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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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liebsten zugerufen, bald habt ihr wieder einen wirtembergischen Landesherrn.
    Eine Stunde später betrat sie die Feste Hohentübingen, wo der Rittersaal bereits zum Bankett gerichtet war. Ihr Herz schlug bis zum Halse, als sie ihren Bruder am Arm festhielt.
    «Ich will zuerst die Kinder sehen.»
    Wilhelm runzelte die Brauen, dann nickte er. Er gab einem der Diener einen Wink, und Sabina wurde die Treppen ins oberste Stockwerk hinaufgeführt. Vor einer zweiflügligen Tür blieben sie stehen. Helles Kinderlachen war dahinter zu hören.
    «Mach die Tür auf. Die Herzogin von Wirtemberg möchte ihre Kinder sehen», befahl der Diener dem Türknecht. Nach einer ehrfurchtsvollen Verbeugung stieß der die Flügel auf, Sabina holte Atem und – trat ein. Blickte in die Gesichter dreier Kinder, die sie erstaunt anstarrten. Sie saßen um einen Tisch, zusammen mit einer jungen Frau, und spielten mit Holzfiguren. Die beiden Knaben hatten annähernd dasselbe Alter, und erst auf den zweiten Blick erkannte sie in einem der beiden Christoph wieder. Aus dem Säugling war ein kräftiger kleiner Junge geworden, mit dichtem braunem Haar, einem energischen Kinn und vollen, leicht aufgeworfenen Lippen. Jetzt musterte er sie mit durchdringendem Blick.
    Es war das Mädchen, das die Stille durchbrach. «Mutter?», fragte es leise.
    Sabina durchfuhr es wie ein Dolchstoß, Tränen schossenihr in die Augen. Sie trat auf die Sechsjährige zu, hockte sich neben sie auf den Boden und nahm ihre Hand, eine weiche, glatte Kinderhand.
    «Erinnerst du dich denn noch an mich?»
    «Ich weiß nicht – ja – wir haben im Schnee gespielt. Aber warum weinst du?»
    «Vor Glück, mein Schatz. Weil ich Euch wiederhabe.»
    «Ich kenn dich aber nicht.» Trotzig schob Christoph die Unterlippe vor.
    «Kennst du wohl», protestierte das Mädchen. «Der kleine Mann hat uns doch immer von Mutter erzählt.»
    «Der kleine Mann?» Sabina strich ihrer Tochter zärtlich über die Wange.
    «Der Hofzwerg. Aber dann war er ganz plötzlich tot. Dabei war er immer so lustig. Und lieb.»
    «Ja, Anna, er war lieb. Dafür ist er jetzt im Himmel und schaut uns vielleicht zu. Weißt du, Christoph», wandte sie sich an ihren Sohn, «du warst zu klein, als ich weg von euch musste. Zu klein, um dich zu erinnern. Aber jetzt bin ich wieder bei euch. – Jetzt wird alles gut», fügte sie, mehr zu sich selbst, hinzu. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Da erst bemerkte sie die junge Frau, die sich erhoben und den jüngeren Knaben auf den Arm genommen hatte.
    «Kenne ich dich nicht aus Stuttgarter Zeiten? Bist du die neue Kindsmagd?»
    «Mit Verlaub, Euer Fürstlich Gnaden», mischte sich der Türknecht ein, «diese Frau da ist nur vorübergehend hier, bis wir wieder eine ordentliche Kindsmagd für den Prinzen und die Prinzessin gefunden haben. Sie ist nach der Übernahme der Feste hier eingedrungen, kein Mensch weiß wie, es war ja ein großes Durcheinander. Zu ihrem Sohn wollte sie, dem Kleinen da – und da hat man sie halt gelassen, es war ja keinerda für die Kinder, die alte Kindsmagd und die Amme sind verschwunden. – Und jetzt hinaus mit dir, samt deinem Balg», befahl er der Frau mit barscher Stimme. «Lass Ihre Fürstliche Durchlaucht allein.»
    «Die Befehle erteile ich», fuhr Sabina ihm über den Mund. «Wartet draußen vor der Tür, bis ich Euch rufe.»
    Als der Knecht draußen war, fragte sie: «Wie heißt du?». Sie wusste mit einem Mal genau, wer da vor ihr stand.
    «Marie.»
    «Komm, lassen wir die Kinder weiterspielen und setzen wir uns drüben an den Ofen.»
    So jung und schon Mutter, dachte Sabina. Und: Wie schön ihre blonden Haare sind.
    «Du warst das damals am Burgtor in Nürtingen, nicht wahr?»
    «Ja, Herrin.»
    «Ist das dein Sohn?»
    «Ja, Herrin.»
    Die nächste Frage zu stellen fiel Sabina schwer.
    «Warst du es auch, die Herzog Ulrich in Stuttgart gefangengehalten hatte?»
    Sabina sah, wie das Mädchen stumm nickte, und eine abgrundtiefe Scham überkam sie. Warum hatte sie ihr damals den erflehten Beistand verweigert? Sie hätte sie in Sicherheit bringen müssen.
    «Du musst eine schwere Zeit gehabt haben», sagte sie leise. «Und gewiss fällt es dir schwer, darüber zu reden. Aber eines muss ich noch wissen.» Jetzt flüsterte Sabina. «Man sagt, dein Kind sei vom Herzog. Ist das wahr?»
    Marie schüttelte den Kopf. «Das dachte ich selbst lange Zeit. Aber es ist von – von einem andern Mann.»
    Sie schwieg.
    «Wie heißt der Junge?», fragte

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