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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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werden muss.«

Kapitel 20
    Lange bevor es Morgen wurde, wusste Averil, was sie zu tun hatte. In Wahrheit hatte sie es schon gewusst, als sie mit Bernardin gesprochen hatte. Ihr Vater war am Leben, und sie wollte, dass er weiterlebte.
    Aber wie dies gewährleistet sein sollte - das war ein Dilemma. Wenn die Thronerbin des Herzogs tot zu sein schien und keine Hoffnung auf die Zeugung weiterer Nachfolger bestand, würde dies die Überheblichkeit des Königs unweigerlich steigern. Er würde sich unbesiegbar fühlen und glauben, dass niemand es mit ihm aufnehmen konnte. Er würde ihren Vater in Ruhe lassen, bis er von selbst an Altersschwäche starb, da er sicher sein konnte, dass Quitaine nach dem Tode des Herzogs in seine Hände fallen würde. Dann, wenn er versuchte, die Herrschaft zu übernehmen, würde Averil ihm im Wege stehen — lebendig und voller Kraft. Sie würde die Zeit nutzen, würde heimlich Verbündete suchen, das Herzogtum stärken und ihm mit Armeen von Magiern und Kriegern entgegentreten.
    Oder, dachte sie in einem Anflug verzweifelter Unschlüssigkeit, der König könnte dem Herzog direkt nach der Beerdigung die Kehle durchschneiden und das Herzogtum als Kriegsbeute für sich beanspruchen. Wenn Averil sich zu erkennen gäbe, dann in aller Eile einen der Freier auswählen und heiraten würde, wäre sie vielleicht in der Lage, den König zu bezwingen. Sicher würden die Orden der Magier und die Ritter der Rose hinter ihr stehen, so wenig sie auch in den anderen Herzogtümern ausgerichtet hatten, die der König eingenommen hatte.
    Sie musste in dieser Nacht eine Entscheidung fällen. Ihr blieb keine Zeit für müßige Spekulationen.
    Die Freier sammelten sich verschlafen und halb bekleidet in der großen Halle und stimmten ein Wehgeschrei an. Averil stand hinter einer Säule und beobachtete sie - es war dieselbe Säule, hinter der sie sich versteckt hatte, als auf den Herzog geschossen worden war. Vielleicht ein schlechtes Omen, aber von hier aus hatte man den besten Überblick über die Halle. Keiner der Freier zog ihre Blicke auf sich, geschweige denn ihr Interesse.
    Sie waren allesamt oberflächliche Narren. Einige hatten Magie, aber für sie war sie nichts als ein Spiel und ihre Ausübung ein Spaß, und nicht jene hohe und Furcht einflößende Berufung, als die Averil sie kennen gelernt hatte. Keiner von ihnen weinte ehrliche Tränen.
    Schon hatte ihre Zahl sich verringert. Viele waren schon fort, auf dem Weg zur nächsten verfügbaren Thronerbin. Wenn die Beerdigung zu Ende und der Leichenschmaus verzehrt war, würde auch der Letzte von ihnen verschwunden sein. Niemand scherte sich um das Wohlergehen von Quitaine und des Herzogs, es zählte nur der Reichtum, den die Thronerbin in die Ehe einbrachte.
    Da war noch jemand, der die Freier beobachtete. Gereint war mitten unter ihnen: für jeden sichtbar und dennoch versteckt. Er wirkte fast wie einer von ihnen, wenn auch ein wenig zu schlicht gekleidet, oder er hätte ein Diener sein können. Sie nahmen keine Notiz von ihm.
    Averil hatte alle Mühe, ihn nicht zu fixieren wie Licht in einem Brennglas. Die Erkenntnis, wie stark sie von ihm angezogen wurde, war unerwartet und mächtig und nicht unwillkommen. Sie hätte lieber ihn geheiratet als irgendeinen der anderen Männer in der Halle.
    Das war natürlich ausgeschlossen. Selbst wenn er kein Postulant des Rosenordens gewesen wäre, so war er doch der gottgeborene Sohn einer Bäuerin. Sie war dazu bestimmt, sich einen Ehemann unter den Söhnen der Paladine zu suchen. Sie sollte nicht einmal an ihn denken.
    Es war schwierig, es nicht zu tun, angesichts der Magie, über die er verfügte. Vielleicht war er tatsächlich von einem Gott gezeugt worden, oder uraltes Blut war von unzähligen Generationen ehrlicher Menschen weitergegeben worden, um sich in diesem fernen Nachkommen mit voller Kraft zu entfalten. Seine Herkunft mochte noch so gewöhnlich sein — er selbst war jedenfalls alles andere als gewöhnlich.
    Außerdem sah er nicht schlecht aus. Seine Jugend machte ihn linkisch, und er war schrecklich hoch aufgeschossen, aber das würde sich mit der Zeit geben. Er würde ein kräftiger Mann werden, mit einer gewissen Anmut. Wäre er ein Sohn der Paladine, würde sie alles daransetzen, ihn vom Rosenorden fort und in ihre Arme zu locken.
    Sie gab sich Mühe, diesen äußerst unpassenden Gedanken zu verscheuchen. Die nackte, kalte Wahrheit war nur allzu offensichtlich. Hier gab es keinen einzigen Mann, den sie

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