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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Eure Konstitution erlaubt», Dietrichs Augenleuchteten ihr saphirblau entgegen, «möchten Margretha und ich Euch zu uns einladen, zu einem kleinen Abendbankett.»
    «Gern», erwiderte Sabina lahm. Und dachte zugleich, dass es besser sei, nie wieder einen Fuß über die Schwelle von Dietrich Speths Haus zu setzen. Sie würde sich eine glaubwürdige Ausrede einfallen lassen müssen.
     
    Eine Woche war die kleine Anna nun schon auf der Welt, entwickelte sich prächtig und wurde zum uneingeschränkten Mittelpunkt des Frauenzimmers. «Vielleicht darf ich meine Tochter auch mal wieder auf den Arm nehmen», protestierte Sabina im Scherz, wenn das Kind von Frau zu Frau weitergereicht, gewiegt und geherzt wurde. Wer das Kind allerdings noch kein einziges Mal gesehen hatte, war Herzog Ulrich. Ungeachtet des Eilboten hatte er seine dreitägige Wildschweinjagd am Albtrauf zu Ende gebracht, um dann wichtiger Geschäfte wegen in die Reichsstadt Ulm weiterzureisen. Seit gestern Abend nun war er wieder in der Residenz, doch noch hatte er keine Anstalten gemacht, seine Tochter zu besuchen. Selbst zur Frühmesse hatte er sich wegen Unpässlichkeit entschuldigen lassen.
    «Wahrscheinlich lässt er sich nicht mal zur Taufe blicken», hatte Lioba geschimpft.
    «Unsinn! Würde er dann halb Schwaben zur Feier einladen?»
    Aber auch Sabina konnte sich Ulrichs Gleichgültigkeit nicht erklären. Sie beschloss kurzerhand, ihn mit Anna auf dem Arm in seinem Vorzimmer aufzusuchen. Der Herzog war gerade beim Mittagsmahl, als sein Leibdiener sie eintreten ließ.
    «Euer Liebden», begann sie mit vor Anspannung bebender Stimme. «Das hier ist Eure Tochter Anna.»
    Sabina schob dem Kind die Haube aus dem rosigen Gesicht, damit Ulrich sehen konnte, wie ausnehmend hübsch das Mädchen war, und trat an seinen Tisch.
    Der Herzog blickte auf. Übernächtigt wirkte er, und seine Hand zitterte leicht, als er das Messer beiseitelegte.
    «Müsst Ihr damit unbedingt zur Essenszeit hereinplatzen?»
    Sabina starrte ihn an. Ihre ganze Ausgeglichenheit der letzten Monate brach zusammen wie ein Kartenhaus, und sie spürte die Wut, die altbekannte Wut in sich aufsteigen. Wortlos machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte zur Tür.
    «Himmel, so wartet doch! So war das nicht gemeint.» Er stand auf. «Nun lasst schon sehen.»
    Er betrachtete das Kind, das ihn aus großen Augen ansah. Für einen kurzen Moment glaubte Sabina so etwas wie ein Leuchten in seinem Gesicht zu erkennen. Dann runzelte er die Stirn. Anna begann zu weinen.
    «Es sieht mir keinen Deut ähnlich. Allein diese dunkelblauen Augen.»
    «Alle Neugeborenen haben dunkelblaue Augen», entgegnete Sabina kühl. Dann keimte ein furchtbarer Verdacht in ihr auf. «Was wollt Ihr damit sagen?»
    «Ganz einfach – wer garantiert mir, dass dieses Kind kein Kuckucksei ist?»
    «Kuckucksei? Habt Ihr den Verstand verloren?»
    «Vorsicht mit dem, was Ihr sagt!» Ulrich trat einen Schritt zurück und kniff die Augen zusammen. «Ihr wisst genau, was ich meine. Schließlich habt Ihr mehr Zeit mit Hans von Hutten verbracht als mit mir. Weiß ich, was Ihr getrieben habt bei Euren Ausflügen?»
    Sabina traute ihren Ohren nicht. Das schreiende Kind gegen die Brust gedrückt, schob sie erst Ulrich, dann den Diener zur Seite und verließ türenknallend den Raum. Mittränennassem Gesicht brachte sie Anna zur Amme, um sich anschließend in ihrer Stube einzuschließen.
    Alles hatte sie ertragen an der Seite dieses Mannes und dennoch nie bei einem anderen Trost gesucht – und nun das! Was für eine erzgemeine Unterstellung! Und dann ausgerechnet Hänschen von Hutten, dieses halbe Kind!
    Eine Stunde später schob ihre Kammerjungfer ein Brieflein unter dem Türspalt hindurch, in dem sich Ulrich mit knappen Worten entschuldigte. Seine unbedachte Bemerkung sei Folge eines Unwohlseins gewesen; er freue sich auf die Tauffeier nächste Woche. Am selben Abend belauschte sie das Geschwätz einiger Mägde im Korridor, die sich im Flüsterton darüber ausließen, dass der Herzog die letzten Tage nicht etwa in Ulm verbracht habe, sondern bei seiner Geliebten im Marschallenhaus.

15
    Marie konnte es nicht fassen. Vitus stand leibhaftig vor ihr! Es war kein Traum, sie konnte ihn berühren, und er lachte übers ganze Gesicht. Wie lang und dünn er geworden war, er überragte sie plötzlich um mehr als Kopfeslänge. Und sein welliges, langes Haar war gar nicht mehr blond, es war viel dunkler, als sie es in Erinnerung hatte, und die

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