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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Apfelbaumes gelegen, doch die Aufträge, die der Werkstatt immer häufiger zugetragen wurden, gestatteten keinen Augenblick der Ruhe. Von morgens an grundierte Rosamund Leinwände, vergrub Bleiplatten im Misthaufen, mischte Eiklar mit Leinöl und rieb Farben. Aber immer wieder musste sie sich auf den Schemel setzen, sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn wischen und an den besonders schlimmen Tagen sogar die Füße in einen Zuber mit Brunnenwasser stellen.
    «Geht es noch?», fragte Matteo jede Stunde. «Kannst du noch? Ich möchte nicht, dass du Schaden nimmst.»
    «Mache dir keine Sorgen, es geht schon», erwiderte Rosamund, doch als sie zum ersten Mal vor lauter Hitze umzufallen drohte, begab sich Matteo ins Haus seines Schwiegervaters und bat diesen um Hilfe.
    Ruppert Hoffmann war sofort zur Stelle, als hätte er nur darauf gewartet, von Matteo gerufen zu werden.
    «Hast du den deinen gesagt, dass du nun bei uns arbeiten wirst?»
    Ruppert schüttelte den Kopf. «Sie müssen nicht alles wissen. Außerdem sind sie beschäftigt. Lisbeth mit dem Kaspar, Ursula mit dem Sonnenscheinchen und Michael damit, seinen Leuten Aufträge zu erteilen und selbst durch die Stadt zu laufen, um welche zu ergattern.»
    «Läuft es denn schlecht bei euch?», fragte Rosamund, erleichtert, nicht mehr den ganzen Tag arbeiten zu müssen.
    «Nein, schlecht läuft es nicht. Zumindest, was die Werkstatt betrifft. Aber du kennst ja die deinen. Niemals reicht aus, was ist. Jetzt will die Ursula ein Sommerhäuschen vor den Toren der Stadt, wo sie im Gärtchen Blumen züchten kann. Die Zunftmeisterin der Gewandschneider hat damit angefangen, und Ursula meint, sie wäre weniger wert, wenn sie nicht auch ein solches Gärtchen mit einer Laube darin bekäme. Und der Michael, tja, was soll ich sagen? Seine Leute arbeiten gut, doch manchmal fehlt es an einem, der ihnen sagt, wo es langgeht. Ist keiner da, so sitzen sie herum und klopfen Karten und spielen mit Würfeln, derweil der Michael in irgendwelchen Stuben oder Schänken hockt und sich ausgerechnet hat, dass ermittlerweile so viele Leute kennt, dass es für einen Platz im Rat reichen müsste. Nicht mehr auf der dritten, letzten Bank der Zunftmeister will er hocken, sondern ganz vorne, da, wo die Patrizier und Kaufleute sitzen und sich mit einer dicken Ratskette schmücken.»
    Rosamund nickte. «Genauso habe ich mir das vorgestellt. Und der Mutter, geht es ihr gut?»
    «Wie im Paradies fühlt sie sich, seit die Ursula ihr erklärt hat, dass sie nun zu vornehm für die Hausarbeit sei, und zwei Mädchen eingestellt hat. Nun ist sie nur noch damit befasst, mit den anderen vornehmen Weibern zu tratschen und dabei ihre neuen Kleider auszuführen, die Ursula wegen ihrer zunehmenden Leibesfülle ablegen musste.»
    Er brach ab, sah seiner ältesten Tochter direkt in die Augen. «Nur ich bin überflüssig; mich braucht keiner. Und es ist meine Schuld, ich kann es nicht anders sagen. Immer war ich zu schwach, zu feige. Sogar jetzt noch, im Alter, erhebe ich nicht das Wort gegen die meinen. Na ja, was soll das Jammern?» Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
    «Jetzt bin ich ja bei euch, und darüber freue ich mich. Es ist ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden. Und sobald das Urselchen sein Gärtchen hat, wird sie mich dafür ganz sicher anstellen.»
    Er klatschte in die Hände und sah seinem Schwiegersohn über die Schulter. «Sag, wobei kann ich helfen.»
    Matteo deutete auf ein Skizzenblatt, das die Dittmännin zeigte.
    «Ah, das berühmte Porträt.»
    «Du hast davon gehört?»
    «Natürlich. Michael spricht von nichts anderem. Er möchte zu gern wissen, wie du es malst.»
    «Aber du wirst ihm nichts sagen, oder?»
    «Bei meiner Ehre, nein. Im Übrigen weiß ich auch noch gar nicht, was du vorhast.»
    Matteo verzog die Lippen zu einem Lächeln und hob den Pinsel wie ein Schulmeister seinen Stock. «Ich werde sie als die griechische Göttin der Schönheit malen. Das zumindest dachte ich zuerst. Aber dann fiel mir ein, dass diese Schönheiten zumeist nackt oder halbnackt dargestellt werden. Und das schickt sich nicht für eine Frankfurter Ratsherrengattin. Also werde ich sie als Maria malen. In einem blauen Mantel. Im Übrigen heißt sie auch so.»
    Ruppert beugte sich über die Blätter. «Dein Einfall gefällt mir. Maria ist die Schutzpatronin der Weiber und Mütter. Und die Dittmännin sieht aus wie das Weib der Weiber, wie die Mutter aller Mütter. Außerdem tut sie sich in kirchlichen

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