Das Mädchen mit den Teufelsaugen
Eingeweide fraß, dann verlor er das Bewusstsein.
Wenig später, der Mond stand noch an derselben Himmelsstelle, wachte Matteo auf. Er hob den Kopf, sah sich um, doch der Hund war weg. Er fühlte seine Hand nicht mehr, seine Finger nicht mehr. Da war nur ein einziges großes Weh, das ihn zum Stöhnen brachte.
Mühsam und immer wieder laut dabei aufschreiend richtete er sich auf und betrachtete seine rechte Hand. Dort, wo einst Daumen und Zeigefinger gesessen hatten, ragten jetzt nur noch zwei blutige Stümpfe hervor. Die Kuppen von Mittel- und Ringfinger fehlten ebenfalls. Die Haut war aufgerissen bis auf die Knochen, die aus dem Fleisch hervorstachen wie Zweige von einem Baum.
Matteo starrte auf seine Hand und begriff, dass etwas Ungeheuerliches, nicht Wiedergutzumachendes geschehen war. Dann versank er im Dunkel.
Rosamund schrak aus dem Schlaf, als jemand an die Haustür hämmerte. Sie tastete nach Matteos Bettseite, erspürte aber nur das leere Kissen. Sofort überfiel sie eine böse Ahnung. Sie sprang aus dem Bett und jagte, wie sie war, nur im Nachtgewand und ohne Schuhe, die Treppe hinab und riss die Tür auf.
Vor ihr standen zwei Männer in dunklen Umhängen, die Gesichter unter großen Kapuzen verborgen. Zwischen ihnen hing Matteo, den Kopf auf der Brust. Von seiner rechten Hand, die notdürftig mit einem Stoffstreifen umwickelt war, tropfte Blut.
«Was ist geschehen?», fragte Rosamund und schlug vor Schreck die Hand vor den Mund.
«Wir haben ihn in der Heide gefunden», erwiderte einer. «Wo sollen wir ihn hinlegen?»
Rosamund deutete auf die Küche, lief hin und her, wusste nicht, was sie tun sollte.
Einer der Männer breitete ein Schaffell auf der Küchenbank aus, legte Matteo darauf nieder.
«Schafft Binden herbei, schnell. Habt Ihr Salbe im Haus?», fragte der andere Mann.
«Nur Arnika und Minze.»
«Das reicht nicht.» Der Kapuzenmann gab dem anderen ein Zeichen, dieser nickte und verschwand.
«Mein Bruder holt, was der Eure braucht. Bringt Ihr unterdessen Wasser und ein Tuch. Wir müssen die Wunden kühlen und sehen, dass kein Fieber dazukommt.»
Rosamund war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie starrte auf die verletzte Hand, konnte den Blick nicht davon lassen.
«Los, Weib, steht jetzt nicht herum. Es geht um das Leben Eures Mannes. Gebt mir zuerst zwei dünne Stücke aus Stoff.»
Endlich reagierte Rosamund, riss ein Tuch entzwei, reichte dem Mann zwei schmale Stücke.
Als dieser damit die Fingerstümpfe abband, um das Blut zu stillen, stöhnte Matteo auf. Sein Leib bäumte sich, er warf den Kopf hin und her.
«Habt Ihr Branntwein da?»
Rosamund nickte.
«Schnell, holt ihn.»
Der Mann machte keine Umstände, setzte das kleineBranntweinfässchen Matteo direkt an die Lippen und hörte erst auf, als Matteo nicht mehr schlucken konnte, sondern die Augen verdrehte und sein Kopf zur Seite fiel.
Schon war der andere Kapuzenmann wieder zur Stelle und zog aus der Umhangtasche einen Tiegel, der nach Ringelblumen und anderen Essenzen roch. Großzügig bestrich er Matteos Wunden damit, legte danach einen Verband an. Erst dann löste der erste die Abbindung. Die beiden Männer standen da, sahen auf den frischen Verband. Als nach einer Weile noch kein Blut durchgesickert war, verkündete der erste: «Wir haben getan, was wir tun konnten. Die Blutung ist gestillt. Bleibt diese Nacht bei ihm und seht, dass er kein Fieber bekommt. Morgen, in der Frühe gleich, schickt Eure Magd zum Medicus. Sie soll nicht zu dem gehen, den die Handwerker aufsuchen, sondern zu dem, der Böckler heißt und die Ratsherren behandelt. Sagen soll sie, dass es sich um den Catalani handelt, dann wird er kommen.»
Die beiden Männer verabschiedeten sich, doch Rosamund bemerkte das kaum, sondern starrte auf ihren Mann, der mit geöffnetem Mund leise stöhnte.
Sie trat zu ihm, legte ihre Hand auf seine Stirn. «Was ist nur passiert?», fragte sie, doch sie erhielt keine Antwort.
Die ganze Nacht blieb sie bei ihm, kühlte seine Stirn, strich ihm über das Haar, und als der Morgen kam, schickte sie die Ulla zu dem Medicus Böckler.
Kaum war die Magd verschwunden, wachte Matteo mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Er besah den dicken Verbandan seiner Hand, blickte dann zu seiner Frau und sagte mit einer Stimme, die vor Schmerz und Enttäuschung rau war: «Ich glaube, es gibt ihn doch, den Teufel.»
«Was ist geschehen?», fragte Rosamund, doch Matteo schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Unter seinen
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