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Das Maedchen und der Luegner

Das Maedchen und der Luegner

Titel: Das Maedchen und der Luegner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bjenlund
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sich ein anderes Gesicht vor das ihres einstigen Freundes.
    »Ich habe niemanden«, sagte sie leise, »Aber ich wollte Sie etwas fragen, Frau von Tarlton. Der Mann, Ihr Gärtner, arbeitet er schon lange für Sie? Ich meine, ich will ja nicht neugierig sein, doch mir ist aufgefallen, dass er sich mit ziemlicher Selbstverständlichkeit im Haus bewegt.«
    Lavinia wurde ganz flau im Magen. Jetzt hieß es, jedes Wort auf die Goldwaage legen. Und genau das hatte sie sich ersparen wollen. In Gedanken drehte sie ihrem Enkelsohn gerade den Hals um, schaffte es aber dennoch, freundlich zu lächeln . »Oh, Sie meinen Severin. Ja, er ist schon sehr lange hier. Ich kenne ihn, seit er ein kleiner Junge war. Warum fragen Sie?«
    Tanja errötete, und sie war froh, dass Lavinia es nicht sehen konnte. »Es war nur so ein Gedanke«, antwortete sie. »Er ist mir nämlich nicht ganz unbekannt.«
    »Wie bitte?« Der alten Dame verschlug es fast die Sprache. »Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass Sie Severin kennen?« Ihr wurde es ganz heiß bei der Vorstellung, von Tanja womöglich bei einer Schwindelei ertappt worden zu sein. »Möchten Sie es mir nicht näher erklären?«
    Tanja lachte leise, wurde jedoch sofort wieder ernst. »Es war im ausklingenden Winter. Damals, als in Olsdorf diese schlimme Überschwemmung war.«
    Lavinia hielt Tanjas Hand noch ein wenig fester. »Es waren furchtbare Tage«, sagte sie und war mit ihren Gedanken plötzlich ganz weit fort. »Ich habe zwar alles nur von meinem Fenster aus mitbekommen, doch das was mein ... was Severin erzählt hat, war so entsetzlich, dass ich nachts nicht mehr schlafen konnte. Sehen Sie den rotgetigerten Kater da vorn bei den anderen Katzen? Das ist Toby! Ihn hat Severin gerade noch aus den Fluten retten können. Doch so viele andere Tiere haben den Tod gefunden. Sogar im Fernsehen wurde über dieses Unglück berichtet.«
    »Ich weiß«, gestand Tanja. »Da habe ich Ihren Gärtner auch zum ersten Mal gesehen. Deshalb war ich auch ganz überrascht, als ich ihn hier wieder traf.« Wohlweislich verschwieg sie, dass dieser fremde Mann wochenlang nachts durch ihre Träume gegeistert war. Und sogar ihre Tagträume hatte er mit Beschlag belegt.
    »Severin war im Fernsehen? Das wußte ich ja gar nicht. Erzählen Sie, Kindchen, erzählen Sie. Es tut sich so selten etwas Aufregendes in dieser Gegend, dass ich dankbar bin für jede Neuigkeit. Sie haben Severin wirklich im Fernsehen gesehen?«
    »Ich bin ganz sicher, dass er es war. Er hielt eine Katze im Arm, eine nasse, verängstigte Katze. Ich weiß zwar nicht, ob es Toby gewesen ist, doch möglich wäre es schon. Es hat mich so beeindruckt, mit welch einer Freude dieser Mann das Tier an sich drückte, damit es nicht wieder ins Wasser abrutschte. Ich liebe Tiere nämlich ebenfalls sehr«, fügte sie als Erklärung hinzu.
    »Das dachte ich mi r schon, Kindchen. Ich habe es Ihnen angesehen, Sie haben etwas Gutes in den Augen. Und dass Sie sich ausgerechnet um mich alte Frau kümmern, bestätigt meinen ersten Eindruck. Wenn Sie möchten, können Sie den Rollstuhl eine Weile hier parken«, tat sie betont burschikos.
    »Sie können sich dann in Ruhe alles ansehen und auch zu den Kätzchen hinübergehen. Vielleicht möchten Sie Toby ja guten Tag sagen, nachdem Sie auch ihn schon aus dem Fernsehen kennen.«
    Tanja lachte hell auf, kam jedoch sofort dem Wunsch der alten Dame nach. »In fünf Minuten bin ich wieder zurück!« rief sie und lief los.
    Als sie sich den vier Kätzchen bis auf wenige Meter genähert hatte, verlangsamte sie ihren Schritt, redete leise auf die Tiere ein und streckte die Hand aus, um ihnen zu zeigen, dass sie keine bösen Absichten hatte.
    Und tatsächlich, die Kätzchen blieben sitzen. Toby, der getigerte Kater, schien sogar auf Anhieb Gefallen an Tanja zu finden. Eben noch hatte er sich geputzt, und jetzt warf er sich mit lautem Schnurren auf die Seite, ohne Tanja dabei aus den Augen zu lassen.
    Liebevoll streichelte die junge Frau das seidige Fell des Katers. Sie sagte ihm leise, schmeichelnde Worte, und Toby zeigte sein Wohlbefinden, indem er ihr beide Vorderpfoten auf die Hand legte und dabei laut schnurrte. Auch die drei anderen Kätzchen kamen jetzt heran und inspizierten das Mädchen neugierig.• Lavinia von Tarlton beobachtete interessiert die Reaktion der Tiere. Das Herz ging ihr auf vor Freude, dass Tanja solch ein liebenswertes Menschenkind war.
    Wieder einmal wunderte sie sich über ihren Enkel, denn

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