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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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lächelte Sabina dem Erbtruchsess zu, dann ergriff sie Huttens Hand.
    «Ich habe gehört, was Euch zugestoßen ist. Das tut mir von Herzen leid.»
    «Meine eigene Dummheit. Ich wusste schließlich, was für ein Teufelsbraten dieser junge Hengst ist. Schade nur, dass ich Euch nicht begleiten kann.»
    Sabina lächelte. «Das ist es wirklich.»
    Damit hatte sie nicht einmal gelogen. Sie hätte viel um die Begleitung des unbekümmerten, liebenswerten Stallmeisters gegeben. Bei dem Gedanken, mit dem Ritter allein zu sein, ergriff sie plötzlich eine ungewohnte Befangenheit.
    «Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr Euch mit mir langweilt?» Dietrich blickte ihr in die Augen, um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln. In diesem Moment brachten die Knechte ihre Pferde vor das Podest. Noch bevor ihr Page ihr beim Aufsitzen zur Hand gehen konnte, führte Dietrich sie zu ihrem Schimmel und hielt ihr den Steigbügel.
    «Es hat sich schon herumgesprochen, dass Ihr Euch weigert, im Seitsitz zu reiten.»
    «Ach ja? Bei uns in München reiten nur alte Weiber oder Hasenfüße im Damensattel.»
    «Bei uns in München», wiederholte er leise. Dann schüttelte er den Kopf. «Wie wenig Ihr Euch doch zu Hause fühlt hier in Stuttgart.»
    Sabina erwiderte nichts. Als sie sich auf den Pferderücken schwang, berührte er einen Lidschlag lang ihre Hüfte. Ganz deutlich hatte sie die Wärme seiner Hand gespürt.
    Dann bestiegen auch Dietrich, sein Leibdiener und der Page die Pferde, und sie trabten zur Stadt hinaus.
    Nicht in die Weinberge oder zum Neckar hin ging es an diesem Tag, sondern immer höher hinauf, in die schattigen Wälder. Der Leibdiener ritt voraus, der bewehrte und gerüstete Junker hinterdrein, und Dietrich selbst hielt sich dicht neben Sabina. Hin und wieder wurde der Weg so schmal, dass ihre Beine gegeneinanderstießen.
    «Falls es zum Regnen kommt», erklärte Dietrich, «finden wir hier im Wald genügend Unterstände. Außerdem will ich Euch einen wunderbaren Aussichtspunkt zeigen. Vielleicht kann das ja ein wenig dazu beitragen, dass Ihr Euch mit Eurer neuen Heimat anfreundet.»
    Eine Stunde später führten sie ihre Pferde am Zügel ein letztes Steilstück hinauf, dann lichtete sich der Wald, und sie standen auf einer kleinen runden Hochfläche, hoch über dem Stuttgarter Kessel, in dessen Senke, inmitten satten Grüns, sich die Residenz ausbreitete. Deutlich erkannte sie das Oval der Kernstadt mit dem Markt als ihrem Mittelpunkt und der doppelten Mauer mit Graben und Wall – zum Greifen nahe und doch so tief unter ihnen.
    Dietrich führte sie an den äußersten Rand des Bergsporns, wo ein breiter Stein zum Sitzen einlud. In diesem Augenblick riss der Himmel, der zum Neckartal hin immer dunkler wurde, genau über der Stadt auf. Sonnenstrahlen fuhren wie gleißende Speere aus dem Gewölk und ließen die Dächer, Türme und Häuserwände in brennenden Gelb- und Rottönen leuchten. Hier und da glitzerten die Wasser von Bach und Seen wie hingeworfene Kristalle.
    «Herrlich!», sagte Sabina nach langem Schweigen. Dann lachte sie. «Wie habt Ihr das gemeistert, dass genau jetzt die Sonne durchbricht?»
    «Na ja – manchmal erfüllt einem der Herrgott dort oben halt doch mal einen Herzenswunsch. Und meiner war, Euch Stuttgart im schönsten Licht zu zeigen. Um Euch ein wenig abzulenken vom Heimweh. Das habt Ihr noch immer, nicht wahr?»
    Sabina sah zu Boden. Hatte dieser Mann an einem einzigen Abend erkannt, wie fremd und elend sie sich oft fühlte? Dabei hatte sie sich gestern, so meinte sie zumindest, gegenüber Gastgeber und Gästen völlig beherrscht gegeben, gerade so, wie es sich einer Fürstin ziemte.
    «Gar so arg ist es nicht», sagte sie. «Außerdem», sie sah auf und beobachtete Fortunatus, der bis zum Hinterteil in einem Fuchsloch verschwunden war, «habe ich doch meinen treuen und lustigen kleinen Gefährten. Dank Euch.»
    Sie stieß einen kurzen Pfiff aus. Stück für Stück arbeiteten sich Hinterteil und Rücken des Hundes rückwärts aus dem Loch heraus, endlich erschien auch der Kopf, ein kurzes Bellen, und Fortunatus kam auf sie zugeschossen. Vor ihren Füßen warf er sich auf den Rücken, und Sabina kraulte seinen rosigen Bauch.
    «Seht Ihr? Lustig und treu.»
    «Eine Frau wie Ihr, zumal eine Fürstin, sollte nicht nur einen Hund zum treuen Gefährten haben.»
    Sie zuckte die Achseln. «Manche Dinge lassen sich nicht erzwingen.»
    «Erzwingen sicher nicht. Aber beeinflussen. Ich weiß, es steht mir keineswegs zu,

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