Das magische Portal - Weltennebel
verwandelte sich Darians Freude und Fassungslosigkeit in Wut. »Was?«, schrie er und entriss Mia seine Hand. »Bist du verrückt? Weißt du, was ich mir für Vorwürfe gemacht habe und wie ich die ganzen Jahre gelitten habe?«, brach es aus ihm heraus, und seine Augen funkelten vor Zorn.
Mia senkte beschämt den Kopf. Ihre langen schwarzen Haare fielen wie ein seidiges Tuch um ihr Gesicht.
»Ich wollte das nicht«, versuchte sie zu erklären, »ich war schwer verletzt. Lilith und Ohaman ließen mich hierherbringen und …«
»Sie haben es gewusst?« Darians Stimme überschlug sich beinahe. »Kein Mensch hat mir etwas gesagt, und ich hätte beinahe den Verstand verloren!«
»Darian, bitte, zunächst war ich auch dagegen, es war nur …«
Bevor sie weiterreden konnte, war Darian bei ihr. In seinen Augen loderte Hass, als er sie an den Schultern ergriff. »Ich wollte nicht mehr leben, Mia, ich habe nur noch an Rache gedacht. Ich habe irgendein Dreckszeug geschluckt, damit ich endlich vergesse, was geschehen ist.« Er packte sie so fest, dass sie leise aufschrie. »Jetzt komme ich von dem Mist nicht mehr los, und das ist alles deine Schuld!« Seine Hand hob sich, zuckte nach vorne, und er hätte sie wohl geschlagen, wenn Mia nicht im letzten Augenblick mit entsetztem Gesicht zurückgewichen wäre.
»Hör auf, ich hatte meine Gründe«, sagte sie und ging noch weiter zurück, als er auf sie zukam.
»Es gibt keine verdammten Gründe dafür, mich sechs verfluchte Jahre leiden zu lassen«, brüllte er.
»Doch, die gibt es.« Nun verharrte Mia und hielt seinem Blick stand. Ihre Augen waren traurig. »Sieh nur, was aus dir geworden ist. Wo ist der fröhliche, liebevolle junge Mann geblieben, in den ich mich verliebt habe?«
»Was aus mir geworden ist?!« In seiner grenzenlosen Wut schlug Darian mit der Faust gegen den nächstbesten Stein. Blut tropfte auf den Boden, aber das bemerkte er nicht einmal. »Rate mal, wer daran schuld ist, dass es diesen Mann nicht mehr gibt?«
In Aramias Augen sammelten sich bittere Tränen, und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Verzweifelt betrachtete sie den vor Wut schäumenden Darian. Hätte Lilith ihr nicht gesagt, dass Darian auf der Insel war, sie hätte ihn nicht mehr erkannt. Seine Augen waren kalt, er war ungepflegt, und das Lächeln, welches sie immer so an ihm geliebt hatte, schien sein Gesicht schon lange Zeit nicht mehr zum Strahlen gebracht zu haben.
»Irgendwann wirst du es verstehen«, versprach sie und wich langsam, Schritt für Schritt, zurück in den Wald, »aber jetzt ist es noch zu früh.«
»Für was? Für was ist es zu früh?«, schrie er und eilte hinter ihr her.
»Darian, ich liebe dich, aber so wie du jetzt bist, kann ich dir die Wahrheit nicht sagen«, flüsterte sie heiser, dann drehte sie sich um und rannte davon.
»Warte!« Darians Schrei verhallte unerhört in der Stille des Waldes. Er stürzte ihr nach, doch schon nach wenigen Schritten hatte er sie aus den Augen verloren.
»Mia! Mia, verdammt noch mal, du kannst jetzt doch nicht einfach fortgehen!«, schrie er voller Wut. Ziellos rannte er durch den Wald, rief ihren Namen, und als keine Antwort kam, brüllte er ihr üble Verwünschungen hinterher. Aber all das brachte nichts.
Irgendwann ließ er sich vor Wut und Erschöpfung zitternd auf dem Boden nieder. Er trank viel zu viel von Edvans Gebräu, in der Hoffnung, für kurze Zeit alles vergessen zu können.
Als der Morgen graute, fragte sich Darian, ob er vielleicht nur geträumt hatte. Er lag irgendwo im Wald, der Himmel war heute klar, und eine milde Brise, die den Geruch von Meer mit sich brachte, wehte über die Insel. Schwankend kam er auf die Füße und wischte sich über das Gesicht. Nein, es war kein Traum gewesen, er befand sich tatsächlich auf der Nebelinsel. Mia lebte – und hatte ihn schlimmer verraten, als jemals ein Mensch zuvor. Jetzt wollte er Antworten, er musste noch einmal mit ihr sprechen.
Zwei Tage lang ritt er ziellos und verzweifelt über die unwirtliche, zum Teil märchenhaft anmutende Insellandschaft, aber er fand Mia nicht. An den Abenden betäubte er sich mit Alkohol und Edvans Trank, nahm mehr denn je davon, ohne dass es ihn noch kümmerte.
Gegen Mittag des dritten Tages machte Darian in einem lieblichen Tal Rast. An einer munter sprudelnden Quelle hielt er seinen Kopf unter das Wasser, dann ließ er sich gegen den moosbewachsenen Felsen sinken – er hatte die Hoffnung aufgegeben, Mia noch zu finden.
Und dann,
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