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Das Maedchen von Atlantis

Das Maedchen von Atlantis

Titel: Das Maedchen von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Unglaublich.«
»Wie tief sind Sie jemals zuvor getaucht?« fragte Mike.
Trautman zögerte einige Sekunden.
»Fünfhundert Meter«, sagte er dann.
»Dann sind wird jetzt elfmal so tief«, murmelte Mike.
»Unglaublich«, sagte Trautman noch einmal. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Das Schiff hätte
längst zerbrechen müssen.«
Mike wollte antworten, doch in diesem Moment ging
eine spürbare Erschütterung durch den Rumpf der
NAUTILUS, und er hielt erschrocken den Atem an, sicher, in der nächsten Sekunde das furchtbare
Geräusch berstender Stahlplatten zu hören, gefolgt
von dem Rauschen und Sprudeln, mit dem sich das
Wasser seinen Weg ins Innere des Schiffes bahnte.
Doch das geschah nicht. Statt dessen hörten die Zah
    len auf dem Tiefenmesser auf, sich zu bewegen. Bei etwas mehr als fünfeinhalbtausend Metern Wassertiefe
hörte ihr Sturz auf. Die NAUTILUS stand still.
»Ich glaube, wir schaffen es«, flüsterte Trautman
atemlos. »Sie haben das Wasser hinausbekommen.
Wir sinken nicht mehr.«
»Dann ... dann sind wir gerettet?« fragte Mike. »Wir
können wieder auftauchen?«
»Noch nicht«, antwortete Trautman nach einem Blick
auf seine Instrumente. »Und wenn, dann nur sehr
langsam. Daß das Schiff nicht längst wie eine Konservendose zerquetscht worden ist, ist ein Wunder. Ich
fürchte, es könnte auseinanderreißen, wenn ich die
Maschinen zu schnell hochfahre.«
Er schwieg eine Weile, dann sah er auf und blickte
Mike nachdenklich an. »Also los«, sagte er. »Raus mit
der Sprache. Woher hast du das gewußt? Nicht einmal
ich wußte es, und ich kenne dieses Schiff wie meine
Westentasche.«
Mike hatte die Frage erwartet. Es war ihm klar gewesen, daß sie der einzige Grund war, aus dem Trautman ihn allein mit heruntergenommen hatte, denn es
gab absolut nichts für ihn zu tun hier unten.
»Ich weiß es nicht«, sagte Mike hilflos. »Ich meine, ich
... ich wußte einfach, daß es passen wird. Aber ich habe keine Ahnung, woher ich es wußte.«
»Das klingt nicht sehr überzeugend«, sagte Trautman.
»Aber es ist so«, antwortete Mike hilflos.
»Bitte lüg mich nicht an«, sagte Trautman. »Das ist
wirklich nicht der Moment für Geheimnisse.«
»Aber ich weiß es doch nicht!« antwortete Mike, und
vielleicht war es der hörbare Unterton von Verzweiflung in seiner Stimme, der Trautman Abstand von
weiteren Fragen nehmen ließ. Mit einem erleichterten
Seufzer ließ er sich in seinem
Kommandosessel
    zurücksinken, schloß für einen Moment die Augen
und atmete dann tief ein.
Mike wartete einige Sekunden lang mit klopfendem
Herzen darauf, daß Trautman eine neue Frage stellte,
doch als dies nicht geschah, wandte er sich um und
ging langsam zu dem großen Panoramafenster an der
Seite des Salons hinüber. Auf der anderen Seite der
Scheibe war nichts als Schwärze, eine solch absolute,
schattenlose Finsternis, wie Mike sie niemals zuvor
erblickt hatte. Trautman hatte die großen Scheinwerfer am Bug der NAUTILUS eingeschaltet, die helle,
scharf abgegrenzte Bahnen in die Dunkelheit rissen,
ohne daß darin irgend etwas zu erkennen war, aber
das Licht schien die sie umgebende Finsternis nur
noch zu betonen. Mike suchte vergeblich nach irgendeiner Bewegung, irgendeinem Anzeichen von Leben.
Fische oder andere Lebewesen schien es in dieser
Wassertiefe nicht mehr zu geben.
Dann glaubte er doch etwas zu sehen. Am Rande des
Lichtkegels erschien für einen Moment etwas Großes,
Massiges, sonderbar Fließendes - doch als er genauer
hinsah, war es verschwunden. Wahrscheinlich hatten
ihm seine überanstrengten Nerven nur einen Streich
gespielt.
Mike stand eine gute Viertelstunde vor dem Aussichtsfenster und starrte in die Dunkelheit, ehe das
Geräusch von Schritten in seine Gedanken drang und
er sich wieder umdrehte. Unter der Tür des Salons erschien ein zu Tode erschöpft aussehender Singh, gefolgt von vier weiteren Gestalten, die vor Schwäche
und Anstrengung mehr hereintaumelten, als sie gingen. Trotzdem war auf ihren Gesichtern der Ausdruck
großer Erleichterung zu erkennen.
»Wie sieht es aus?« fragte Singh.
»Fünftausendvierhundert Meter«, verkündete Traut
    man. Aus Singhs Gesicht wich jedes bißchen Farbe,
aber Trautmans Stimme klang beinahe fröhlich, als er
fortfuhr: »Wir steigen bereits wieder. Es geht langsam, aber wir haben wieder Auftrieb.«
»Nemo sei Dank«, flüsterte André, »wir werden die
Sonne noch einmal wiedersehen.«
Trautman lächelte flüchtig. »Das wird aber noch eine
Weile dauern«, sagte er.

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