Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
Vom Netzwerk:
ihm nehmen würde.
    Die verbliebenen Oberhäupter der Katharer stellten sich im März 1244 zum letzten Gefecht in der Festung von Montségur. Wie die Juden in Masada über eintausend Jahre zuvor kamen sie zusammen, um als Gemeinde für ihre Erlösung von ihren Unterdrückern zu beten, und sie gelobten, nicht von ihrem Glauben abzuweichen. Tatsächlich gab es einige Spekulationen darüber, dass die Katharer während der letzten Belagerung viel von ihrer Kraft aus der Erinnerung an die Märtyrer von Masada bezogen haben. Und wie die römische Armee, von der sie sich herleiteten, versuchten die päpstlichen Truppen, ihre Beute auszuhungern,indem sie ihr den Zugang zu Wasser und Nahrung abschnitten. Das erwies sich jedoch als äußerst schwierig, da Montségur genauso gebaut war wie Masada. Beide Festungen lagen hoch auf einem steilen, unzugänglichen Berg, den man fast unmöglich von allen Seiten sichern konnte. So fanden die Rebellen beider Kulturen Mittel und Wege, die Pläne der Angreifer zu durchkreuzen.
    Nach mehreren Monaten Belagerung kamen die päpstlichen Truppen schließlich zu dem Schluss, dass sie von diesem Patt die Nase voll hatten. Sie stellten den Katharern ein Ultimatum. Wenn sie sich der kirchlichen Gerichtsbarkeit ergeben, gestehen und ihre Ketzerei bereuen würden, sollten sie verschont werden – falls nicht, würden sie alle für die Beleidigung der Heiligen Römischen Kirche auf dem Scheiterhaufen brennen. Man ließ ihnen zwei Wochen Zeit, sich zu entscheiden.
    Am letzten Tag des Ultimatums ließen die Führer der päpstlichen Armee den Scheiterhaufen anzünden und verlangten nach einer Antwort. Und eine Antwort sollten sie auch bekommen – eine Antwort, die man im Languedoc nie vergessen hat. Zweihundert Katharer kamen aus der Festung von Montségur, alle in ihre schlichten weißen Roben gehüllt, und hielten die Hände in die Höhe. Im Chor sangen sie das Vaterunser auf Okzitanisch, während sie gemeinsam in die Flammen gingen. Sie starben, wie sie gelebt hatten: in vollkommener Harmonie mit ihrem Glauben an Gott.
    Unzählige Legenden rankten sich um diese letzten Tage der Katharer, und eine war dramatischer als die andere. Die denkwürdigste war die der französischen Gesandten, die man schickte, um mit den Katharern im Namen der französischen Truppen zu sprechen. Die Gesandten, allesamt abgehärtete Söldner, wurden eingeladen, innerhalb der Mauern von Montségur zu bleiben und sich die Lehren der Katharer selbst einmal anzusehen. Was sie in jenen letzten Tagen sahen, war angeblich so wundersam, so erstaunlich, dass die französischen Soldaten darum baten,sich dem Glauben der Reinen anschließen zu dürfen. In dem vollen Bewusstsein, dass sie nur der Tod erwartete, legten die Franzosen das ultimative Katharersakrament ab, das man als »Consolamentum« kennt, und gingen mit ihren neuen Brüdern und Schwestern ins Feuer.
    Maureen wischte sich eine Träne aus dem Gesicht, als sie den Berg hinauf und dann wieder zu dem Kreuz blickte. »Was, glauben Sie, war das? Was haben die Franzosen gesehen, das sie bewegt hat, mit diesen Menschen zu sterben? Weiß das jemand?«
    »Nein.« Jean-Claude schüttelte den Kopf. »Darüber gibt es nur Spekulationen. Manche sagen, bei den Ritualen sei den Katharern der Heilige Geist erschienen und habe ihnen das Königreich des Himmels gezeigt, das sie erwartete. Andere wiederum behaupten, es sei der berüchtigte Katharerschatz gewesen, den sie besaßen.«
    Das Bild entfaltete sich mehr und mehr vor Maureen, während sie weiter den mühsamen Weg hinaufstiegen. Am vorletzten Tag des letzten Gefechts wurden vier Katharer die gefährlichen Mauern hinuntergelassen und entkamen in Sicherheit. Man glaubt, dass die konvertierten französischen Gesandten, die einen Tag später mit dem Rest gestorben waren, ihnen dabei mit Informationen geholfen hatten.
    »Diese vier haben den legendären Schatz der Katharer mitgenommen«, erklärte Jean-Claude, »aber um was genau es sich dabei gehandelt hat, darüber wird noch immer eifrig spekuliert. Schwer zu transportieren kann er jedenfalls nicht gewesen sein, denn die Entkommenen waren junge Frauen. Aber auch die Männer wären nach Monaten des Hungers zu schwach gewesen. Einmal heißt es, sie hätten den Heiligen Gral dabeigehabt, dann wieder die Dornenkrone oder gar den wertvollsten Schatz der Welt: das Buch der Liebe.«
    »Das ist das Evangelium aus Jesu eigener Hand, richtig?«
    Jean-Claude nickte. »Jedenfalls verschwindet es

Weitere Kostenlose Bücher