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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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reichen und rieb sich damit die Schläfen ein. «Die Wege des Herrn sind unergründlich», heißt es. Wer weiß, wozu es gut ist, dass ich den Auftrag nicht bekommen habe. Am Ende dient es mir nur zu meinem Besten.»
    «Ja, so sagen die Priester von der Kanzel. Wäre es so, würden alle Menschen am Ende ihres Lebens glücklich sterben. Denn alles, was geschah, diente letztendlich nur ihrem Besten. Aber die Menschen sterben nicht glücklich.»
    «Das Ende des irdischen Daseins ist nicht das Ende des Lebens», widersprach Matteo.
    Rosamund nickte. «Das kann so sein. Das wird so gesagt, aber wissen tun wir es nicht. Ich selbst habe erlebt, wie aus einer Teufelin eine Heilige wurde.»
    «Willst du damit sagen, dass du dem Großmeister Glauben schenkst?»
    Rosamund zuckte mit den Achseln. «Warum soll er weniger recht haben als ein Priester? Wer von uns weiß schon, wie Gott wirklich ist. Es ist so vieles möglich, es geschieht so vieles, das wir nicht verstehen. Ich bin nur ein Mensch und kann nicht entscheiden, wer recht hat. Und deshalb glaube ich.»
    Matteo nickte. Schwerfällig stand er auf und begab sich zu Bett.
     
    Einige Tage später erfuhr Rosamund, dass ihre Nichte mittlerweile getauft worden war. Das kleine Mädchen hatte den Namen Sonja erhalten.
    Rosamund machte sich auf den Weg ins Haus ihrer Eltern und Schwester. Sie hoffte, man würde sie mit dem Geschenk für die Kleine nicht wieder nach Hause schicken. Eine Decke hatte sie für das Kind anfertigen lassen, eine weiche, warme Decke aus Kaninchenfell.
    Ihr Herz schlug rasch, als sie an die Tür klopfte. Die Magd öffnete und rief sofort nach Ursula, ohne Rosamund jedoch hereinzubitten.
    Rosamund stand auf der Schwelle wie eine Hausiererin und musste einige Zeit warten, bis sich ihre Schwester endlich schwerfällig zur Tür bemühte. Ursel stellte sich mitten in den Türrahmen und fragte mit hochgezogenen Augenbrauen: «Was willst du denn hier?»
    Rosamund reichte ihr die Decke. «Für meine Nichte», sagte sie.
    Ursula nahm die Decke, befühlte sie, breitete sie sogar aus und hielt sie gegen das Licht, als suche sie nach Mottenlöchern. «Vielleicht benutze ich sie einmal», sagte sie dann. «Ist sonst noch etwas?»
    Jetzt reichte es Rosamund. Sie schob ihre Schwester zur Seite und warf die Tür hinter sich ins Schloss. «Du hast kein Recht, mich wie eine Bettlerin zu behandeln. Ich habe dir nichts getan, im Gegenteil. Immer hat sich alles um dein Wohl gedreht. Nie hattest du einen Nachteil wegen mir. Also erwarte ich, dass du mich mit Achtung behandelst. Wir müssen keine Freundinnen werden, aber ich gehöre zur Familie.»
    «Pffft!», schnaubte Ursula. Ihr Atem ging heftig, und ihr Busen bewegte sich wie ein Schiff auf hoher See. «Familie! Als ob dir das je etwas bedeutet hätte!»
    «Und dir?», schimpfte Rosamund zurück. «Noch immer ist mein Mann von der Zunft ausgeschlossen. Obwohl es anders abgemacht war.»
    Ursula verzog die Mundwinkel. «Der deine braucht dieZunft nicht. Die Aufträge werden euch ja sogar ins Haus getragen.»
    «Wovon redest du?», wollte Rosamund wissen. Aus der Küche schaute der Kopf der Mutter heraus. Als sie ihre älteste Tochter erblickte, rümpfte sie die Nase und verschwand.
    Ursula stemmte die Hände in die Hüften. «Jetzt tut sie, als ob sie die Unschuld in Person wäre! Hast du das gehört?» Der Ruf ging in Richtung Küche. Der Mutterkopf tauchte wieder auf, nickte und verschwand.
    «Wovon redest du?», wiederholte Rosamund.
    Ursula beugte sich nach vorn. «Stimmt es nicht, dass heute der Ratsherr Dittmann bei euch war und ein Porträt in Auftrag gegeben hat? Matteo soll das Ratsherrenweib malen.»
    «Nein. Ich weiß von nichts», erwiderte Rosamund.
    Ursula zeigte nach draußen. «Vor einer Viertelstunde hat er sich auf den Weg gemacht.»
    «Ich weiß von nichts. Aber du? Woher weißt du, wohin der Ratsherr geht?»
    «Von seiner Magd weiß ich’s. Ganz früh heute habe ich es erfahren. Die Magd hat gelauscht, hat gehört, wie der Ratsherr seinem Weib das Porträt zum Namenstag schenken will. Und malen soll’s Matteo. Obwohl der Michael sich als Erster darum beworben hat. Schon letzte Woche hat er deswegen beim Ratsherrn vorgesprochen. Als ob der meine ein schlechterer Maler wäre!»
    Sie schüttelte den Kopf, trat dicht an Rosamund heran. «Sag, wie hast du es gemacht? Hast du ihn verhext? Hastdu in seiner Hand gelesen, dass es Unglück brächte, ließe er das Bild von einem anderen malen?»
    Rosamund

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