Das magische Portal - Weltennebel
auf, dass hier sehr viel mehr Elementarwesen zu sehen waren als auf dem Festland. Gruppen von Heidefeen tanzten über die Wiesen, durchscheinende Wassergeister schwebten in allen möglichen Formationen über nachtschwarzen Bergseen, und auch die eigentlich seltenen Baumgeister, die man in ihrem grünen Blätterkleid kaum erkennen konnte, sah Darian in den knorrigen Ästen sitzen.
Irgendwann erreichten sie einen dichten Mischwald, und als sie darin eintauchten, umfing Darian kühle Dunkelheit. Der Geist schwebte stumm vor ihm her, und nach kurzer Zeit erreichten sie eine moosbedeckte Lichtung, auf der, vom sanften Abendlicht beleuchtet, eine Vielzahl grobbehauener Grabsteine von unterschiedlicher Größe standen. Darian blieb zwischen den leise im Wind rauschenden Bäumen stehen.
»Dies ist ein magischer Ort«, sagte der Geist, und seine Stimme klang geheimnisvoll. »Hier verschwimmen Gegenwart und Erinnerung, Vergangenheit und Zukunft. Ich hoffe, du findest, wonach du suchst.« Wie ein Windhauch war das Wesen wieder verschwunden.
Mit zitternden Beinen stieg Darian ab und band Menhir an einem Baum fest, dann betrat er die Lichtung. Viele der Grabsteine waren verwittert, die eingemeißelten Zeichen für Darian kaum mehr erkennbar. Dennoch hatte er nicht das Gefühl, umsonst hergekommen zu sein. Plötzlich überkam ihn die Erinnerung an Mia mit einer Heftigkeit, wie er sie noch niemals zuvor verspürt hatte. Jahrelang aufgestaute und verdrängte Gefühle der Verzweiflung und Hilflosigkeit brachen aus ihm heraus.
Mit einem Schluchzen fiel er auf die Knie, versteckte das Gesicht in den Händen und seine Schultern begannen zu zucken.
Hinter dicken Bäumen und grünen Büschen versteckt beobachteten zwei in Umhänge gehüllte Gestalten die Szene.
Die größere der beiden schlug eine Hand vor den Mund und wollte auf die Lichtung treten.
»Nicht, du weißt, dass du ihm nicht helfen kannst.« Ernst blickte Lilith zu ihrer Gefährtin auf. »Noch nicht.«
»Aber ich kann das nicht mitansehen«, flüsterte die andere, und Tränen liefen ihre Wangen hinab.
»Du wirst alles nur noch schlimmer machen«, warnte Lilith eindringlich, doch sie konnte ihre Freundin nicht aufhalten.
»… o Gott, Mia, es tut mir alles so unendlich leid«, schluchzte Darian, überwältigt von Scham und Schuldgefühlen. »Ich wollte nicht, dass du stirbst, und ich wollte nicht so ein schlechter König werden. Das alles hätte niemals geschehen dürfen.« Viel zu lange zurückgehaltene Tränen stürzten aus seinen Augen. »Ich vermisse dich so sehr …«
Als Darian eine zarte Berührung an seiner Schulter spürte, drehte er sich zunächst gar nicht um. Selbst wenn es sich, wie Darian vermutete, um Lilith handelte, wollte er jetzt nicht gestört werden. »Lass mich in Ruhe.«
»Darian«, flüsterte eine tränenerstickte Stimme, die ihm seltsam bekannt vorkam.
Erschrocken fuhr er auf und erblickte eine Gestalt in einem unscheinbaren grauen Umhang, die sich ihre Kapuze weit ins Gesicht gezogen hatte.
»Mia, bist du es?« Darian starrte auf die Erscheinung, versuchte, etwas unter dem Umhang zu erkennen. »Wartest du etwa auch auf mich, so wie der andere Geist auf ihren Gefährten?«
»Nein, es ist alles ganz anders, bitte erschrick jetzt nicht.« Langsam führte die Gestalt eine schlanke Hand zu der Kapuze und schob sie zögernd zurück.
Darian hatte das Gefühl, seine Knie würden erneut nachgeben. Da stand tatsächlich Mia vor ihm. Und sie war nicht durchscheinend wie ein Geist, sondern sah aus wie früher – lebendig und aus Fleisch und Blut.
»Was … Wieso …«, stammelte er, doch statt einer Antwort kam Mia auf ihn zu und umarmte ihn schluchzend.
Darian konnte es nicht fassen. Auch wenn sie sich so lebendig anfühlte – das hier konnte doch nur ein Trugbild sein. Dennoch hielt er sie umklammert, mit geschlossenen Augen. Denn wenn er sie wieder öffnete, wäre sie vielleicht fort.
»Darian, es tut mir leid, ich muss dir etwas erklären«, sagte sie plötzlich und nahm sein tränennasses Gesicht in ihre Hände.
Darian torkelte zurück. »Du bist nicht tot?«, fragte er verwirrt. »Aber … warum?« Er raufte sich die Haare. »Was hat das alles zu bedeuten? Verliere ich jetzt vollkommen den Verstand?«
Mit schuldbewusstem Gesicht streckte Mia ihren Arm aus und nahm ihn an der Hand. »Ich bin kein Geist, auch keine Erscheinung, und du verlierst nicht den Verstand. Wir mussten dir damals einreden, ich wäre tot, weil …«
Plötzlich
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