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Das Mädchen und das schwarze Einhorn

Das Mädchen und das schwarze Einhorn

Titel: Das Mädchen und das schwarze Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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versuchte nun, sie zu essen. Sie schälte ihm die Zitrusfrucht, und während es das saure Innere untersuchte, schlang sie ihm die lange Kordel, die in der Wüste ihre Kopfbedeckung festgehalten hatte, um den Nacken. Die Leine war recht primitiv, würde aber im Augenblick ausreichen und vermutlich Kommentare der Stadtbevölkerung verhindern.
    Das Piefel spuckte das Zitronenfleisch aus und kratzte sich wild am Nacken.
    »Nein, nein. Es tut mir leid, aber du wirst dich daran gewöhnen müssen.«
    »Weg«, zischte das Piefel, »weg, weg.«
    »Nein. Bitte. Nur bis wir — nun, wo immer wir auch hingehen.«
    »Wrrr«, machte das Piefel.
    Es wälzte sich umher und verhedderte sich in der Leine. Tanaquil entwirrte sie geduldig, bevor es sich selbst erwürgte. »Eine halbe Stunde?«
    Das Piefel schmollte, während sie die Straße entlangzogen. Alle paar Minuten setzte es sich hin, und Tanaquil durfte es dann auf seinem Hinterteil über die Erde schleifen. Das Piefel fluchte. Es hatte einige der Soldatenflüche gelernt.
    »Oder du bleibst draußen.«
    Ein Kranz von Häusern, die im Schütze der Wälle gewachsen waren, umgab die Stadt. Es gab Gärten mit Zypressen und Blumenbeeten in Blau und Weiß, Gelb und Mauve und Rot. Die Häuser hatten Dächer mit Pfannen in der Farbe von Drachen. Über ihnen erhob sich die Stadtmauer, in deren Wänden, so sagte man, Bilderziegel eingelassen waren, die von Pferden gezogene Streitwagen, Löwen, Obstbäume und so weiter zeigten. Die schmale Straße endete an einem schmalen Tor, wo zwei Wachen, regungslos wie Puppen, in perfekter Habachtstellung verharrten.
    Aus der Stadt drang ohrenbetäubender Lärm. Dort schien aller Krach der Welt gleichzeitig zu dröhnen. Tanaquil hörte Räder rumpeln, Maschinen rattern, Schöpfkübel klappern und Wasser gurgeln. Sie konnte Schafblöken und Hundebellen ausmachen, während gleichzeitig Trompeten schmetterten, Türen knallten, Vögel aufflatterten und Männer und Frauen sich zankten, lachten und sangen. Sie war überwältigt. Schön, was hast du denn erwartet?
    Das Piefel lauschte dem Stadtlärm ungläubig, versuchte, die verschiedenen Düfte, auch die des Meeres, getrennt zu erschnuppern.
    »Ein Haufen Knochen und Fleisch und Kekse da drinnen«, lockte Tanaquil.
    Sie schlenderte auf das Tor zu, und plötzlich kam Leben in die beiden Wachsoldaten.
    Sie kreuzten mit metallischem Klicken ihre beiden Speere vor der Toröffnung.
    »Halt.«
    Tanaquil hielt an. Was nun?
    »Zu welchem Zweck willst du die Meerstadt betreten?«
    »Ich besuche meine Tante.«
    »Zeig uns die Einladung.«
    »Die habe ich verloren.«
    »Ohne einen solchen Einladungsbrief oder eine sonstige Bestätigung darfst du die Stadt nicht betreten.«
    »Meine Tante wird wütend werden«, sagte Tanaquil.
    Die Soldaten schien diese Ankündigung nicht sonderlich zu beeindrucken. Sie sagten nichts, ihre Gesichter waren leer, und die Speere blieben gekreuzt.
    »Was gäbe es denn für Gründe, die Stadt zu betreten?« wollte Tanaquil wissen.
    »Eine schriftliche Einladung von einem Bürger der Stadt. Eine Vorladung durch den Fürsten oder einen anderen Würdenträger. Der Transport von Waren in die Stadt. Der Wunsch, dort einer gesetzmäßigen Beschäftigung nachzugehen. Eine kleine Warnung«, fügte der Soldat noch hinzu. »Sag nicht , daß du Dinge reparierst . Diese dumme Ausrede hören wir mindestens zweimal pro Tag.«
    »Ich verstehe, Ich habe mich geirrt.« Es wollte ihr scheinen, als habe sie noch nie so schnell einen Plan ausgeheckt. »Ich bin Unterhaltungskünstler. Ich führe magische Tricks vor.«
    »Das wäre erlaubt. Der Basar unterstützt Gaukler. Aber du wirst uns das erst beweisen müssen.«
    »Ihr meint. Ihr wollt eine Vorführung? Das ist ziemlich schwierig. Seht Ihr, ich wurde in der Wüste ausgeraubt. Sie haben mir alles genommen - meinen Esel, meine Trickkiste ...«
    »Wie willst du denn dann deinem Beruf in der Stadt nachgehen?«
    »Eins haben sie mir gelassen«, improvisierte Tanaquil. »Seht Ihr dieses Piefel? Ist nur ein ganz gewöhnliches Wüstentier. Doch mit Hilfe einer gekonnten Illusion bin ich in der Lage, es sprechen zu lassen.«
    Die Soldaten wandten einander ihre maskenhaften Gesichter zu.
    Abrupt zerrte Tanaquil an der Leine des Piefels.
    Das Piefel kickte um sich. Es bleckte die Zähne. »Rrr!« drang es aus seinem Schlund. Tanaquil hüstelte. »Tut mir leid. Staub in der Kehle. Ich versuch's noch mal ...«
    Sie stupste das Piefel recht sanft mit dem Fuß in die

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