Das Mädchen mit den Teufelsaugen
Hand sanft über ihr Gesicht. «Die besten Bilder entstehen, wenn der Maler sich ein wenig in sein Model verliebt», sagte er. «So haben wir es in Italien gehalten. Und ich bin verliebt in diese Frau. Bin verliebt, wenn ich ihr Haus betrete, und wenn ich es Stunden später wieder verlasse, so habe ich sie vergessen, kaum, dass die Tür hinter mir ins Schloss gefallen ist. Ich liebe nicht das Weib, sondern das Material für ein wundervolles Bild.»
Rosamund schluckte. Doch insgeheim musste sie zugeben, dass diese Haltung wohl wahrhaftig die besten Bilder zustande brachte. Doch noch etwas anderes beschäftigte sie.
«Morgen ist Dienstag. Wirst du hingehen zu der Bruderschaft?»
«Ich muss wohl», entgegnete Matteo. «Jetzt, da ich den Auftrag habe.»
«Und hast du nachgedacht über die Fragen des Großmeisters?»
Matteo nickte. «Ich bleibe dabei. Man kann Gott nicht dem Menschen gleichsetzen. Deshalb werde ich nicht dorthin gehen, um zu glauben, sondern um zu fragen.»
Rosamund zog die Unterlippe zwischen die Zähne.Leise sagte sie: «Ich bitte dich, Matteo, geh nicht dorthin. Die Gedanken, die sie hegen, kommen nicht von Gott. Wer Gott in Zweifel zieht, der öffnet dem Teufel die Tür.»
Matteo sah seine Frau verwundert an. «Was hast du plötzlich? Die Bruderschaft sorgt für die ihren. Hätte ich sonst den Auftrag von Dittmann bekommen?»
«Aber ihre Reden.»
«Alle Gedanken kommen von Gott. Hast du das nicht selbst gesagt?»
«Von Gott. Oder vom Teufel. Wer weiß das schon? Wer kann das unterscheiden? Bitte, Matteo, geh nicht wieder dorthin.»
Aber er tat es, lief bei nächster Gelegenheit durch die Bornheimer Heide, erreichte außer Atem die Johanneskirche. Wieder musste Matteo warten, bis die Bruderschaft ihre Zusammenkunft beendet hatte. Dann erwartete ihn der Großmeister. Doch dieses Mal war er nicht allein, ein zweiter Mann stand im Raum, verborgen im Halbdunkel, ohne sein Gesicht zu zeigen. Matteo wartete nicht, bis die beiden Bruderschaftler ihn mit ihren Theorien in die Enge treiben konnten, sondern begann das Gespräch von sich aus. «Ihr setzt Gott mit dem Menschen gleich, schreibt ihm alle Eigenschaften zu, die ein Mensch hat. Für Euch ist Gott neidisch und ungerecht. So wie ein Mensch. Aber er ist Gott. Er steht über diesen Dingen. Die Frage, warum er die Menschen geschaffen hat, kann deshalb nicht beantwortet werden. Wir wissen es einfachnicht. Und Gott wäre nicht Gott, wenn wir auf jede Frage sogleich eine Antwort hätten.»
«Klug gesprochen, Catalani. Aber deine Worte setzen voraus, dass du Gott als Allmacht akzeptierst. Wir aber gehen vom Gegenteil aus.»
«Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr Gottes Existenz anzweifelt?»
«Ja, das tun wir. Zumindest in Gedanken. Gott, wenn es ihn gibt, wird das zulassen, denn dann war er es, der uns diese Gedanken eingegeben hat. Ich sagte bereits, wir gehen weiter als Johannes Trithemius. Aber glaubt nicht, dass wir eine Bruderschaft der Zweifler wären, so ist es nicht. Wir orientieren uns an den philosophischen Zusammenkünften und Debatten, die wir aus Italien kennen. Unter uns sind Männer, die sich mit Mathematik beschäftigen, mit den Kräften der Natur und ihrer Wirkung. Philosophen sind darunter und Kaufleute. Wir gehen vor, wie wir es aus den Schriften der Gelehrten kennen. «Ziehe alles in Zweifel», sprach der Grieche Sokrates. Wir tun das. Wir gehen stets vom Gegenteil aus. Unser Ziel ist es jedoch nicht, Gottes Existenz zu leugnen. Es ist genau andersherum. Wenn wir davon ausgehen, dass es Gott nicht gibt, so hoffen wir doch, dass wir auf diese Art Beweise für seine Existenz bekommen.»
Matteo schluckte, nickte dann. «Dieses Verfahren kenne ich aus dem Medici-Palast. Die alten Griechen hielten es so.»
«Wir knüpfen daran an. Habt Ihr auch über die Frage nachgedacht, wem der Teufel nützt?»
Matteo nickte. «Mir ist einiges dazu eingefallen, doch schlussendlich führte dies alles zurück zu einem.»
«Erklärt Euch.»
«Der Teufel nützt den Priestern, also der Kirche. Wenn sie von der Kanzel herab den Teufel beschwören, so klingelt es im Kollektebeutel, und für Kerzen ist auch gesorgt. Aber auch dem Menschen nützt der Teufel. Hat er Schuld auf sich geladen, so muss er dafür nicht die Verantwortung übernehmen, denn er kann sagen, der Teufel habe ihm dies eingeflüstert.»
«Und dann geht er zur Beichte», setzte der Großmeister fort. «Und bekennt seine Schuld und stiftet eine Kerze oder eine Messe.»
«Ja, so ist
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