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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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erklärte er. »Deshalb habe ich Ihnen auch gesagt, Sie sollen bequeme Schuhe anziehen.«
    Zum Glück nahm Maureen immer ein paar gute Sportschuhe auf ihren Reisen mit, zumal Wanderungen ihr Lieblingszeitvertreib waren. Sie machten sich an den langen, gewundenen Aufstieg, und Maureen dachte darüber nach, dass ihr Terminplan in letzter Zeit kaum Zeit für sportliche Aktivitäten gelassen hatte, und nun fluchte sie, weil sie nicht mehr so gut in Form war. Doch Jean-Claude hatte es nicht eilig, und so gingen sie gelassenen Schrittes den Berg hinauf. Jean-Claude erzählte mehr über die mysteriösen Katharer und beantwortete Maureens Fragen.
    »Wie viel wissen wir über ihre Praktiken? Ich meine, genau. Lord Sinclair sagt, dass vieles, was über sie geschrieben worden ist, auf reiner Spekulation beruht.«
    »Das ist wahr. Ihre Feinde haben viele der bizarren Einzelheiten beschrieben, die man ihnen zugeschrieben hat, um sie ketzerischer und grausamer darzustellen, als sie in Wirklichkeit waren. Der Welt macht es nichts aus, wenn man Aussätzige abschlachtet; aber wenn man Mitchristen massakriert, die möglicherweise Christus näher stehen als man selbst, dann hat man ein Problem. Viele der Geschichten über die Praktiken der Katharer sind also von zeitgenössischen Historikern und auchspäter noch schlicht erfunden worden. Aber eines wissen wir mit Sicherheit: Der Eckpfeiler des katharischen Glaubens war das Vaterunser.«
    Maureen blieb stehen, um Atem zu holen und weitere Fragen zu stellen. »Wirklich? Das gleiche Vaterunser, das wir noch heute beten?«
    Er nickte. » Oui , das gleiche, aber natürlich auf Okzitanisch. Als Sie in Jerusalem waren, haben Sie da die Paternoster-Kirche auf dem Ölberg besucht?«
    »Ja!« Maureen kannte den Ort genau. Das war eine Kirche auf der Ostseite von Jerusalem, gebaut über einer Höhle, von der es hieß, Jesus habe seine Jünger dort zum ersten Mal das Vaterunser gelehrt. In einem wundervoll gestalteten Kreuzgang waren dort Mosaiken mit dem Vaterunser in über sechzig Sprachen zu sehen. Maureen hatte das Mosaik mit dem Gebet auf Irisch-Gälisch fotografiert, um später eine Vergrößerung davon Peter zu schenken.
    »Dort ist das Gebet auf Okzitanisch dargestellt«, erklärte Jean-Claude. »Jeder Katharer betete es am Morgen. Es war nicht einfach so auswendig dahergesagt, wie es heute oft der Fall ist, sondern eine Meditationsübung und ein echtes Gebet. Jede einzelne Zeile war heiliges Gesetz für sie.«
    Maureen dachte darüber nach, während sie weitergingen und Jean-Claude fortfuhr: »Wie Sie also sehen, waren das hier Menschen, die in Frieden lebten und lehrten, was sie den Rechten Weg nannten. Die Katharer waren eine Kultur, für die das Vaterunser der heiligste aller Texte war.«
    Maureen erkannte, worauf er hinauswollte. »Wenn Sie also die Kirche sind und diese Leute loswerden wollen, dürfen Sie niemanden wissen lassen, dass sie gute Christen sind.«
    »Exakt. Diese ganzen Vorwürfe von wegen abstruser Rituale sind also gegen die Katharer erhoben worden, um sie abschlachten zu können.«
    Jean-Claude blieb stehen, als sie ein Monument mitten aufdem Weg erreichten. Es war ein großer Granitblock mit dem Kreuz des Languedoc darauf.
    »Das ist das Denkmal der Märtyrer«, erklärte er. »Es steht hier, weil hier der Scheiterhaufen gestanden hat.«
    Maureen schauderte. Das unheimliche, doch zugleich erregende Gefühl überkam sie, wieder an einem Ort voller Geschichte zu stehen. Sie hörte aufmerksam zu, während Jean-Claude die Geschichte des letzten Kampfes der Katharer hier auf diesem Berg erzählte.
    Am Ende des Jahres 1243 waren die Katharer schon beinahe ein halbes Jahrhundert von den Schergen des Papstes verfolgt worden. Ganze Städte hatte man dem Schwert überantwortet, und die Straßen von Orten wie Beziers waren im wahrsten Sinne des Wortes vom Blut der Unschuldigen getränkt gewesen. Die Kirche war fest entschlossen, diese »Ketzerei« um jeden Preis auszurotten, und der König von Frankreich hat ihr dabei gern mit seinen Truppen geholfen, bekam er so doch die Ländereien des einst so wohlhabenden okzitanischen Adels unter seine Kontrolle. Die Grafen von Toulouse hatten ihm viel zu oft damit gedroht, ihren eigenen, unabhängigen Staat zu gründen. Wenn man den Zorn der Kirche ausnutzen konnte, um sie aufzuhalten, würde der König alles für diese Lösung tun, von der er hoffte, dass sie überdies wenigstens einen Teil der historischen Schande für diesen Mord von

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