Das Magische Labyrinth
ich springen wie eine Bergziege und tanzen wie König David zu seinen Ehren! Und jetzt gibt er mir die Möglichkeit, über den Höllenschlund hinwegzuspringen! Herr, ich danke dir!«
Burton schob sich an Frigate heran und sagte leise: »Willst du zulassen, daß eine Frau als erste springt? Läßt du dir das bieten?«
»Es wäre nicht das erstemal«, sagte Frigate achselzuckend. »Warum sollte ich denn was dagegen haben? Hier geht es nicht um das Geschlecht, sondern um die Fähigkeiten.«
»Du hast Angst.«
»Und ob ich Angst habe. Nur ein Irrer hätte keine.«
Frigate ließ es sich allerdings nicht nehmen, die Gesegnete Croomes nach ihrem bisher weitesten Sprung zu fragen. Sie sei zwar auf der Erde nicht oft gesprungen, erwiderte sie, aber als sie in einem Staat namens Wendisha gelebt hatte, habe sie mehrmals siebeneinhalb Meter geschafft.
»Woher willst du das wissen?« sagte Frigate. »Wir hatten zwar auf der Rex genügend Meßmöglichkeiten, aber ich bezweifle, daß dies anderswo auch der Fall gewesen ist.«
»Wir haben die Entfernung einfach geschätzt«, sagte Croomes. »Mir kam es jedenfalls wie siebeneinhalb Meter vor. Außerdem bin ich sicher, daß ich so weit springen kann! Der Herr wird mich auf den Schwingen meines Glaubens tragen. Ich werde wie eine seiner herrlichen Gazellen über den Abgrund fliegen!«
»Yeah«, sagte Frigate. »Und dann wirst du die andere Seite um ein paar Zentimeter verfehlen und dir an den Felsen den Schädel einrennen.«
»Warum können wir nicht eine bestimmte Strecke ausmessen?« fragte Nur. »Dann könnt ihr drei ein Wettspringen veranstalten, und wir erfahren, wer von euch der beste ist.«
»Auf diesem harten Boden? Dazu brauchen wir eine Sandgrube!«
Croomes schlug vor, eine Lampe auf die andere Seite zu werfen, damit sie eine Markierung hatten. Frigate band eine der Lampen an ein Seil und warf sie über den Abgrund, wo sie nur wenige Zentimeter vom Rand entfernt auf der Seite liegenblieb. Der Lichtstrahl schien ihnen nun genau in die Augen. Frigate zog sie zurück und warf noch einmal. Auch diesmal kippte die Lampe um, aber mit einigen Reißbewegungen an der Leine gelang es Frigate, sie so zu drehen, daß der Lichtstrahl nun von der Seite kam.
»Okay«, sagte er. »Es ist zu schaffen. Aber ich ziehe sie trotzdem wieder zurück. Man kann einen solchen Sprung nur machen, wenn man ausgeschlafen ist. Ich bin jedenfalls zu müde, um es jetzt zu versuchen.«
»Laßt uns den Anlaufweg mit Lampen säumen«, sagte die Gesegnete. »Ich möchte gerne sehen, wie er überhaupt aussieht.«
Nachdem sie das getan hatten, schritten Frigate und Croomes den Weg ab, den sie nehmen wollten, falls sie sprangen. Als Absprungmarkierung diente ihnen eine Lampe, die nur ein paar Zentimeter vom Rand des Abgrundes entfernt stand.
»Da wir keine Möglichkeit haben, einen verpatzten Sprung zu wiederholen«, sagte Frigate, »sollten wir uns zunächst aufwärmen. Diese kalte Luft… Aber andererseits bietet sie, weil sie dünn ist, auch weniger Widerstand. Möglicherweise hat sie damals auch diesem schwarzen Springer – wie hieß er doch gleich wieder? – geholfen, der bei den Olympischen Spielen in Mexiko City den Weltrekord holte. Aber um beim Thema zu bleiben: Wir haben uns an das Klima, das in dieser Höhe herrscht, noch nicht genügend angepaßt. Und daß wir alle aus der Übung sind, steht ebenfalls fest.«
Da Burton Tai-Peng die Chance geben wollte, sich freiwillig zu melden, sagte er nichts. Der Chinese hatte Frigate und Croomes die ganze Zeit über zugesehen. Nun kam er auf Burton zu und sagte: »Ich bin ein guter Springer! Aber ich bin traurigerweise ebenfalls aus der Übung! Dennoch werde ich nicht zulassen, daß eine Frau mutiger ist als ich! Ich werde als erster springen!«
Seine grünen Augen glitzerten im Schein der Lampe.
Burton fragte ihn, wie weit sein bester Sprung gewesen sei.
»Weiter als der da«, erwiderte Tai-Peng und deutete auf den Abgrund.
Frigate hatte inzwischen ein paar Papierfetzen in die Luft geworfen, um den Wind zu prüfen. Er kam auf Burton zu und sagte: »Der Wind kommt von links, wird uns also ein wenig nach rechts abtreiben. Aber der Berg hält den größten Teil des Windes ab. Ich würde sagen, die Windgeschwindigkeit beträgt neun oder zehn Kilometer.«
»Danke«, sagte Burton. Er musterte den Chinesen. Tai-Peng war zwar ein guter Athlet, aber so gut, wie er behauptete, war er nicht. Immerhin riskierte er seinen eigenen Hals. Niemand hatte ihn
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