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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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geträumt zu haben …«
    Lorenzo betrachtete sie mit einem sonderbaren Ausdruck und schwieg. »Komm«, sagte er schließlich und führte das Mädchenan duftenden weißen Rosen vorbei zu einem anderen kleinen Altar, auf dem die Marmorstatue einer Frau stand. Auf ihrer ausgestreckten Hand saß eine Taube.
    »Sie ist wunderschön«, sagte Lucrezia. »Wer ist das?«
    »Maria Magdalena, die Königin der Barmherzigkeit.«
    Atemlos stieß Lucrezia hervor: »Sie kommt auch in meinem Traum vor!«
    »Du träumst von unserer Madonna Magdalena?« Diesmal war es Lorenzo, der nach Luft schnappte.
    Das Mädchen nickte feierlich. »Ist das schlecht?«
    »Aber nein! Im Gegenteil.«
    Er nahm ihre Hand, kniete vor der Statue nieder und bedeutete Lucrezia, das Gleiche zu tun. Sie gehorchte, ohne seine Hand loszulassen. Die seltsame Vermischung heidnischer und christlicher Elemente war ihr fremd; dennoch übte der Ort einen seltsamen Zauber auf sie aus. Und wenn Lorenzo eigens zum Beten herkam, konnte es kein schlimmer Ort sein.
    »Wirst du mich lehren, was das alles ist, Lorenzo? Was es bedeutet?«
    Er lächelte sie an und nickte. »Bete mit mir. Zuerst danken wir Gott, dass er die Taube verschont hat. Und dann …« Er verstummte einen Moment und zögerte, ehe er sagte: »Dann danken wir Gott, dass er uns zusammengeführt hat.«
    »Ja. Ich werde Gott dafür danken, dass er dich an meinem Geburtstag zu mir geführt hat.«
    Lucrezia drückte Lorenzos Hand und errötete; dann senkte sie den Kopf zum Gebet. Lorenzo tat es ihr gleich.
    In diesem Augenblick fiel ein Sonnenstrahl auf die Maria Magdalena, und irgendwo in der Ferne hörten sie eine Taube gurren.

    Lucrezia hielt Wort. Sie traf Lorenzo beinahe täglich an der Grenze der Donati-Ländereien und ritt mit ihm zu Maestro Ficino. Dort fütterten sie die Taube, die sich prächtig zu erholen schien, behutsam mit der Hand, um sich anschließend in den geheimen Garten zu begeben, den Tempel der Liebe, wie die Medici ihn nannten, wo Lorenzo dem Mädchen Lektionen in klassischer Bildung erteilte.
    Eines Tages überraschte sie ihn mit einer Bitte.
    »Lorenzo, ich möchte, dass du mir Griechisch beibringst.«
    »Griechisch? Warum?«
    »Weil ich für ein Mädchen sehr gebildet bin«, sagte sie, wobei sie ein wenig hochmütig den Kopf zurückwarf – die bezauberndste Geste, die Lorenzo je gesehen hatte. »Ich will alles über die Dinge wissen, die du liebst. Ich will sie mit dir teilen. Also, bringst du mir Griechisch bei?«
    »Ich werde dir alles beibringen, was dein Herz begehrt. Morgen, sobald wir die Taube besucht haben, fangen wir an.«
    Am nächsten Tag erschien Lorenzo mit einem Lehrbuch der griechischen Sprache, das mit einem roten Seidenband zugebunden war. Seine Belohnung war ein strahlendes Lächeln und Lucrezias ansteckende Begeisterung. Dann begann die Unterrichtsstunde, und Lorenzo erkannte einmal mehr die außergewöhnliche Begabung des Mädchens. Am Ende der zweiten Woche gab er ihr ein Pergament, auf das er ein paar griechische Buchstaben geschrieben hatte.
    »Was ist das?«, fragte Lucrezia.
    »Die heutige Lektion. Ich möchte, dass du die Frage übersetzt und dann beantwortest. Auf Griechisch, versteht sich.«
    Lucrezias Brauen zogen sich zusammen, als sie sich konzentrierte. Sie hatte fleißig gelernt, aber der Unterricht währte ja erst wenige Wochen. Mit ein paar Buchstaben hatte sie Schwierigkeiten, sodass Lorenzo sie behutsam korrigierte. Schließlich begriff sie, was auf dem Pergament stand, und quietschte vor Vergnügen. Da stand: »Darf ich dich küssen?«
    Lucrezia antwortete begeistert: »Nai!«
    Ja.

    Am Ende der dritten Woche ermahnte Ficino die beiden, dass die Taube nun geheilt sei und freigelassen werden könne. Lorenzo und Lucrezia waren ganz aufgeregt über ihren Erfolg. Wie am Tag ihrer ersten Begegnung saß das Mädchen vor Lorenzo auf dem Pferd und hielt die Taube an seine Brust gedrückt. Sie ritten zum Waldrand und saßen ab. Lorenzo wickelte vorsichtig die Leinenbinden los, während Lucrezia die Taube hielt. Schließlich fielen die Stöckchen herunter, und die Taube bewegte ihren Flügel, wobei sie freudig gurrte.
    »Sie bedankt sich bei uns!«, sagte Lorenzo verwundert.
    Lucrezia kraulte den Vogel, während Tränen ihre Augen füllten. »Auf Wiedersehen. Ich werde dich sehr vermissen.« Ihre Tränen tropften auf den geheilten Flügel. Als sie aufblickte, sah sie, dass auch Lorenzos Augen glänzten.
    »Bist du bereit?«, flüsterte er.
    Lucrezia

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