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Das Mädchen und das schwarze Einhorn

Das Mädchen und das schwarze Einhorn

Titel: Das Mädchen und das schwarze Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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zurück. Er riß die Arme hoch, um Tanaquil und ihre fürchterliche Macht abzuwehren.
    »Mächtige Zauberin, tut mir nichts, seid gnädig ...« Und als ihr Todesspruch ausblieb, gab auch er Fersengeld und eilte den Streitwagen nach, und wie zuvor, als er weggerannt war, fiel ihm der Hut vom Kopf auf den Strand, froh, ihn endlich los zu sein.
    »Das Einhorn«, sagte Tanaquil. Da sie noch saß, erhob sie sich. Im Unklaren darüber, was sie nun tun sollte, begann sie, die Klippenwand wieder hinunterzuklettern. Während sie sich hinabließ, lauschte sie den Mißklängen auf der Straße und dem Rattern der fliehenden Streitwagen.
    Am Fuße der Klippe erwarteten sie Lizra und das Piefel. Ihr Gesicht über den Rubinen war immer noch weiß; vielleicht waren aber auch nur die Juwelen an diesem unkleidsamen Teint schuld. Wenn überhaupt etwas in ihren Zügen geschrieben stand, so war es eine seltsame, besorgte Blasiertheit.
    »Du bist eine Hexe. Ich hab's doch gleich gesagt.«
    »Das Einhorn hat mich berührt. Es hat das Piefel berührt. Ich nehme an ...«
    »Das Einhorn hat meinen Vater berührt«, entgegnete Lizra. »Es hat ihm mit dem Horn quer über die Brust gekratzt, als es die Muscheln von seinem Mantel stahl. Er wird die Narbe nie verlieren.« Es war ihre öffentliche Stimme.
    »Lizra, es tut mir leid, ich wollte dich nicht ängstigen. Ich wußte nicht, daß das passieren würde. Ich meine, es ist wirklich außergewöhnlich.«
    »Du bist unverwundbar«, versetzte Lizra. Sie verbeugte sich, »Große Zauberin.« Es war nicht spaßhaft gemeint.
    »Verbeug dich meinetwegen auch vor dem Piefel«, knirschte Tanaquil. »Das ist zuviel. Ich habe etwas Wundervolles gesehen, das mich nicht wollte — das niemand von uns haben kann. Freundin und Schwester, hast du gesagt.«
    »Alles hat sich verändert«, erwiderte Lizra. Sie war nun nicht mehr die Prinzessin. Sie war ein kleines hilfloses Mädchen, ein Kind der Eisblumen. »Und du?«
    »Ich habe mich nicht verändert. Etwas ist mit mir geschehen, das ist alles.«
    Lizra wuchs ein wenig. Dann war sie wieder fünfzehn. Sie sagte: »Ich werde es dir zeigen müssen. Nebenbei bemerkt, du kannst dich in diesem Kleid nicht blicken lassen.«
    »Was würdest du statt dessen vorschlagen?«
    »Der Soldat ist klein und zierlich. Seine Rüstung wird dir passen. Außerdem ist es das einzig Verfügbare hier.«
    Sie gingen zu dem weggeschleuderten Soldaten hinüber. Er war mit dem Rücken aufgeprallt. Sein Mund stand offen, er stöhnte schwach. Die Bißspuren des Piefels waren in seinem Stiefel zu sehen.
    Tanaquil zog ihm die Stiefel aus und probierte sie an. Sie waren zwar zu groß, würden aber ihren Zweck erfüllen.
    Während der Mann bewußtlos dalag, schälten sie ihn aus seiner Rüstung und ließen ihn in seiner reizenden Unterwäsche liegen, die eine zarte Hand bestickt hatte. Tanaquil drapierte die Reste ihres Gewandes und ihres Unterrocks so über ihn, daß er bis zum Erwachen vor den schlimmsten Sonnenstrahlen geschützt sein würde.
    »Behalte die Topase«, riet Lizra ihr. Und Tanaquil vernahm hinter ihren Worten einen anderen Satz: ein Abschiedsgeschenk. Sie gedachte des Einhorns. Das ist der Abschied. Wütend ließ sie zu, daß Lizra ihr in den Panzer half. Sie stopfte ihr hexenrotes Haar unter den geräumigen Helm.
    »Und nun?«
    »Sie haben mir Pferde und Streitwagen hiergelassen. Wie entsetzlich nett von ihnen.
    Das letzte Mal, auf der Plattform, sind sie mit ihnen weggerannt.«
    Sie gingen am Strand entlang. Die Wellen brachen sich auf dem Sand, hart und strahlend. Das Piefel schlich sich an sie heran, um im letzten Moment wieder zurückzuweichen.
    »Was passierte, nachdem der Dämon meiner Mutter mich geholt hatte?« wollte Tanaquil wissen.
    »Gasb und seine Wachen schlugen Purzelbäume und flohen in den Palast. Ich begab
    mich zu meinem Vater. Ich dachte, das Einhorn hätte ihn getötet.« »Hatte es aber nicht.«
    »Es hatte nur die Muscheln genommen und ihm diese Narbe vermacht.« Tanaquil krampfte die Faust um die Fossilien. Sie hatte sie nie gezeigt, nie losgelassen. Was das Einhorn ihr gegeben hatte, war gewaltig. Sie konnte das Geschenk noch nicht akzeptieren; wahrscheinlich gab es einen Haken. Sie wollte ein ganz gewöhnliches Erinnerungsstück. »Mein Vater braucht mich jetzt«, erklärte Lizra. Das ist der Abschied.
    »Und du fühlst dich ihm immer noch in tief er Treue verpflichtet, nicht wahr?« fragte Tanaquil giftig. »Er ist mein Vater.« »Oh, hat er sich daran

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