Das Mädchen und der Schwarze Tod
Hilfe suchend zu Pater Martin, den sie ja auch erst kürzlich überzeugt hatte, und begann: »Der Pater und ich vermuten, dass Gunther von Kirchow keinem Unfall erlegen ist.«
Verständnislos blickte der rundliche Bruder von einem zum anderen. »Kein Unfall? Was dann?«
Martin sprach leise aus, was Marike nicht über die Lippen bekam: »Wir fürchten, jemand hat ihn erschlagen.«
»Erschlagen?« Marike hörte den schrillen Ton in der sonst so sanften Stimme des Bruders. »Wer sollte denn wohl … wer könnte denn... Wie, um Himmels willen, kommt ihr denn darauf? Ich hoffe, ihr habt einen guten Grund für Eure Vermutung, Pater!«
Marike schrumpfte innerlich ein wenig zusammen, denn eigentlich war das ja ihre Vermutung, und der Pater verließ sich darauf, dass ihre Ahnung zutraf.
»Nein, die haben wir nicht, Bruder Anselmus«, erklärte Pater Martin. »Alles, was wir haben, ist ein Mann, der einem merkwürdigen Unfall erlag, ein Testament, das allzu passend kurz vor dem Tod ausgestellt wurde, und eine Wunde, die kaum erklärt, wie der Mann sie sich zugezogen haben soll.«
Der glatzköpfige Hospitalmeister runzelte die Stirn. »Das ist wahrlich nicht viel. Nicht genug, um damit zum Fron zu gehen.«
»Nein, das nicht. Aber es gibt vielleicht einen Weg, wie wir mehr herausfinden können«, warf Marike ein.
»Einen Weg? Welchen?« Die beiden Geistlichen starrten sie fragend an, Anselmus misstrauisch, Martin warnend.
»Ihr seid doch als Pestilentiarius sicher auch zu von Calven gerufen worden, oder?«
»Ja, das bin ich. Allerdings nicht in die Schildstraße. Der Leib liegt in der Ratskapelle in der Marienkirche. Er ist ein Bürgermeister, von dem alle Abschied nehmen wollen …«
»Marike!«, mahnte Martin sie scharf. »Warum sollte der Bruder das wohl tun, wenn er uns schon so nicht glaubt?«
Marike versuchte zu erklären. »Weil es doch beweisen könnte -«
Doch Bruder Anselmus schüttelte verwirrt den Kopf. »Was sollte der Bruder wohl nicht tun? Ich kann Euch nicht folgen. Was hat Bürgermeister von Calven, Gott sei seiner Seele gnädig, damit zu tun?«
»Wir vermuten, er ist von demselben Mann getötet worden«, sprach Marike leise.
Der Bruder starrte sie und Martin nur lange abwechselnd an. Schließlich schüttelte er unwirsch den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass ihr das wirklich ernst meint. Martin, deine Liebe zu diesem Mädchen hat dich blind werden lassen. Warum lässt du dir einen solchen Bären aufbinden?«
Der weißhaarige Pater legte den Zeigefinger auf die Lippen, wie er es oft tat, wenn er über fremde Argumente nachdachte. »Weil es kein Bär ist, Bruder. Wenn du ihrem Gefühl nicht vertraust, so wie ich, dann höre wenigstens auf meinen Verstand. Es geschehen zu viele windige Unfälle in letzter Zeit.«
»Zwei einflussreiche Menschen, die die Wege desselben Mannes kreuzen und dann plötzlich sterben? Das ist mehr als ein Zufall«, fügte Marike ein.
»Welchem Mann?«, fragte Bruder Anselmus erstaunt. »Davon habt ihr noch nichts erzählt!«
»Weil wir noch keine Beweise haben, Bruder«, erläuterte Martin und warf Marike mal wieder einen strafenden Blick zu. »Wir wollen uns nicht der üblen Nachrede schuldig machen, wenn wir falsch liegen.«
»Das verstehe ich«, murmelte Anselmus. Er ging ein paar Schritte auf und ab, während die alten Insassen vom Friedhof kamen und durch die Seitenpforte im Langen Haus verschwanden. »Erschlagen!« Der Bruder schüttelte ungläubig den Kopf. »Als geschähe nicht schon genug Übel in der Welt! Und ihr glaubt, an von Calvens Leichnam ließe sich vielleicht ein Hinweis auf den Schurken finden?«
»Ja, wir glauben das«, bekannte Marike ganz frei. »Aber wir wissen es nicht. Deshalb müssen wir ihn untersuchen.«
»Wir?«, fragte Anselmus entsetzt. Seine sonst so ruhige Stimme kündete schrill davon, wie sehr ihn das alles erregte. »Ihr wollt den Bürgermeister selbst beschauen?«
»Nicht, wenn Ihr es nicht gestattet«, setzte Marike hastig hinzu. Martin aber meinte: »Es reicht, wenn du nach Verletzungen Ausschau hältst, wenn du ihn wäschst, Bruder. Nun, da du von dem Verdacht weißt …«
»Ihr könnt mich nicht begleiten«, sprach Anselmus hastig. »Das geht nicht.«
»Das stimmt«, bekannte Marike. »Wenn sie uns beobachten …«
»Sie?«, fragte der Meister ängstlich. »Es sind also mehrere?« »Ja, Bruder Anselmus. Es sind sicher mindestens zwei bis drei Männer. Möglicherweise gar eine ganze Bruderschaft.«
Der rundliche sanfte
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