Das Maedchen mit dem Flammenherz
verhauen«, informierte sie ihn und sah ihm tief in die Augen. »Aber nicht dich. Das musst du wissen. Ich habe es nur getan, weil ich dachte, es musste sein.«
Er glaubte ihr. »Hat es dir denn gefallen? Die Pläne zu stehlen, meine ich.«
Jetzt zog sie die Hand zurück und ließ sie sinken. Die Schmerzen im Kinn verdreifachten sich.
»Ja«, gab sie flüsternd zu. »Ich wollte es nicht, aber es war so.«
Griffins Magen verkrampfte sich, als sie so ehrlich antwortete. Wie sollte er nun mit dieser Offenheit umgehen? Er wusste es zu schätzen, dass sie ihm die Wahrheit sagte, aber was sollte er damit anfangen?
»Was hat dir denn daran besonders gefallen?«
»Die Aufregung und die Gefahr.« Ihre Augen strahlten, die Wangen glühten. »Es war wie da draußen auf dem Bug des Luftschiffs oder als wir gegen den Maschinisten gekämpft haben. Ich wusste, dass etwas passieren konnte, aber zum Glück ging ja alles gut.«
»Adrenalin«, klärte er sie auf. »Eine völlig normale Reaktion.«
»Glaubst du wirklich?«
Sie sah ihn so hoffnungsvoll an, dass er kaum antworten konnte. Griffin rang sich ein Lächeln ab. »Natürlich. Ich habe mich selbst nicht anders gefühlt.« Das entsprach der Wahrheit, allerdings fühlte er sich nicht so, wenn er ein Verbrechen beging. Andererseits hatte er noch nie eines begangen und wusste nicht, ob es wirklich das Gleiche war. Vielleicht mochte Finley es einfach, böse zu sein.
Die Erleichterung war ihr überdeutlich anzusehen, und als sie die Arme um ihn schlang, erwiderte er die Umarmung.
»Danke«, murmelte sie an ihn geschmiegt. »Danke, dass du mein Freund bist.«
Griffin hatte einen Kloß in der Kehle und schluckte schwer. »Ich werde immer dein Freund sein.« Das war ehrlich gemeint, und genau das machte es so schwer. Er würde alles für sie tun, aber wenn Finley ihrer dunklen Seite verfiel, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als sie aufzuhalten. Selbst wenn dies bedeutete, dass er sie ganz und gar verlieren würde.
ACHT
J asper war nicht überrascht, als Finley am nächsten Morgen um fünf Minuten vor elf in Daltons Haus auftauchte. Was ihn wunderte, war die Tatsache, dass sie schäbiges Gepäck mitbrachte und Staub an den Stiefeln hatte. In diesem Viertel konnte man sich natürlich leicht die Schuhe beschmutzen, und es wurde umso einfacher, je weiter man nach Five Points hineinkam, wo die automatischen Straßenkehrer von Dieben zerlegt wurden, die an die Bauteile herankommen wollten. Der Duke of Greythorne war jedoch ein Mann, der seinen Reichtum mit seinen Freunden teilte.
Also stand zu vermuten, dass Griffin und Finley klugerweise die abgenutzten Sachen ausgewählt hatten, um zu belegen, dass Finley tatsächlich ein Mädchen war, das sich als Gesetzlose ein wenig dazuverdienen wollte.
Genauso sah sie auch aus, als sie in einer knielangen grauen Hose, den Stiefeln mit den dicken Sohlen und einem Lederkorsett über einem Leinenhemd im Raum stand.
Es berührte ihn sehr, wie viel Mühe sich die anderen gaben, ihm aus der Patsche zu helfen. Schuldgefühle hatte er auch. Finley sollte sich nicht so in Gefahr begeben.
»Darf ich Ihnen helfen, Miss?«, empfing er sie und ging auf sie zu. Ihm war völlig klar, dass sie mühelos beide Taschen tragen konnte, aber vielleicht bekam er Gelegenheit, mit ihr zu reden, wenn er sie zu ihrem Zimmer führte.
Misstrauisch beäugte sie ihn. Entweder war sie eine gute Schauspielerin, oder sie traute ihm nicht weiter, als sie einen Büffel werfen konnte. »Na gut.« Sie überließ ihm das leichtere der beiden Stücke. »Sie sollen sich ja nicht übernehmen«, fügte sie schnippisch hinzu. In ihren Augen lag ein Funkeln, das ihm ein Grinsen entlockte.
Er tippte an seine Hutkrempe. »Sehr verbunden. Bitte folgen Sie mir.«
Nachdem sie zwei oder drei Schritte gegangen waren, tauchte auch Dalton auf. Von Kopf bis Fuß in eisengraue Sachen geklei det, trat er in den Flur wie ein stolzer Hahn an einem Frühlingsmorgen.
»Ich bewundere Frauen, die pünktlich sind«, bemerkte Dal ton. Mit den hellen Augen musterte er Finley, und sie himmelte ihn an, als hielte sie ihn für den schönsten Mann, den sie je gesehen hatte. Anscheinend war sie ihm mit Haut und Haaren verfallen. Oder etwa nicht?
»Mein Papa hat immer gesagt, Schludrigkeit sei eine Sünde.« Ihr englischer Akzent schlug jetzt besonders stark durch. »Aber ein paar Hiebe mit dem Ledergürtel treiben das jedem aus.«
Dalton nickte freundlich. »Ihr Vater weiß offenbar genau,
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