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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Sippe setze alles daran, dem Herzog einen Meuchelmord nachzuweisen? Vielleicht war man ja auf der Gegenseite bereits auf der Suche nach möglichen Zeugen?
    Wäre nur Vitus noch in Reutlingen! Dann hätte sie sich zuihm und in den Schutz der freien Reichstadt flüchten können.
    Plötzlich kam ihr ein ganz ungeheuerlicher Gedanke: Sie würde die Herzogin Sabina in Urach aufsuchen! Als Landesherrin musste sie ihr Schutz geben, als Frau würde sie sie gewiss verstehen in ihrer Not, wo sie doch selbst bedroht und verfolgt war vom Herzog. Zudem würde sie ihr nun endlich die Gewandnadel zurückgeben können.
    Und noch etwas wusste Marie: Sie würde nie wieder in dieses Dorf zurückkehren. Gleich morgen würde sie sich auf den Weg machen. Über die Weinstraße, jene kleine Handelsstraße durch den Schönbuch nach Ulm, gelangte man direkt nach Urach. Das Wetter war noch mild, und wenn sie vor Sonnenaufgang losmarschierte, würde sie es schaffen bis zur Nacht.
    Nach dem Abendessen, das hier im Hause des Dorfschultes um einiges üppiger ausfiel als zu Hause, bat sie um Erlaubnis, noch für eine halbe Stunde das Haus verlassen zu dürfen. Im Eilschritt durchquerte sie das Dorf bis zu ihrem Schuppen, um den Beutel mit ihren Schätzen aus dem Versteck zu holen. Dann stieß sie einen leisen Pfiff aus, das geheime Zeichen zwischen ihr und Nele.
    Ungeduldig wartete sie, bis ihre Schwester endlich in der Dunkelheit auftauchte.
    «Gibt’s was Schlimmes», fragte Nele mit ängstlicher Stimme.
    «Pst, leise.» Marie zog sie zu sich heran. Neles Arme waren nur Haut und Knochen, und sofort überkam sie das schlechte Gewissen. Wer würde nun für das Mädchen sorgen? Nein, sie konnte Nele nicht allein lassen.
    «Hör zu, Nele, du darfst es niemandem verraten. Ich gehe fort von hier, schon morgen früh. Und du sollst mit mir.»
    «Aber – warum? Was ist passiert?»
    «Das erkläre ich dir später. Pack dein Bündel und komm morgen früh vor Sonnenaufgang zur Brücke.»
    Nele begann zu weinen. «Ich will nicht weg von hier.»
    Marie war fassungslos. Damit hatte sie nicht gerechnet. Beschwörend redete sie auf die kleine Schwester ein, doch es war nichts zu machen. Das Mädchen weinte nur noch mehr. Schließlich nahm sie schweren Herzens Abschied von ihr und machte sich auf den Rückweg. Nele schien die unbekannte Welt außerhalb ihres Dorfes noch mehr zu fürchten als die Armut und ihre jähzornige Muhme.
    Als sie am Pfarrhaus vorbeikam, sah sie Licht in der Stube. Sie zögerte einen Moment, dann klopfte sie gegen die Tür.
    Muthlein sah sie überrascht an. «So spät noch unterwegs?»
    Er bat sie herein. Marie konnte nicht anders, als ihm alles zu erzählen. Der Pfarrer war nicht wenig entsetzt.
    «Da bist du in der Tat in was Übles geraten. Vielleicht gewährt dir die Herzogin ja Schutz, sie soll alles in allem eine großherzige Frau sein. Aber wenn nicht? Was dann?»
    Marie zuckte die Schultern. «Ich muss es versuchen. Ich will ja kein Almosen von ihr, ich würde für sie arbeiten, alles tun, was sie verlangt. Wenn sie mir nur weiterhilft.»
    Erregt ging Muthlein auf und ab. Dann blieb er vor ihr stehen.
    «Vielleicht hast du es noch nicht gemerkt, Marie, aber du bist mir ans Herz gewachsen. Ich kann dich nicht allein diesen weiten Weg gehen lassen. Nie würde ich mir verzeihen, wenn dir etwas zustößt. Ich werde dich begleiten, aber gib uns einen Tag Aufschub, damit ich noch einige Dinge hier regeln kann.»
    «Ihr – wollt mich begleiten?»
    «Ja, und ich werde ebenfalls nicht hierher zurückkehren.»
    «Ist das wahr?»
    Er nickte. «Schon lange trage ich mich mit dem Gedanken, nach Wittenberg zu gehen, zu jenem Doctor Luther, von dem ich dir so viel erzählt habe. Vielleicht ist das jetzt ein Handzeichen Gottes, dass ich mich endlich entscheiden soll.»

26
    Es galt keine Zeit zu verlieren! Dietrich, der bereits auf dem Weg in sein Stammschloss Zwiefalten war, hatte ihr geraten, dem Herzog, damit er keinen Verdacht schöpfe, ihre baldige Rückkehr nach Stuttgart anzukündigen. Dann solle sie in das benachbarte Nürtingen reisen, wo Ulrichs Tante, die alte Herzoginwitwe Elisabeth, ihren Alterssitz innehatte, und auf ihn, Dietrich, warten. Der dortige Haushofmeister sei ein guter Freund, er werde sie gegebenenfalls mit Leib und Leben schützen. Und Ulrich solle sie bis zum Tage der Flucht mit der Ausrede hinhalten, die Kinder seien in Nürtingen erkrankt.
    Da hockte sie nun in ihrem kleinen Nürtinger Gastgemach zwischen den

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