Das Mädchen und die Herzogin
blickte er auf.
«Was führt Euch so früh hierher?»
«Verzeiht die Störung. Ich möchte Euch ein Geschenk machen.»
«Ein Geschenk? Was soll das?»
Ihr Lächeln gefror angesichts der finsteren Miene Ulrichs. Sie legte ihm das Päckchen auf den Tisch. «Ich hoffe, es gefällt Euer Lieb.»
Mit gerunzelten Brauen schlug er das Samttuch auseinander. Und tatsächlich ging ein Anflug von Lächeln über seinGesicht, als er mit den Fingern über die edle Schmiedekunst strich. Dann faltete er das Tuch wieder zusammen und erhob sich abrupt.
«Und was soll das Ganze? Ihr macht mir doch nicht umsonst ein so kostbares Geschenk?»
«Wisst Ihr denn nicht, was für ein Tag heute ist?»
Verständnislos sah er sie an und schüttelte den Kopf. «Nein. Und es ist mir auch gleich, solange es nicht der Tag des Jüngsten Gerichts ist.»
«Heute ist – Euer Namenstag. Der Tag des heiligen Ulrich.»
«Namenstag? Ulrich?»
Als habe man ihn zur Ader gelassen, war des Herzogs Gesicht plötzlich kreidebleich.
«Was weißt du schon über meinen Namenstag? Verschwinde! Mitsamt deinem dämlichen Geschenk.»
Entsetzt wich Sabina zurück.
«Aber, Euer Liebden, herzliebster Mann –»
«Hinaus, habe ich gesagt! Und dass du nie wieder uneingeladen in meinen Gemächern auftauchst!» Er schleuderte ihr das Päckchen zu Füßen. In seinen Augen standen die Tränen. «Und das nimm wieder mit. Kannst es ja deinem neuen Gefolgsmann Dietrich vermachen.»
Sie rannte durch die sich öffnende Tür in den Gang hinaus und wäre hinter der Schwelle beinahe über Swinhardus gestolpert, der samt seinem scharlachroten Daunenkissen, das er immerfort mit sich herumschleppte, auf dem Boden lag. Ganz offensichtlich hatte er gelauscht. Ohne ihn zu beachten, rannte Sabina weiter, ins Treppenhaus, die Stufen hinauf ins Frauenzimmer, hörte dabei hinter sich das Getrappel kleiner Füße.
«Wartet.» Der Zwerg griff nach ihrer Hand und zwang sie mit erstaunlicher Kraft, stehenzubleiben.
«Lasst mich, Swinhardus. Ich will allein sein.»
«Das dürft Ihr sogleich, allerliebste Herrin. Nur eines: Ihr habt einen Fehler gemacht, den solltet Ihr niemals wiederholen.»
Er schob sich die Kappe aus der Stirn und sah sie aus seinen runden Kinderaugen beschwörend an.
«Erwähnt niemals mehr seinen Namenstag.»
Am selben Nachmittag meldete sich überraschend Dietrich Speth im Frauenzimmer an und bat, seine Aufwartung machen zu dürfen. Die Hofmeisterin persönlich führte ihn in Sabinas Stube, unter höchst missbilligendem Blick.
Dietrich trat vor den Lehnstuhl, in dem Sabina mit dem Hündchen auf dem Schoß saß, und verneigte sich tief.
«Verzeiht, gnädige Herrin, wenn ich Euch zur Ruhezeit störe.»
Sie deutete auf den Stuhl neben sich.
«Bitte setzt Euch. Ihr stört nicht. Was ist mit Euch, Notburga Dörrin? Wolltet Ihr nicht nach den Jungfern sehen?»
Der ohnehin schmale Mund der Hofmeisterin wurde zu einem Strich. «Ganz, wie Ihr meint, hochwohlgeborne Fürstin. Ganz, wie Ihr meint.»
Nachdem die Dörrin die Tür hinter sich zugezogen hatte, setzte sich Dietrich und sagte:
«Heute Morgen ist mir, ob zufällig oder nicht, der Hofzwerg begegnet und hat mir von dem Gefühlsausbruch des Herzogs erzählt. Ich denke, ich sollte Euch das näher erklären.»
«Gibt es dafür überhaupt eine Erklärung? Ist es nicht eher so, dass der Herzog mich als Gemahlin ablehnt? Dass alles, was ich unternehme, falsch ist?» Ihre Stimme begann zu zittern.
«Nein, so dürft Ihr das nicht sehen. Was den heutigen Morgen betrifft – da hattet Ihr, ohne es zu wissen, eine wunde Stelle getroffen. Leider eine von vielen», setzte er leise hinzu.
Sabina schwieg.
«Erlaubt Ihr mir, dass ich Euch ein paar Dinge erzähle?», fragte er. Als sie schließlich nickte, fuhr er fort: «Ihr habt nun schon mehrfach selbst erlebt, dass Herzog Ulrich kein einfacher Mensch ist. Doch glaubt mir, fast immer reut ihn im Nachhinein seine Grillenhaftigkeit. Ich weiß das selbst am besten.»
Ein flüchtiges Lächeln erschien auf seinen Lippen.
«Vieles liegt in seiner unglückseligen Kindheit begründet. Von daher stammt auch die tiefe Abneigung gegen seinen Namen. Wärt Ihr nur ein wenig länger hier bei Hofe, dann wüsstet Ihr, dass sein Namenstag niemals gefeiert werden darf.»
«Aber warum nur?» Ihr Zorn und Trotz wichen, ohne dass sie es wollte, einer gewissen Neugier.
«Wusstet Ihr, dass Euer Gemahl eigentlich gar nicht Ulrich heißt?»
«Er heißt gar nicht
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