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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Hofzwerg. «Könnt Ihr mich nicht herauslassen?»
    «Leider nein. Ich habe keinen Schlüssel, und draußen steht eine Wache. Hat der Herzog aufstellen lassen.»
    «O mein Gott.»
    «Habt Ihr Hunger?»
    «Nein, Swinhardus. Nun geht zurück ins Schloss. Nicht, dass Ihr auch noch eingesperrt werdet.»
    Sie wickelte sich in die Decke und lauschte den Geräuschen der Nacht, bis sie wieder ihren quälenden Grübeleien verfiel. Endlich hatte der Herrgott ein Erbarmen und erlöste sie mit einem unruhigen Schlaf.
    Als sie im Morgengrauen erwachte, stand die Tür offen. Gedemütigt und mit tauben Gliedern schleppte sie sich hinaus, schlich quer über den Schlosshof, wo die Blicke des Gesindes sich ihr wie Feuerzangen in die Haut brannten. Nie wieder würden diese Leute ihr Respekt entgegenbringen.
     
    Keine vier Wochen nach dieser schrecklichen Nacht geriet der Hofstaat in helle Aufregung. Hoher Besuch hatte sich angekündigt: Wilhelm Herzog von Baiern und Herzoginmutter Kunigunde waren auf dem Weg nach Stuttgart, samt einem kaiserlichen Gesandten und einem riesigen Gefolge von Hofbeamten, Leibdienern und Gesinde.
    Sabina erfuhr hiervon als eine der Letzten. Seit jener Nacht im Schweinestall hatte sie ihre Gemächer nicht mehr verlassen, hatte die Vorhänge vor die Fenster gezogen undkaum noch eine Mahlzeit angerührt. Selbst ihre alte Kinderfrau konnte nichts daran ändern, weder mit Zureden noch mit Schelten, dass Sabina so gut wie den ganzen Tag auf der Ofenbank hockte und vor sich hin starrte.
    So zeigte sie zunächst auch keine Regung, als ihr Lioba persönlich die wunderbare Nachricht überbrachte.
    «Ja, freut Ihr Euch denn gar nicht?»
    «Doch, doch.»
    Sabina strich sich durch das offene, unfrisierte Haar und betrachtete ihre Fußspitzen. Lioba setzte sich neben sie und nahm ihre Hand.
    «Habt Ihr denn überhaupt verstanden, was ich eben gesagt habe?»
    «Aber ja.» Sabina sah auf. Unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. «Und in welcher Angelegenheit machen sie ihre Aufwartung?»
    «Was fragt Ihr für dumme Sachen? Wegen Euch kommen sie, allein wegen Euch. Eure Mutter und Euer Bruder, der Herzog Wilhelm. Um ganz ehrlich zu sein – ein wenig ist’s auf meinem Mist gewachsen. Ich hatte Eurer Frau Mutter von Herzog Ulrichs boshafter Freveltat berichtet.»
    «Was hast du getan?» Mit einem Schlag kam Leben in Sabina. «Du hast sie hierhergebeten?»
    «Ich habe ihr eine Nachricht geschickt darüber, was vorgefallen ist, mehr nicht. Nun seht mich doch nicht so entgeistert an. Etwas Besseres kann Euch doch gar nicht geschehen als der Beistand Eurer Familie.» Die Alte erhob sich wieder. «Schließlich wird’s höchste Zeit, dass dem Wirtemberger mal einer die Leviten liest. Finde ich jedenfalls.»
    Sabina schüttelte ungläubig den Kopf. «Wegen mir also kommen sie? Mein Gott   – Mutter! Meine liebe, alte Mutter! Solch eine weite Reise wegen mir.»
    In ihr bleiches Gesicht trat wieder Farbe.
    «Wann werden sie eintreffen?»
    «Wohl heute auf die Nacht.»
    Sabina sprang auf wie von einer Biene gestochen. «Jesus Maria! Wie sehe ich aus?»
    «Schrecklich», kam die Antwort nach einem kurzen Zögern.
    «Lioba, rasch! Lauf hinüber in die Badstube und lass alles richten für ein heißes Bad. Und meine Haare müssen auch geschnitten werden. Ach Gott, ich muss in die Gewandkammer, ein schönes Kleid heraussuchen.»
    Jetzt endlich spürte sie eine rasende Freude. Vielleicht, ja bestimmt würde sich nun alles zum Guten wenden.
    Kurz nach Einbruch der Dunkelheit verkündeten Fanfarenstöße die Ankunft des fürstlichen Trosses. Im Rittersaal wartete bereits eine festliche Tafel, den ganzen Tag war in der Hofküche gekocht und gebraten, geschmort und gebacken worden, und jetzt zogen köstliche Düfte durch die offenen Fenster des Burgschlosses.
    Sabina hatte entschieden, in ihrer Stube zu bleiben, bis ihre Familie bei Tisch saß. So würde sie am wenigsten Gefahr laufen, angesichts ihrer Mutter gleich in Tränen auszubrechen. Nein, sie hatte sich fest vorgenommen, Haltung zu bewahren.
    Schließlich kam Frau von Westerstetten sie holen. Seit jenem Vorfall wagte sie nicht mehr, ihrer Herzogin ins Gesicht zu sehen. Geschieht ihr recht, dachte Sabina nahezu übermütig. Und ihren Mann würde sie heute Abend erst recht mit Missachtung strafen, wie all diese erbärmlichen Stiefellecker ihres Gemahls.
    Aufrecht und gemessenen Schrittes näherte sie sich dem Saal. Wie gern hätte sie Mäuschen gespielt und wäre

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