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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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auf und schaffte es gerade noch zur Mauer des Kirchhofs, als sie sich in heftigen Krämpfen erbrechen musste.
    «Ich bring dich am besten nach Hause zurück. Willst du?»
    Der Lange Gilgen stand neben ihr und sah sie besorgt an. Dankbar nickte sie.
    In dieser Nacht kehrten die bösen Träume zurück.
     
    Zwei Wochen später lauerte Marx ihr auf dem Weg zum Backhaus auf.
    «Morgen ist Martini. Ich hoff mal, du weißt, wie du dich zu entscheiden hast. So einen wie mich», er lächelte breit, «kriegst du im Dorf nicht mehr.»
    Als Marie schwieg, zog er sie an sich. «Aber küssen darf ich dich doch schon mal, mein herzlieber Schatz.»
    «Das würd ich lieber nicht tun.»
    Marie fuhr herum. «Vitus!»
    Sie starrte ihn an, als sei er eine Geistererscheinung. Marx ließ sie los und wich zurück.
    «Ich dachte, du bist in der Verbannung», murmelte er.
    «Im Augenblick bin ich hier, wie du siehst. Und jetzt verschwinde. Wenn du Marie noch einmal anrührst, schneid ich dir die Ohren ab und stopf dir das Maul damit, das schwör ich dir.»
    Fluchend wandte Marx sich um und stapfte davon.
    Marie brachte kein Wort heraus. Wie gern hätte sie sich ihm in die Arme geworfen, aber der Mann, der vor ihr stand, wirkte so fremd, so erwachsen.
    «Können wir irgendwohin, wo uns keiner stört?» Seine Stimme war rau.
    «Ja.» Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. «Am besten drüben am Waldrand, am Bach, ich komme gleich nach. Ich muss erst Nele finden, damit sie sich um unser Brot kümmert.»
    Wenig später saß sie neben Vitus im Gras, unter einem mächtigen Holderbusch, der sie vor neugierigen Blicken schützte. Verlegenheit stand wie eine unsichtbare Wand zwischen ihnen.
    «Du siehst so mager aus», sagte er schließlich.
    Sie schämte sich. «Das ist, weil der Oheim fort ist», flüsterte sie. «Wir mussten unseren Acker abgeben. Aber ab morgen, ab Martini, hab ich eine Anstellung als Magd beim Schultes, stell dir vor! Da wird’s dann besser gehen. Und ich bin endlich weg von meiner Muhme.»
    «Martini», wiederholte Vitus. «Was will dieser Kerl von dir? Was faselt der von Martini?»
    «Er will mich   –» Flammende Röte stieg ihr in die Wangen. «Ach, Vitus, ich hatte doch geglaubt, du hättest mich vergessen. Ich hab doch nie wieder von dir gehört. Und dann muss ich schließlich auch für Nele sorgen. Nur deshalb hab ich dem Marx versprochen, dass ich bis Martini   –»
    Sie schwieg. Jetzt, wo Vitus neben ihr saß, kam ihr die Entscheidung für Marx so unerhört dumm vor, dass es ihr die Sprache raubte. Vitus nahm ihre Hand und sah sie bestürzt an.
    «Gütiger Himmel, dann hast du meine beiden Briefe nie bekommen?»
    Marie schüttelte den Kopf.
    «Und morgen», flüsterte er, «hättest du dich diesem Kerl versprochen!» Er zog sie fest an sich. Marie spürte seinen Herzschlag an ihrer Wange. «Dabei war ich die letzten Wochen ganz in deiner Nähe. In der freien Reichsstadt Reutlingen.»
    Marie begann zu weinen. Erst leise, dann immer heftiger, bis ihr ganzer Körper von Schluchzen geschüttelt wurde.
    «Nicht weinen.» Er küsste ihr die Tränen aus dem Gesicht und lächelte zum ersten Mal. «Ich liebe dich doch. Wir dürfen bloß die Hoffnung nicht aufgeben.»
    «Hoffnung?» Sie schluckte. «Dann bist du nicht gekommen, mich zu holen?»
    «Nein.» Er strich ihr übers Haar. «Mein Gott, wie schön du bist. So zart, so zerbrechlich. Und um den Hals trägst du meinen roten Stein. So liebst du mich also auch noch?»
    Als sie nickte, suchten seine Lippen sie zu küssen. Marie wandte das Gesicht zur Seite und hielt ihn bei den Handgelenken fest.
    «Warte. Sag mir erst, was mit dir ist. Bist du denn nicht frei?»
    Der Glanz in seinen hellbraunen Augen verschwand.
    «Ich muss vor Sonnenuntergang nach Reutlingen zurück. Ein Torwächter hat mich gegen eine kleine Handsalbe rausgelassen, als Pfand hat er meine Papiere. Aber hier auf wirtembergischen Boden kann ich sowieso nicht bleiben. Hier bin ich vogelfrei, solange meine Verbannung andauert. Jeder hergelaufene Büttel darf mich am nächsten Baum aufknüpfen.»
    Erschrocken riss Marie die Augen auf. «Du hättest nicht kommen dürfen!»
    Jetzt lachte Vitus. «So arg ist es auch wieder nicht. Ich geb schon auf mich acht. Und wie du siehst, bin ich ja gerade noch rechtzeitig gekommen. Du wirst doch jetzt auf mich warten, oder?»
    «Ja.» Sie spürte, wie ihr erneut die Tränen in die Augen stiegen. «Aber wie lange noch?»
    «Ich weiß es nicht. Mein Vater hat ein

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