Das Maedchen von Atlantis
arbeiteten, spürte
Mike seine Arme und Schultern kaum noch, dafür jedoch jeden einzelnen Muskel in seinem Körper um so
schmerzhafter. Dabei wechselten sie sich im Fünf-Minuten-Rhythmus an der Pumpe ab. Lange würde keiner
von ihnen diese Tortur noch durchhalten.
Seit der Sturz in den schier endlosen Abgrund begonnen hatte, arbeiteten sie mit verzweifelter Hast an den
Pumpen. Sie alle wußten, daß sie Tage, wenn nicht
Wochen brauchen würden, um auf diese Art das eingedrungene Wasser aus dem Schiff zu entfernen, und
das, selbst wenn sie rund um die Uhr gearbeitet hätten. Aber ihnen blieben keine Tage, geschweige denn
Wochen. Das Schiff sank nicht ganz so schnell, wie sie
zuerst befürchtet hatten, aber trotzdem würden nur
wenige Stunden vergehen, ehe es auf den Grund des
sechstausend Meter tiefen Grabens aufschlug. Allerdings würde es wahrscheinlich schon lange vorher
von dem unvorstellbaren Wasserdruck in dieser Tiefe
zerquetscht werden. Keiner von ihnen wußte, wie tief
die NAUTILUS tatsächlich tauchen konnte, aber sie
würde niemals den Druck in sechstausend Meter Tiefe aushalten können.
Mike ließ den fast mannslangen Pumpenschwengel los
und trat zur Seite, damit Ben seinen Platz einnehmen
konnte. Er war so erschöpft, daß er sich einen Moment lang gegen die Wand lehnen mußte und mit geschlossenen Augen abwartete, bis der Schwächeanfall
vorüberging. Und auch die anderen boten keinen besseren Anblick als er. Chris hockte mit angezogenen
Knien neben ihm auf dem Boden und starrte ins Leere, während Juan und André bereits hinter Ben Aufstellung genommen hatten, um ihn abzulösen.
Ihre einzige Hoffnung waren Trautman und Singh.
Die beiden beteiligten sich nicht am Pumpen, sondern
versuchten fieberhaft, ein Ventil zu improvisieren,
mit dem sie die Luft aus den mitgebrachten Preßluftflaschen in die beschädigte Sektion des Schiffes pressen konnten. Bisher jedoch waren ihre Bemühungen
von keinem Erfolg gekrönt; obwohl die Preßluftflaschen ganz offensichtlich von denselben Leuten konstruiert worden waren wie die NAUTILUS, paßten die
Anschlüsse doch nicht ganz.
Mike trottete erschöpft zu den beiden Männern hinüber und sah Singh zu, der ebenso verbissen wie vergeblich versuchte, eine Schraube auf ein nicht passendes Gewinde zu
drehen. Obwohl es mittlerweile an
Bord der NAUTILUS bitterkalt geworden war - ein
weiterer Beweis dafür, wie tief sie schon ins Meer
hinabgesunken sein mußten -, glänzte Singhs Gesicht
vor Schweiß, und Mike glaubte, so etwas wie Angst in
seinen Augen zu sehen.
Ein knisterndes Geräusch lief durch den Rumpf der
NAUTILUS. Mike schauderte. Es war nicht das erste
Mal, daß sie diesen Laut vernahmen, und sie alle
wußten, was er bedeutete: Die Stahlplatten des Rumpfes ächzten unter dem Druck des Wassers, der langsam, aber unerbittlich immer größer wurde.
»Das hat keinen Zweck«, sagte Singh erschöpft. Er
ließ sich zurücksinken, und sofort setzte Trautman
die Arbeit an der Schraube fort. Mike ahnte, daß auch
die beiden Männer längst begriffen hatten, wie sinnlos ihr Tun war. Sicherlich hätten sie zur Not ein passendes Ventil selbst zusammenstellen können - es gab
die dazu benötigten Werkzeuge und Materialien in
ausreichender Menge an Bord des Schiffes - aber
auch dazu fehlte ihnen einfach die Zeit.
Mike warf einen Blick über die Schulter zurück und
sah, daß André wieder an der Pumpe stand und den
Schwengel bediente. Bald würde er wieder an der Reihe sein. Aber er war nicht sicher, ob er überhaupt
noch genügend Kraft dazu hatte. Seine Hände bluteten, und seine Arme schienen Zentner zu wiegen. Sein
Blick fiel auf die Tür, hinter der sich der mit Wasser
überflutete Teil der NAUTILUS befand, und für einen
Moment fühlte er einen absurden Zorn auf die eingedrungenen Wassermassen dort drüben. Nach allem,
was er erlebt hatte, empfand er es einfach als lächerlich, sterben zu sollen, nur weil das Schiff einen vergleichsweise winzigen Riß abbekommen hatte.
»Wir könnten noch versuchen, einen Flansch anzuschweißen«, sagte Singh.
Trautman, dem diese Worte galten, überlegte einen
Moment, dann schüttelte er müde den Kopf. »Das ist
zu gefährlich«, antwortete er. »Ein einziger Funke,
und die Flasche explodiert wie eine Bombe.«
»Und wo ist der Unterschied?« fragte Ben matt. Trautman sah ihn fragend an, und Ben fügte hinzu:
»Wir
sterben sowieso. Es spielt keine Rolle, ob jetzt oder in
einer halben Stunde. Versuchen Sie es.«
Aber Trautman blieb bei seiner
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