Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
gewöhnlichen Welt entrückt waren.
Es war, als öffnete er ein Fenster und ließe den Wind hereinwehen. Der Äther empfing ihn mit dem spirituellen Gegenstück offener Arme. Die Kraft strömte ihm entgegen und begrüßte ihn so machtvoll, dass er sie fast auf der Zunge zu schmecken glaubte. Er widerstand dem Drang, sich ganz von ihr erfüllen zu lassen, schloss die Augen und richtete das innere Auge auf Finley. Auf der ätherischen Ebene war sie von Schmerzen überflutet, doch die Kraft ihrer Seele war unverkennbar. Ihre Macht umgab sie wie eine doppelte glühende Aura – eine für jede Seite ihrer Persönlichkeit. Diese Auren mussten sich miteinander verbinden, damit sie Frieden fand. In diesem Moment war die dunkle Aura die stärkere. Sie pulsierte unter der Wucht des psychischen Angriffs seiner Tante. Cordelia war die stärkste Telepathin, die er kannte, und sie war tödlich entschlossen. Sie würde nicht aufgeben, solange Finley sie nicht eingelassen hatte. Dabei konnten sie leicht beide zu Tode kommen. Cordelia würde nicht aufgeben, weil sie glaubte, Finley sei eine Bedrohung für ihn, und obwohl er manchmal hochnäsig über ihre Fähigkeiten urteilte, wusste er doch, dass sie ihn mit ihrem Leben schützen würde. So hoch er ihr dies auch anrechnete, im Moment kam es ihm äußerst ungelegen.
Glücklicherweise arbeiteten Medien, Spiritualisten und Telepathen wie seine Tante im Äther. Ihm war nicht einmal klar, woher er das wusste, doch so war es, genau wie er seit jeher in der Lage gewesen war, die Geister von den Lebenden zu unterscheiden, auch wenn ihm in seiner Kindheit die Ersteren ebenso echt vorgekommen waren wie die Letzteren. Inzwischen sah er kaum noch Geister, wenn er nicht gezielt nach ihnen suchte.
Im Moment wollte er sich jedoch nicht mit Geistern befassen und ignorierte all jene, die ihn auf dieser seltsamen Ebene jenseits der Alltagswelt gewissermaßen am Ärmel zupften.
Griffin richtete alle Aufmerksamkeit auf die Verbindung zwischen den beiden Frauen. Ausgelassen wie immer stürmte der Äther auf ihn ein und lud ihn ein, sich hinzugeben und mitzuspielen. Er stählte sich gegen die Versuchung und folgte entschlossen dem wogenden Energiestrom zwischen seiner Tante und Finley. Beide waren in schimmerndes Licht getaucht, das sie umhüllte und verband. Er griff danach und packte mit einer Hand den ätherischen Strom, mit dem freien Arm umfasste er zugleich Finley, um sie zu stützen. Cordelia wollte nicht loslassen und bot ihre ganze Willenskraft auf. Auf diese Weise konnte er die Verbindung nicht unterbrechen. Jetzt gab es nur noch einen Weg.
Bei dem Gedanken setzte ihm fast das Herz aus, doch dann fing er sich wieder. Wenn er jetzt die Kontrolle verlor, war nicht abzusehen, was der Äther ihm antun würde. Schon einmal hatte ihn diese Kraft verschlungen und einen ganzen Tag lang besessen. Anschließend hatte er drei Tage gebraucht, um sich von dem Erlebnis zu erholen. Außerdem hatte er danach einige graue Haare entdeckt und sie sich sofort ausgerissen. Damals hatte er begriffen, dass man immer einen Preis zu zahlen hatte, wenn man den Äther berührte.
Er schob den Stuhl zur Seite, bis er neben Finley mehr Platz hatte und sie ganz in die Arme nehmen konnte. Warm schmieg te sie sich an seine Brust und zitterte, während sie sich im Geist gegen Cordelias Angriff wehrte. So deutlich hatte er einen solchen Vorgang noch nie beobachtet. Seine Konzentration vertiefte sich, als er die anbrandende Energie auf sich selbst umlenkte. Wenn er die Strömung erfasst hatte, musste er sie nur noch umlenken. Immer wieder entglitt sie ihm, doch er hielt eisern fest. Die Energie wirbelte um ihn und erfüllte ihn. Sie war ungeheuer stark.
Sobald Cordelia bemerkte, dass die Verbindung zwischen ihr und Finley unterbrochen war, ließ sie von dem Mädchen ab. Als hätte jemand ein elastisches Band losgelassen, brach die ganze Energie auf einen Schlag über ihn herein und traf ihn mit einer Wucht, die ihn und Finley zu Boden warf.
Griffin konnte das Mädchen gerade noch auffangen, während er mit ätherischer Energie bombardiert wurde. Da er die Barrieren so weit gesenkt hatte, stürmte der Äther mit voller Kraft auf ihn ein. Geister – so kamen ihm die fremden Wesen jedenfalls immer vor – drängten sich um ihn. Eine Million Stimmen, die alle gleichzeitig auf ihn einredeten. Manche weinten, andere riefen, wieder andere flüsterten nur.
Ihre Energie erfüllte ihn und strömte bis in die Fingerspitzen,
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