kommen zu spät.«
    Sie funkelte ihn an. »Und?«
    Darauf fiel ihm keine Antwort ein. Offensichtlich war er nicht daran gewöhnt, dass man ihm widersprach. »Mister Dalton wartet schon. Folgen Sie mir.«
    Als Finley über die Schwelle trat, hatte sie das Gefühl, in eine andere Welt hinüberzuwechseln. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Jasper würde sich entweder als Feind oder als Freund erweisen, und sie würde entweder überleben oder nicht. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Dalton ihr nach dem Leben trachten würde, wenn er herausfand, dass sie ihn angelogen hatte. Verbrecher waren eben so. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Verstärkung rechtzeitig eintraf, falls es zum Schlimmsten kam.
    Das Haus war gemütlich und sauber und ähnelte dem, in dem ihre Mutter und ihr Stiefvater lebten. Sie war im Duft von Zitronen und Möbelpolitur aufgewachsen, unterlegt mit dem leicht scharfen Geruch von Essig. Die Gerüche weckten ihr Heimweh, während sie dem einsilbigen Riesen durch den Flur zu einer Tür folgte. Er klopfte und öffnete, um sie in einen kleinen grünen Salon eintreten zu lassen.
    Jasper saß auf dem Sofa. Als sie hereinkam, schaute er auf. Seine Miene verriet keinerlei Erkennen, doch sie glaubte, einen kleinen Funken in den grünen Augen zu entdecken. Auch das Mädchen war da und beobachtete sie, wie eine Maus einen Falken beobachten mochte – oder vielleicht war es auch andersherum. Finley kniff die Augen zusammen.
    Warum wurden hübsche Mädchen immer so besitzergreifend, wenn ein anderes Mädchen den Raum betrat? Finley war doch keine Konkurrentin und würde ihr auch ganz bestimmt nicht das hässliche Halsband wegnehmen, das sie trug.
    Dalton war an der Hausbar und mixte sich einen Drink. Er drehte

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