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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Wohltätigkeitszwecken sehr hervor. Sie soll, so heißt es, immer wieder Spenden ans Frauenhaus geben, und auch den gefallenen Mädchen soll sie eine Hilfe in der Not sein.»
    «Du meinst also, das passt?»
    Ruppert nickte heftig. Er griff zu einem Kohlestift und zeigte damit auf die Falten des Gewandes. «Hier würde ich einen Schuh hervorblitzen lassen, um ihre Weltlichkeit anzuzeigen.»
    Matteo nickte ernst, schob dem Schwiegervater dasBlatt zu, und kurz darauf waren beide so in die Arbeit vertieft, dass sie nicht einmal merkten, wie Rosamund aufstand und die Werkstatt verließ.
    Am nächsten Tag schon spannte Ruppert eine grundierte Leinwand auf einen Keilrahmen, während Dietrich die Farben anrieb und Matteo die ersten zaghaften Kohlestriche auf das Bild setzte.
    Nach dem Mittagessen stand die Maria bereits in Kohleumrissen auf der Leinwand, und Matteo probierte die blaue Farbe nach Rupperts Rezept auf dem Papier aus.
    Rosamund kam gerade, um einen Krug Minzwasser als Erfrischung zu bringen, als die Tür plötzlich mit Schwung aufgerissen wurde und Michael im Rahmen erschien, gefolgt von Ursula mit hochrotem Kopf und schwerem Atem.
    Michael schritt ohne Gruß, dafür mit geblähter Brust in die Werkstatt und baute sich vor dem Bild auf. «Das habe ich mir doch gedacht», zischte er. «Das hätte ich gleich wissen müssen. Hexerei, dieses Wort ist noch viel zu harmlos für das, was hier vorgeht.»
    Matteo warf ein altes Laken über das Bild, stellte sich direkt vor Michael. «Was hast du gewusst? Was ist schlimmer als Hexerei?»
    Auch Dietrich kam näher, stand Schulter an Schulter mit seinem Meister.
    Michael schnaubte verächtlich, trat einen Schritt zurück und spuckte auf den Boden. «Das wird dir das Genick brechen», zischte er.
    «Was?», wiederholte Matteo.
    «Das da, und dass du einen Arbeiter meiner Werkstatt ohne mein Wissen abgeworben hast. Du weißt, wie man mit solchen Handwerkern umspringt?»
    Matteo zuckte mit den Achseln. «Sie werden aus der Zunft geworfen. Das kannst du ruhig tun, denn bislang bin ich ja noch immer kein Mitglied. Doch bevor du das machst, sage mir noch, welchen deiner Mitarbeiter ich dir weggenommen habe.»
    «Den da!» Michael fuhr herum und zeigte auf den Schwiegervater. Ursula stand neben ihm, hatte ihre Hand um seinen Arm gekrallt.
    «Nein, Ruppert ist freiwillig hier. Und Lohn hat er auch nicht erhalten. Dies ist nur ein Besuch unter Weißbindern und Malern.»
    «Pah!», schrie da das Urselchen. «Gezwungen habt Ihr den alten Mann. Weil er mehr weiß als Ihr, weil er ein besserer Maler ist, als Ihr es jemals sein werdet.» Sie rüttelte an Rupperts Arm. «Nun sag schon, dass sie dich gezwungen haben.»
    Der alte Mann sah zu Boden, presste eine Hand auf seinen schmerzenden Rücken. «Gezwungen nicht», murmelte er. «Nein, nein. Nur gebeten. Das schon.»
    «Was sagst du da?» Die Ursula haute ihrem Vater ins schmerzende Kreuz. «Gebeten? Eine Bitte ausgesprochen, hinter der unhörbar ein Zwang stand, sodass man nicht abschlagen konnte, ohne Schlimmes befürchten zu müssen? Sag schon, war es so?»
    Und wieder erhielt der Alte einen Schlag, dass er zusammenzuckte.Er kratzte mit einer Schuhspitze auf dem Boden der Werkstatt herum und nickte.
    «Na, also!», rief die Ursula. «Und das wiederholst du vor der Zunft. Gleich heute Abend wirst du das tun. Und dann ist’s vorbei mit der Porträtmalerei der Ratsherrin. Dann kannst du dir deine Leinwand an den Hintersten hängen.»
    Triumphierend sah sie zu Rosamund, die mitleidig und verärgert ihren Vater anblickte.
    «Jetzt komm!» Ursula packte den Alten noch fester beim Arm und zog ihn hinaus. Michael drohte Matteo noch einmal, dann folgte er den beiden.

Einunddreißigstes Kapitel
    Als Matteo, eine weiße Taube mit zusammengehefteten Flügeln unter dem Arm, in Richtung der Bornheimer Johanneskirche aufbrach, gingen ihm die Worte seines Schwagers nicht aus dem Kopf. «Das wird dir das Genick brechen», hatte der gesagt. Matteo hatte nicht die leiseste Ahnung, was er damit gemeint hatte.
    Michael war ein mächtiger Mann. Er saß als Vertreter der Weißbinder und Maler im Rat. Er bestimmte in der Zunft und über die Zunft. Fast konnte man sagen, dass er die Macht hatte, Existenzen zu vernichten oder zu errichten. Die anderen Weißbinder und Maler krochen vor ihm zu Kreuze, machten ihm Geschenke, lobten seine Arbeit, grüßten seine Frau mit den tiefsten Verbeugungen und drängten sich danach, dem Meister zu Gefallen zu sein. Jeder

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