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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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Finley gemeint hatte.
    »Ich sage dir dann Bescheid, ob dein Blut irgendwie anders ist«, erklärte Emily schließlich mit einem zaghaften Lächeln und nahm ihre Sachen an sich. »Du solltest jetzt frühstücken.«
    Finley stand auf. Sie fühlte sich wie eine Schülerin, die nach einem Gespräch mit der Rektorin auf den Pausenhof entlassen wird. Als sie zum Esszimmer ging, hoffte sie, das Mädchen, das vielleicht einmal eine Freundin werden konnte, nicht vor den Kopf gestoßen zu haben.
    Das Esszimmer war leer, doch die Servierteller standen noch auf der Anrichte, in der heißer Dampf kreiste wie in einem Heizkörper und die Speisen warm hielt. Sie nahm sich pochierte Eier, Schinken, Tomaten und Toast, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich mit der appetitlich aussehenden Beute an den Tisch.
    Als sie das letzte Stück Toast mit Marmelade verdrückt hatte, kam die geschäftige Mrs. Dodsworth mit stark geröteten runden Wangen herein.
    »Bitte um Verzeihung, Miss, aber Seine Durchlaucht bittet Sie sofort in sein Arbeitszimmer.«
    Als sie das gequälte Gesicht und das nervöse Händeringen der älteren Frau bemerkte, sprang Finley auf. »Hat er auch den Grund genannt?«
    »Nein, Miss. Nur, dass Sie sofort kommen sollen.«
    Ohne zu zögern folgte Finley der rundlichen kleinen Frau. Obwohl die Haushälterin kürzere Beine hatte, musste sich das Mädchen sputen. Als sie vor Griffins Arbeitszimmer standen, meldete die Haushälterin sie an und entfernte sich, während Finley in der Tür stehen blieb.
    Griffin saß hinter dem wuchtigen Schreibtisch und sah von Kopf bis Fuß wie der Herr des Anwesens aus. Die graublauen Augen erfassten sie kurz und verharrten gerade lange genug auf ihr, um sie wissen zu lassen, dass alles gut ausgehen würde.
    Setz dich und überlass Griffin das Reden , flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf. Es war nicht ihre eigene, sondern sie klang sehr nach der ebenfalls anwesenden Lady Marsden. Außerdem war ein großer dünner Mann mit schütterem braunen Haar zugegen, der ein freundliches Gesicht und eine un schöne spitze Nase hatte.
    Offensichtlich fiel es der Lady leichter, ihr Gedanken einzugeben, statt Finleys eigene Gedanken zu belauschen. Wie auch immer, der Mann strahlte Macht aus, und daher beschloss sie, ausnahmsweise auf Lady Marsdens Ratschlag zu hören.
    »Miss Jayne«, sagte Griffin und stand ebenso wie der andere Gentleman auf. »Es tut mir leid, dass ich beim Frühstück stören musste, aber Wachtmeister Jones hat einige Fragen.«
    Woher wusste er, dass sie gefrühstückt hatte? Und … ein Wachtmeister? Finley fühlte sich benommen und spürte das Aufbranden, das oft dem Erwachen der dunklen Seite voraus ging. Sie schob es weg. Das Letzte, was sie wollte, war, Scotland Yard ihre wahre Natur zu offenbaren, oder, schlimmer noch, einen Polizeibeamten durch den Raum zu schleudern.
    Sie trat ganz ein, und ihr gewöhnliches Ich behielt die Oberhand. Sie beruhigte sich etwas und konnte den Polizisten sogar lächelnd begrüßen. »Guten Tag, Wachtmeister Jones. Was möchten Sie von mir wissen?«
    Der Beamte wartete, bis sie sich gesetzt hatte, ehe er zu seinem eigenen Stuhl zurückkehrte. Sie saßen zu Griffins Schreibtisch gewandt.
    »Bitte entschuldigen Sie, Miss Jayne«, sagte er mit einem Akzent, der seine Herkunft aus Liverpool verriet, »aber wie ich hörte, haben Sie bis vor Kurzem für Lord August-Raynes gearbeitet.«
    »Ja, das ist richtig.« Sie verkniff sich jedes weitere Wort.
    »Wie ich erfuhr, haben Sie das Haus in großer Eile verlassen.«
    »Ja.«
    »Warum denn?«
    Nicht lügen, warnte sie eine innere Stimme. Dieses Mal war es ihre eigene. Schon wieder ein guter Rat. Es war wohl besser, einiges auszulassen, als dreiste Lügen zu verbreiten. »Weil ich mich unter jenem Dach nicht mehr sicher gefühlt habe, Sir.«
    Der Wachtmeister notierte es in einem kleinen Notizbuch. Dann hob er den Kopf. »Und warum fühlten Sie sich dort nicht mehr sicher?«, fragte er in ungefähr dem Ton, in dem man ein kleines Kind fragt, warum es seine Rüben nicht aufgegessen hat.
    Finley warf Griffin, der völlig gelassen zugeschaut hatte, einen Blick zu. Entweder war er ungeheuer geübt darin, seine Gefühle zu verbergen, oder ihm war tatsächlich egal, was aus ihr wurde. Seine Tante hatte ihr geraten, ihm das Reden zu überlassen, aber bisher hatte er noch nicht viel gesagt. »Weil Lord Felix August-Raynes unerwünschte Annäherungsversuche unternommen

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