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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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riss Maria die Augen auf, während sie der Schwägerin lauschte. War das wirklich die gehorsame, fromme Martha, die solch einen arglistigen Plan entwarf? »Simon? Du meinst, sie sind in jenem Haus?«
    Und sie zeigte auf das Haus, das von ihrem eigenen Anwesen gut zu sehen war. Martha nickte.
    »Wenn du sehr vorsichtig und absolut verschwiegen bist, werde ich nicht hinschauen, wenn du gehst und deine alten Freunde besuchst.«
    Maria warf Martha die Arme um den Hals und kreischte vor Freude: »Ich liebe dich!«
    »Schhh!« Martha entwand sich Marias Armen und schaute argwöhnisch über die Schulter, um sicherzugehen, dass sie nicht beobachtet worden waren. »Wenn Lazarus vor seiner Abreise noch mit dir spricht, tu so, als seist du böse auf ihn. Er darf nichts merken, sonst kommen wir beide in Teufels Küche!«
    Maria nickte Martha feierlich zu, wobei sie sich ein Lächeln verkniff. Martha eilte ins Haus, um Lazarus zu verabschieden. Maria blieb unter den Olivenbäumen und tanzte.

    Maria stahl sich zum Seiteneingang des Hauses von Simon. Ihr leuchtendes kupferrotes Haar hatte sie unter einem ihrer dichten Schleier verborgen. Sie sprach das vereinbarte Wort und wurde sofort hineingebeten, um zu ihrer Freude einige vertraute Gesichter vorzufinden. Rasch schaute sie sich im Zimmer um, doch die wichtigsten und liebsten Gesichter entdeckte sie nicht, denn Isa und seine Mutter waren nicht gekommen.Maria wollte sich schon deswegen grämen – da rief eine junge Frau hinter ihr ihren Namen.
    Maria drehte sich um und erblickte das schöne Gesicht von Salome, der Tochter der Herodias und Stieftochter des galiläischen Tetrarchen Herodes. Maria jauchzte vor Freude, als sie das Mädchen erkannte, das gleich ihr zu Füßen der Großen Maria gesessen hatte und in der Nazarener-Lehre unterwiesen worden war. Glücklich umarmten sie einander.
    »Was tust du hier, so weit fort von zu Hause?«, fragte Maria.
    »Meine Mutter hat mir die Erlaubnis gegeben, Isa zu folgen und meine Schulung fortzuführen, damit ich eines Tages die Sieben Schleier nehmen kann.« Die »Sieben Schleier« wurden nur von Frauen getragen, die die Weihen zur Hohepriesterin erfahren hatten. »Herodes Antipas erfüllt meiner Mutter jeden Wunsch, außerdem mag er die Nazarener. Es ist nur der Täufer, den er nicht leiden kann.«
    Salome schlug sich die Hand vor den Mund, doch zu spät, die Worte waren ihr entschlüpft. Sie schaute Maria betreten an. »Es tut mir leid. Ich habe es vergessen.«
    Maria schenkte ihr ein trauriges Lächeln. »Nein, Salome, entschuldige dich nicht. Manchmal vergesse ich mich selbst.«
    Salome schaute sie mitfühlend an. »Ist es sehr schrecklich für dich?«
    Maria schüttelte den Kopf. Sie liebte Salome wie eine Schwester, und tatsächlich nannten sie sich gegenseitig bei diesem Namen, dem traditionellen Titel einer Nazarener-Priesterin. Doch Maria war auch eine Prinzessin und hatte entsprechendes Benehmen gelernt. Es ziemte sich nicht, schlecht über den Ehemann zu sprechen. »Nein, es ist nicht schrecklich. Ich sehe Johannes kaum.«
    Die nächsten Worte sprudelte Salome hervor, als fühlte sie, dass sie den Fehler unbedingt wiedergutmachen müsse. »Ich hoffe, ich habe dich nicht gekränkt, Schwester. Aber der Täufersagt so schreckliche Dinge über meine Mutter. Er nennt sie Hure und Ehebrecherin.«
    Maria nickte; sie hatte es bereits gehört. Salomes Mutter Herodias war die Enkelin Herodes des Großen und hatte einiges von dem Starrsinn des berüchtigten Königs geerbt. Sie hatte ihren ersten Mann aufgegeben, um Herodes Antipas zu heiraten, den Herrscher von Galiläa, und der Tetrarch hatte ähnliche Schritte zur Scheidung von seiner arabischen Frau unternommen, um Herodias zu ehelichen. Johannes war außer sich gewesen, dass ein jüdischer Monarch das Gesetz dermaßen missachtete, und hatte die Ehe von Herodes Antipas und Herodias offen als Ehebruch gebrandmarkt. Bislang hatte Herodes zwar sein Missfallen bekundet, jedoch kaum Initiative gezeigt, Johannes für seine Ächtung zu strafen. Ein Tetrarch von Galiläa hatte genug mit den Launen des römischen Kaisers und den Erfordernissen seines schweren Postens zu tun, da brauchte er sich nicht noch wegen eines streitsüchtigen asketischen Propheten Kopfschmerzen zu machen.
    Dass Herodias überdies Nazarenerin war, ließ sie in Johannes’ Augen noch tiefer sinken und verbesserte seine Meinung über die Nazarener-Kultur keineswegs. In den Augen des Täufers war es ein neuerlicher Beweis

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