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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Minne.»
    «Und Ihr säßet Tag und Nacht mit der Gambe unter meinem Fenster.» Wider Willen musste sie lachen. «Ach, Dietrich, ich wollte, ich könnte auch mit meinem Gemahl solche Scherzworte austauschen.»
    «Verzeiht, Herrin, aber mir waren das keine Scherzworte. Hätte nicht schon eine andere Dame mein Herz, dann   –» Er unterbrach sich, denn Ulrich tanzte mit einer der Brautjungfern dicht an ihnen vorüber.
    Sabina entzog ihm ihre Hände und legte sie stattdessen auf seine Hüften, wobei sie ihm ein Stück weit näher kam.
    «Was – dann?!»
    Herausfordernd sah sie ihn an. Der viele Wein war ihr zu Kopf gestiegen, aber sie fühlte sich wunderbar. Wie sehr es sie plötzlich drängte, ihn an sich zu ziehen und diese vollen, zärtlichen Lippen zu küssen!
    Bevor Dietrich antworten konnte, wurde ihr Arm jäh nach hinten gerissen, und Ulrich zerrte sie so rüpelhaft quer über die Tanzfläche, sodass sie strauchelte.
    «Aus! Aufhören! Der Tanz ist zu Ende!»
    Es dauerte seine Zeit, bis in dem rauschhaften Trubel auch der Letzte begriffen hatte, was hier geschah. Da baute sich Dietrich vor seinem Herzog auf, und Sabina sah ihm an, dass er sich nur mühsam beherrschte.
    «Lasst sie los, Herr. Als Euer Freund bitte ich Euch: Lasst sie los!»
    «Halt dein Maul, Dietrich, und verschwinde nach Innsbruck, ehe ich mich vergesse. Mich so vor aller Augen zum Hahnrei zu machen! Der Kopf gehört dir dafür abgeschlagen! Und du», schrie er jetzt Sabina an, «wirfst dich wie eine mannstolle Gänsmagd meinem Knecht an den Hals! Hat euch alle der Hafer gestochen?»
    Der Ritter wollte etwas erwidern, doch Sabina war schneller.
    «Euch hat der Hafer gestochen, nicht mich oder Euren Erbtruchsess.» Ihre Stimme zitterte, und sie musste an sich halten, dass sie nicht ebenso losschrie wie Ulrich. «Ein Tanz unter Freunden ist nichts Unschickliches. Ganz im Unterschied zu dem, was Ihr seit Jahren treibt. Ich weiß wohl, was da im Marschallenhaus vor sich geht, jeder bei Hofe weiß das. Wahrscheinlich zerreißt man sich schon im ganzen Reich über uns das Maul. Zum Gespött der Leute macht Ihr mich damit! Ich sag Euch zum letzten Mal», nun wurde sie doch lauter, «stellt das sofort ab mit diesem Weib!»
    Da schlug Ulrich ihr vor aller Augen ins Gesicht. Wieder und wieder schlug er sie, bis Dietrich ihm in den Arm fiel und es zu einem Gerangel zwischen den beiden Männern kam.
    Hinter einem Schleier von Tränen sah Sabina, dass sich die ganze Abendgesellschaft um sie geschart hatte. Mehr noch als der Schmerz auf ihren Wangen brannten all diese Blicke inihrer Seele, Blicke des Entsetzens, aber auch der Häme und Schadenfreude.
    Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und stürzte hinaus.

22
    In den nächsten Wochen und Monaten gebärdete sich Ulrich immer mehr wie ein Kranker. Eine fremde, unsichtbare Gewalt trieb ihn, das Misstrauen ließ ihn nicht mehr los. Nachdem Dietrich Speth Mitte Februar von seiner Innsbrucker Reise zurückgekehrt war, hatte sich der Herzog vom Ausgang der Grenzstreitigkeiten in schriftlicher Form berichten lassen; sehen wollte er seinen Erbtruchsess nicht mehr. Am selben Tag noch führte der Herzog den längst vergessenen Usus des Vorkostens wieder ein, morgens, mittags wie abends, denn er fürchtete wohl, bei jeder ihm vorgesetzten Speise vergiftet zu werden. Seine engsten Ratgeber empfing er fortan im Beisein von mindestens zweien seiner Leibwächter, die ihn auch beim Gang in die Canzlei begleiten mussten. Ganz offensichtlich vermutete er, seit Dietrichs Zusammenkunft mit dem Kaiser, einen Komplott in den Reihen seines eigenen Regiments. Der bürgerlichen Ehrbarkeit traute er ohnehin längst alles zu.
    Tatsächlich hatte Dietrich Speth bei seiner Audienz in Innsbruck nicht nur seinem herzoglichen Auftrag gemäß gehandelt, sondern offenbar auch Ulrichs unerhörtes Verhalten während der Hochzeit zur Sprache gebracht – gewiss in der ihm eigenen geschickten und vermittelnden Art. Dennoch hatte sich Seine Majestät genötigt gesehen, seinen einstigen Schützling Ulrich in einem geheimen Billet zu ermahnen. Sabina hatte hiervon bereits durch den Küchenklatsch erfahren,als Dietrich sie zwei Tage nach seiner Rückkehr persönlich aufsuchte. In der Hand hielt er ein weiteres Schreiben des Kaisers, das an Sabina gerichtet war. Er sah müde aus.
    «Verzeiht, Euer Gnaden, wenn ich Euch erst jetzt aufsuche und diese Nachricht überbringe. Doch die lange Reise – meine Familie   – Ihr wisst schon.» Er

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