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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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leitete, einen Becher Wein zu bringen. Kaiphas hob seinen Becher zu Johannes, dem Bräutigam, und pries die Qualität seines Weines.
    »Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten«, scherzte der Priester. »Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.«
    Johannes schaute Kaiphas ein wenig verwirrt an. Weder er noch der Priester hatten eine Ahnung, was sich hier vollzogen hatte. Die einzige Andeutung, dass etwas Außergewöhnliches geschehen war, war dem leisen Gemurmel einiger Nazarener und der Diener im Hintergrund zu entnehmen. Aber es sollte nicht lange dauern, bis ganz Galiläa genau wusste, was sich bei der berüchtigten Hochzeit in Kana zugetragen hatte.

    Nach der Hochzeit von Johannes und Maria sprach niemand mehr von dem Brautpaar, denn die dynastische Verbindung war von etwas viel Außergewöhnlicherem überschattet worden. Das einfache Volk sprach nur noch über die wunderbare Verwandlung von Wasser in Wein, die der jüngere Prophet bewerkstelligt hatte. Im Norden Galiläas war der Name Jeshua in aller Munde. Er war der wahre, der einzige Messias, ungeachtet sämtlicher Verdrehungen, die vom Tempel ausgingen.
    Johannes’ Macht und Popularität wuchsen eher im Süden, vonden Ufern des Jordan in der Nähe Jerichos über Jerusalem bis hin zu den Wüsteneien am Toten Meer. Aufgeputscht von den Hohepriestern, schwoll die Zahl von Johannes’ Anhängern, bis die Ufer des Flusses überquollen von Menschen, die ihn um die Taufe anflehten. Johannes’ Beharren auf der strikten Befolgung der Gebote erhöhte die Anzahl der Opferungen im Tempel – und füllte die Kassen der Priester. So war jeder mit den Folgen der Vereinbarung zufrieden.
    Jeder – bis auf die junge Maria, die nun mit dem Täufer verheiratet war.
    Vielleicht war es ein Segen, dass die Verbindung weder von der Braut noch vom Bräutigam ersehnt worden war. Johannes wollte nur in der Wüste bleiben und Gottes Werk tun. Er gehorchte getreulich dem Gebot, fruchtbar zu sein und sich zu mehren, und stattete seiner Frau zu gegebenen Zeiten Besuche zum Zwecke der Fortpflanzung ab. Doch außerhalb jener Zeiten, die von Gesetz und Tradition vorgeschrieben waren, hatte er an der Gesellschaft von Frauen keinerlei Interesse.
    Eine standesgemäße Behausung für Maria zu suchen war die erste Aufgabe des frisch verheirateten Johannes gewesen. Er machte keinen Hehl daraus, dass sie in der Nähe seines Wirkungsortes nicht willkommen war. Die Essener von Qumran gestatteten Frauen nicht, bei ihnen zu leben, sondern verbannten sie in besondere Häuser, weil sie als unrein galten. Und Johannes’ Mutter war tot; hätte Elisabeth noch gelebt, wäre Maria in das Haus ihrer Schwiegereltern gezogen.
    Das Thema war schon vor der Hochzeit von Johannes und Lazarus erörtert worden, und Maria hatte Lazarus ihre Wünsche dargelegt. Lazarus drang darauf, dass die Schwester in Zukunft mit ihm und Martha auf dem Familienanwesen in Bethanien leben solle. Maria habe somit Gesellschaft und stehe unter dem Schutz eines frommen Ehepaares. Und wenn Johannes seiner Frau einen seiner seltenen Besuche abstatten wolle, sei Bethanien von Jericho leicht zu erreichen.
    Dies war die beste und einfachste Lösung für Johannes, der sich kaum für Maria interessierte, es sei denn, sie zeigte sich als fromme und bußfertige Frau. Wenn dieses Mädchen Mutter seines Sohnes werden sollte, musste sie ein untadeliges Leben führen. Maria versicherte Johannes, sie werde in seiner Abwesenheit dem Bruder gehorchen, wie sie es immer schon getan hatte. Als es beschlossen war, dass sie bei Lazarus und Martha bleiben durfte, versuchte sie, ihre Freude nicht allzu offen zu zeigen.
    Doch diese Freude währte nur kurz, denn Johannes schärfte ihr eilends seine restlichen Regeln ein. Er würde es nicht dulden, dass Maria weiterhin auf die Lehren der Nazarener hörte. Es war ihr nicht erlaubt, die Hohe Maria aufzusuchen, ihre verehrte Lehrerin und Freundin. Und natürlich würde sie nicht mehr zu Isas Predigten gehen. Es hatte Johannes tief gekränkt, dass einige seiner eigenen Schüler den Jordan verlassen hatten, um sich seinem Vetter anzuschließen. Der Täufer schalt sie für ihr Überlaufen zu den Nazarenern und nannte sie »Sucher nach dem bequemen Leben«. Nach und nach entstand eine Rivalität zwischen den unterschiedlichen Botschaften Isas, des Nazareners, und des asketischen Täufers. Johannes würde nicht zulassen, dass seine

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