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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Tanze drängt, jetzt, wo Eure schöne Buhlin doch längst abgereist ist.»
    Augenblicklich griff der Herzog nach seinem Prunkdegen, und jedermann glaubte, nun würde es mitten im Speisesaal zum Zweikampf kommen. Niemand sprach, alles verharrteregungslos an Ort und Stelle, es schien, als habe ein unsichtbarer Zauberer Zeit und Raum zum Stillstand gebracht. Erst die kleine Anna erweckte die Szenerie wieder zum Leben. Unter lautem Schluchzen kam sie hereingestolpert, das Hündchen Fortunatus an ihrer Seite. Ganz jämmerlich rief sie nach ihrer Mutter.
    «Ja, Sackerment, was soll jetzt das?» Ulrich schleuderte seinen Degen in die Ecke. «Wo ist die Amme? Wo ist die Kindsmagd? Bringt sofort das Kind weg! Und den Mistköter auch!»
    Wütend starrte er die beiden Frauen an, die jetzt völlig verschreckt und bereits im Nachtrock auf der Schwelle erschienen. Seine Tochter bedachte er mit keinem Blick.
    «Die Prinzessin hat wohl bös geträumt», stotterte die Amme. «Und wer die Türen vom Frauenzimmer offen gelassen hat, wissen wir nicht.»
    «Schon recht.» Sabina nahm das aufgebrachte Kind auf den Arm. «Ich bring sie zurück ins Bett.»
    Am liebsten hätte Sabina sich an die Seite des kleinen Mädchens gelegt und neben ihr die restliche Nacht verbracht, so wenig Lust verspürte sie, zu der missratenen Feier zurückzukehren. Aber sobald sie die Augen schloss, sah sie das wollüstige Paar im Dunkel der Waldhütte vor sich. So schamlos also trieben sie es vor aller Augen im Marschallenhaus, zumindest vor aller Ohren, denn dass dieses Gegrunze und Liebesgestöhn irgendwem verborgen blieb, konnte ihr keiner weismachen. Wie ekelhaft! Und was für ein jämmerlicher Wicht war doch bei alledem Hans von Hutten, dieser willenlose Bettseicher. Nur gut, dass er und sein Hurenweib ihr fürs Erste aus den Augen waren.
    Sie gab sich einen Ruck. Es half ja alles nichts. Sie war die Schwägerin der Braut und konnte sich nicht einfach am letztenAbend davonschleichen und der jungen Gräfin vollends die Hochzeit verderben. Im Gegenteil: Von ihr als Fürstin erwartete man, dass sie die Wogen glätten half. Nicht zuletzt war es auch Dietrichs letzter Abend, morgen früh würde er für einige Wochen zum Kaiser nach Innsbruck reiten, um irgendwelche Grenzstreitigkeiten zu schlichten.
    Als sie die Treppe zum Festsaal hinaufstieg, brandete ihr laute Tanzmusik entgegen. Der Türwächter ließ sie ein, und sie sah mit Erleichterung, dass der böse Vorfall von eben vergessen schien. Auf der einen Seite die Herren, auf der andern die Damen, schritten Alt wie Jung im Takt der Pavane aufeinander zu und wieder voneinander weg. Sabina reihte sich ein zwischen einer ihrer Hofdamen und Anne Vauttin, ihr gegenüber der Herzog. Der gab jetzt ein Zeichen an die Spielleute, und sofort ging der würdevolle Schreittanz in das ausgelassene Springen der Gaillarde über. Am wildesten mischte Ulrich selbst mit: Er stampfte mit den Füßen, rechts und links, rechts und links, und wann immer seine Hände frei waren, schlug er sie zu einem lauten Klatschen zusammen, bis es ihm alle andern nachtaten. Wenn dieser übertriebene Frohsinn nur ja nicht umschlug in sein Gegenteil. Unwillkürlich suchte Sabinas Blick den des Ritters, der blinzelte ihr zu und ließ sie fortan nicht mehr aus den Augen.
    In den kurzen Tanzpausen wurde ihnen gekühlter Weißwein zur Erfrischung gereicht. Schon bald gingen die höfischen Tanzweisen in ganz und gar volkstümliche über, und aus den geordneten Reihen bildeten sich, immer wieder aufs Neue, Paare wie bei einer Bauernhochzeit. Je näher es dann gegen Mitternacht ging, desto enger fanden sich, in ausgelassenem Hüpfen, Drehen und Wälzen, Mann und Frau zusammen.
    Obwohl Sabina sich sowohl von ihrem Gemahl als auchvon Dietrich Speth möglichst fernhielt, gelang es dem Ritter irgendwann, sie bei den Händen zu halten. Mindestens ebenso leichtfüßig wie die Damen im Saal bewegte er sich zum Takt der Schellentrommel und Lautenschläger. Ulrich sah mit verkniffener Miene herüber.
    «Gänzlich entkommt Ihr mir nicht», flüsterte Dietrich.
    «Für einen Lehnsmann unseres Fürstenhauses und meiner Person als Herzogin redet Ihr ausgesprochen keck daher.» Sabina versuchte, streng zu klingen.
    «Ganz im Gegenteil, Hochgeborne Fürstin und Herrin. Ich verehre und bewundere Euch von ganzem Herzen, wie es einstmals in der alten Ritterherrlichkeit gang und gäbe war. Und wäre ich ein Künstler des Wortes, so wäret Ihr das Ziel meiner

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