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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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nach dem Tod seiner Eltern, das zweite Mal jetzt gerade. Er mochte es nicht, wenn Scotland Yard den Blick auf ihn und seine Leute richtete. Nicht einmal nach dem Angriff auf Sam hatte sich die Polizei gerührt. Er war ein wenig verärgert über Finley, da sie die Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt hatte. Die Leute würden reden. In der feinen Gesellschaft würde man begeistert Gerüchte darüber streuen, was die Polizei beim Duke of Greythorne zu suchen hatte, und sich fragen, ob er denn wirklich nichts über Lord Felix wusste.
    Doch als er sich umdrehte und das Mädchen vor dem Schreibtisch sitzen sah, voller Furcht, entsetzt und mit bleichem Gesicht, löste sich sein Zorn in Wohlgefallen auf. Es ging hier nicht um ihn. Er war Herzog und konnte der Welt sagen, sie solle sich zum Teufel scheren, wenn ihm danach zumute war. In mancher Hinsicht stand er sogar über dem Gesetz und hatte nichts zu fürchten außer dem Getuschel, das ausbrechen würde, sobald irgendwo ein Skandal zu wittern war. Er führte ein bequemes Leben.
    Finley dagegen hatte es nicht so leicht. Die Leute würden sich das Maul über sie zerreißen.
    »Finley, wie geht es dir?«, fragte er.
    »Solltest du sie nicht etwas ganz anderes fragen?«, mischte sich Tante Cordelia ein, die bis jetzt still auf dem Sofa gesessen hatte. »Beispielsweise, ob sie den Jungen umgebracht hat?«
    Finley hob den Kopf und sah ihn mit großen Augen an. »Ich weiß nicht, was ich gestern Abend getan habe. Ich kann mich an nichts erinnern.«
    Verdammt auch. Griff fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die Haare. Genau das hatte er befürchtet. »An überhaupt nichts?«
    Sie schüttelte den Kopf, einige Strähnen flogen nach links und rechts. Hatte sie schon immer diese schwarze Strähne gehabt? »Rein gar nichts.«
    »Reizend«, murmelte Cordelia.
    Griff warf seiner Tante einen scharfen Blick zu. »Sie hat es nicht getan.«
    Cordelia erwiderte seinen Blick schmallippig. »Woher weißt du das? Wie du selbst gedacht hast, ist sie dazu durchaus fähig.«
    Finley zuckte zusammen, und Griff fluchte verhalten. »Sie ist körperlich stark genug, um es zu tun. Das ist etwas ganz anderes, als moralisch verwahrlost genug zu sein, um jemanden umzubringen. Und halte dich bitte aus meinem Kopf heraus.«
    Seine Tante stand auf. »Das reicht jetzt. Wenn du die Sache nicht in die Hand nehmen willst, werde ich es tun.«
    Griff war nicht sicher, was das zu bedeuten hatte, doch auf einmal gab Finley einen leisen Laut von sich. Er fuhr herum. Sie saß noch vor dem Schreibtisch auf dem Stuhl, hatte aber den Kopf in den Händen geborgen und schien Schmerzen zu haben.
    »Hören Sie auf«, flehte sie. »Bitte, hören Sie auf.«
    Er heftete den Blick auf seine Tante, die Finley mit geradezu erschreckender Intensität anstarrte. Aus ihrem rechten Nasenloch rann etwas Blut.
    »Cordelia.«
    Finley stöhnte. Sie hatte die Augen geschlossen und krümmte sich, war auf dem Stuhl ganz nach vorn gerutscht und drohte, jeden Moment auf den Boden zu fallen.
    »Delia!« Er fasste seine Tante am Arm, doch sie reagierte nicht, sondern starrte Finley unverwandt an. Das Nasenbluten war stärker geworden, die ersten Tropfen waren bereits auf ihrem Kleid gelandet. Sie war schon viel zu tief in Finleys Gedanken eingedrungen und wollte offenbar sogar auf Kosten ihres eigenen Wohlergehens die Barrieren des Mädchens durchbrechen.
    Wenn er Cordelia zu scharf anfasste, konnte der Geist seiner Tante darunter leiden. Die Verbindung musste am Brennpunkt unterbrochen werden, und das war Finley. Inzwischen hockte sie auf dem Boden, den Mund zu einem lautlosen Schrei geöffnet.
    Griff fluchte noch einmal, kniete neben Finley nieder und legte ihr eine Hand in den Nacken. Sie spürte die Berührung nicht einmal, sondern litt stumm weiter und war so elend, dass ihr nicht einmal mehr ihre dunkle Seite helfen konnte. Sie brauchte ihre ganze Kraft, um Cordelia draußen zu halten, wie es ihr Instinkt gebot, obwohl es doch rasch vorbei gewesen wäre, wenn sie nur nachgegeben hätte.
    »Finley?«, sagte Griffin leise. »Meine Liebe, kannst du mich hören?«
    Nichts.
    Er holte tief Luft, richtete den Blick nach innen, sammelte sich und konzentrierte sich mit aller Sorgfalt. Wenn er auch nur den kleinsten Fehler beging, konnten Finley oder seine Tante dauerhaften geistigen Schaden davontragen. Irrepara blen Schaden. So etwas wie jetzt hatte er noch nie getan, doch es war die einzige Lösung, die ihm einfiel, da beide so weit von der

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