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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Geschwister, den eigenen Vater! Könnt Ihr mir das, als des Herzogs ach so enger Freund, erklären? Könnt Ihr mir erklären, warum?» Ihre Stimme bebte.
    Dietrich suchte nach Worten. «Er schämt sich für seine Familie. Und er hält seinen Vater mittlerweile in der Tat für verwirrt. Daher entlässt er ihn auch nicht aus der Verbannung.»
    «Ulrich hat ein Herz aus Stein!»
    Warum erfuhr sie das alles erst jetzt? Warum nur hatten ihre Eltern, ihr kaiserlicher Oheim niemals davon erzählt? Wenn nun Heinrich tatsächlich an einem kranken Geiste litt, und sein Sohn, ihr Gemahl, dieses furchtbare Erbe in sich trug? Sie sprang aus dem Lehnstuhl.
    «Mag ja sein, dass Ulrich eine unglückselige Kindheit hatte! Aber gibt ihm das das Recht, andere zu verletzen? Ihr sagtet, ich hätte eine wunde Stelle getroffen. Eine! Er schießt doch unablässig seine Pfeile gegen alle Welt, gegen mich, gegen den eigenen Vater, gegen die Geschwister – ist das zu rechtfertigen? Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich tun soll – ich – ich   –»
    Sie warf den Kopf in den Nacken. Plötzlich brach es aus ihr heraus: «Ich hasse ihn!»
    Dabei schossen ihr die Tränen in die Augen, als ob einDamm gebrochen sei und sich ein viel zu lang aufgestauter Strom endlich seinen Weg bahne. Dietrich stand augenblicklich bei ihr und schloss sie in die Arme. Strich ihr über die Schultern und übers Haar, sprach mit leiser Stimme auf sie ein, bis sie sich endlich beruhigte.
    «Geht jetzt, bitte», sagte sie mit dünner Stimme.
     
    Alle Tage aufs Neue ersuchte Dietrich Speth sie um Audienz, doch sie wollte ihn nicht sehen. Sie schämte sich, dass sie sich so hatte gehenlassen. Noch schlimmer aber: Der Ritter hatte gegen ihren Willen Ulrich aufgesucht. Der war daraufhin am selben Abend noch in der Tafelstube des Frauenzimmers aufgetaucht, nur, um ihr mit einem breiten Lächeln zu sagen:
    «Meinen Glückwunsch, herzliebe Gemahlin. Da habt Ihr Euch mit unserem Dietrich einen wahrhaftig mächtigen Advocatus ausersehen. Möchte nicht wissen, welchen Lohn Ihr ihm dafür zukommen lasst.»

9
    Ab jenem unseligen Namenstag hatte Sabina die Hoffnung aufgegeben, Ulrichs Zuneigung doch noch zu gewinnen. Sie war froh, wenn sie ihn nicht zu Gesicht bekam – ja, mehr noch: Sie begann ihm aus dem Weg zu gehen. Dabei musste die Unterredung zwischen ihm und dem Ritter doch etwas ausgerichtet haben, denn die Gerüchte über des Herzogs Besuche im Marschallenhaus verstummten. Stattdessen wurde es bald zu einem offenen Geheimnis, dass Hans von Hutten und Ursula Thumbin eine Heiratsabrede getroffen hatten. Ob ausdiesem Grund oder einem anderen: Der Herzog wurde immer reizbarer. Fast täglich hörte man ihn in diesem Sommer durch die Flure und Hallen des Schlosses schnauzen, und die Dienerschaft atmete jedes Mal auf, wenn er auf Reisen ging.
    Dann starb, unerwartet und von einem Tag auf den anderen, Notburga Dörrin. Als Fürstin und oberste Herrin des Frauenzimmers bat Sabina ihren Gemahl, die Nachfolge selbst bestimmen zu dürfen.
    «Das ist längst entschieden», entgegnete Ulrich schroff. Sie überquerten gerade, inmitten ihres Gefolges, den Burghof auf dem Weg zur Morgenmesse.
    «Dietegen, der Bruder von Lorenz von Westerstetten, wird die Stelle der Dörrin einnehmen. Viel zu lange schon wartet er auf ein Amt.»
    «Aber – eine Hofmeisterin wäre doch weitaus sinnvoller, allein schon der vielen Jungfern wegen.»
    «Für den Weiberkram hat Dietegen ja seine Gattin. Die beiden sind bestens geeignet für diese Aufgabe, das müsst Ihr mir schon glauben.»
    Sabina blieb stehen.
    «Ehrlich gesagt, hatte ich an Lioba gedacht.»
    Das war bereits zu viel des Vorstoßes. Ulrich ging noch drei, vier Schritte weiter, dann drehte er sich jäh um.
    «Lioba? Deine vertrottelte alte Kindsmagd? Die nicht Silber von Gold unterscheiden kann? Hast du dein Hirn verloren?»
    Lioba, die nicht weit von Sabina stand, lief rot an. Auch alle anderen waren stehengeblieben.
    «Was glotzt ihr mich so an? Sind wir hier auf dem Viehmarkt? Los, weg, ab in die Kirche mit Euch.»
    Sabina wartete, bis das Gefolge in der Schlosskapelle verschwunden war, dann trat sie auf Ulrich zu.
    «Warum lasst Ihr mich nicht ein einziges Mal mit entscheiden? Nicht einmal über meinen eigenen Hofstaat.»
    «Euer eigener Hofstaat!» Ulrichs Stimme war scharf geworden. «Dass ich nicht lache! Diese Leute mögen Euch vielleicht aufwarten und Euch in Gehorsam verpflichtet sein, aber die Gewalt über sie habe noch immer

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