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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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beeilte sich, hinter seiner Wand aus Schüsseln und Töpfen hervorzukommen, unter demütigen Bücklingen, um seine Irdenware in den höchsten Tönen zu preisen. Derweil waren die ersten Mägde bereits auf die Knie gefallen, die Mädchen und Burschen wagten aus ihrer Verneigung gar nicht mehr aufzublicken oder hielten sich ungläubig die Hand vor den Mund.
    «Nehmt dies zum Geschenk, durchleuchtig hochgeborene Fürstin. Ich bitte Euch untertänigst darum.»
    Der Hafner streckte ihr ein hübsches Krüglein entgegen, das mit den wirtembergischen Hirschstangen bemalt war. Seine Hände zitterten vor Aufregung. Unentschlossen sah Sabina erst ihre Kinderfrau, dann den Hafner an. Ihr war nicht wohl in dieser gespannten Stille, unter den Blicken all dieser Menschen. Da stand sie nun, inmitten ihrer Untertanen, und konnte doch mit keinem ein vernünftiges Wort wechseln. Regelrecht erschrocken wirkten die Leute. Schließlich nahm Sabina das Geschenk entgegen.
    «Ein schönes Stück – habt ganz herzlichen Dank. Wie ist Euer Name?»
    «Pirmin Isele, Euer Gnaden.»
    «Dann wünsch ich Euerm Handwerk und Euren Geschäften weiterhin gutes Gelingen, Meister Isele. Wir aber müssen weiter. Gott zum Gruße.»
    Der Zwerg nahm seiner Herrin das Krüglein aus der Hand und verneigte sich bis zum Boden: «Gott zum Gruße, Irmin Piesele, und ein gutes Geschlinge mit Eurem Gewerke. Für jeden Tropf den richtigen Topf, für jeden Lumpen den richtigen Humpen.»
    «Seid Ihr wohl still», zischte Lioba und packte ihn unsanft bei der Hand, um Sabina zu folgen. Die war schon unterwegs in Richtung Herrenhaus, dem prächtigsten Bau am Markt, der mit Pranger und Narrenhäuschen, Schnappgalgen und hölzernem Esel vor seinen Toren nicht nur als Malefizhaus diente, sondern auch als Kaufhaus der Bäcker, Metzger, Tuchmacher und Gerber.
    Sie traten in den Schatten der Arkaden.
    «Gehen wir zur Brotlaube», sagte Sabina. «Mir steht der Sinn nach frischen Weißwecken.»
    Nach einem kurzen Gespräch mit der vor Aufregung stotternden Bäckersfrau zogen sie sich in den hintersten Winkel der Laubengänge zurück, um in Ruhe ihr duftendes Backwerk zu genießen. Da hastete im Halbdunkel ein älterer Herr an ihnen vorbei, blieb abrupt stehen und wandte sich dann unsicher um.
    «Trügen mich meine alten Augen, oder seid Ihr es wirklich, Euer Fürstlich Gnaden?» Tief zog er den Hut.
    Nun erst erkannte Sabina den ehrwürdigen Doctor Johannes Reuchlin, und ihr erster Unwillen über die Störungschlug um in Wiedersehensfreude. Rasch drückte sie Lioba ihren halben Wecken in die Hand.
    «Seid herzlichst gegrüßt, lieber Doctor Reuchlin. Was für eine Überraschung.»
    «Ich glaube es nicht!» Das freundliche alte Gesicht strahlte. «Euch hier inmitten der Lauben des Herrenhauses zu treffen, mitten im Gewühl! Wo habt Ihr denn Euer Gefolge?»
    Sabina lachte leise. «Die Gesellschaft meiner Kinderfrau reicht mir vollkommen, dazu steh ich noch im Schutze meines Hofnarren – da braucht’s kein Gefolge.»
    «Da mögt Ihr recht haben.» Reuchlin nickte Lioba freundlich zu, dann verbeugte er sich mit ernster Miene vor dem Zwerg. «Gott zum Gruß, Meister Trummelschlager. Gebt gut acht auf Eure edle Herrin.»
    «Da könnt Ihr Eure Zipperlein drauf verwetten, Doctorissimus.» Swinhardus nahm Lioba den angebissenen Wecken aus der Hand und vertilgte ihn in Sekundenschnelle.
    «Denkt Euch, Euer Gnaden, eben bin ich auf dem Weg zum Schloss. Mit einer Einladung an Euch und an den Herzog.»
    «Eine Einladung?»
    «Ja, für nächsten Sonntag, nach der Frühmesse. Zu einer Aufführung meiner Komödie
Henno
im Hause von Hofrat Lorenz von Westerstetten. Na, da kann ich’s ja ebenso gut Euch in persona überreichen.»
    Er nestelte unter seinem Umhang und übergab ihr eine Papierrolle.
    «Das ist wunderbar! Ich habe noch nie ein Theaterstück gesehen. Und dazu noch aus der Feder eines uns bekannten Dichters und Gelehrten.»
    «Nun, nun   –» Der Doctor hob abwehrend die Hände. «So großartig ist das Ganze nicht. Aber ich würde mich überausfreuen, wenn Ihr kommt. Dann könnte ich Euch auch meine liebe Frau vorstellen.»
    «Ich für mein Teil nehme die Einladung sehr gerne an.» Sabina reichte ihm die Hand. «Für meinen Gemahl kann ich nicht sprechen. Wie Ihr ja wisst, ist er viel unterwegs.»
    Aber wie es der Zufall weiterhin wollte, trafen sie im Burghof auf Herzog Ulrich. Einer seiner Trabanten half ihm eben vom Pferd.
    «Die Spatzen pfeifen’s von den Dächern.»

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