Das magische Portal - Weltennebel
ihm einen angemessenen Job in seinem erfolgreichen Unternehmen verschaffen. Alles in allem war Darian sehr zufrieden mit seinem Leben.
Als er kurz stehen blieb, um seinen offenen Schnürsenkel zu binden, stieß ihn jemand heftig an und Bücher regneten auf seinen Kopf. Fluchend stand er auf und sah sich Mia Eshwood gegenüber, einer jungen Frau, die mit ihm im gleichen Semester studierte.
»Entschuldigung«, murmelte sie, ihre Stimme ebenso unscheinbar wie ihre gesamte Erscheinung. Meist trug sie sackartige Kleider, hatte die schwarzen Haare zu einem strengen Knoten gebunden, und hinter ihrer großen dicken Brille konnte man kaum etwas von ihrem schmalen, blassen Gesicht erkennen.
»Schon gut.« Darian gab ihr die Bücher zurück, dann wandte er sich ab.
»Was wollte denn die Vogelscheuche von dir?«, ertönte plötzlich eine helle Stimme hinter ihm. »Immer schleicht sie um dich herum.«
Lächelnd drehte sich Darian um und gab der hochgewachsenen blonden jungen Frau einen Kuss.
»Sie ist nur über mich gestolpert«, erklärte er und betrachtete seine Freundin mit Stolz. Melissa hätte einem Modemagazin entsprungen sein können. Sie war immer perfekt gekleidet, geschmackvoll und dezent geschminkt und noch dazu intelligent. John und Frederick, Darians Freunde, seufzten ein wenig neidisch. Melissa hätte auch ihrem Geschmack entsprochen.
»Ich frage mich nur, wieso die«, Melissa verzog ihre zierliche Nase, »überhaupt an der Business School studiert. Als Sozialarbeiterin Straßenpennern zu helfen würde besser zu ihr passen.«
Kopfschüttelnd zwickte Darian sie in die Nase, doch Frederick stieg voll darauf ein, wohl hauptsächlich, um Melissa zu gefallen.
»Neulich habe ich gesehen, wie sie im Park an der alten Eiche saß und Selbstgespräche geführt hat«, wusste er zu berichten, was Melissa zu einem Schnauben animierte.
»Weißt du noch«, mischte sich John in das Gespräch ein und grinste breit, »als ich sie vor kurzem gefragt habe, ob ich ihre Aufzeichnungen haben kann? Sie hat ja immer recht gute Noten«, fügte er entschuldigend hinzu, als er Melissas kritischen Blick bemerkte. »Dann habe ich gedacht, ich bin höflich und mache halt ein wenig Smalltalk. Ich hab sie gefragt, wann sie ihren Abschluss machen will.« Frederick lachte lauthals los. »›Bis zum nächsten Blätterfall werde ich bleiben‹, hat sie gesagt.« Nun schüttelte er sich geradezu vor Lachen. »Die sollte wirklich mal einen Psychiater aufsuchen!«
Während Melissa und ihre Freunde sich weiterhin über die seltsame Mia lustig machten, folgte Darians Blick deren schmaler Gestalt, wie sie durch die weit auseinanderstehenden Bäume des Parks davonschlenderte.
Sicher, auch er fand Mia seltsam, doch er mochte es nicht, wie sich die anderen über sie lustig machten. Mia war höflich und hilfsbereit und tat niemandem etwas zu Leide.
»… die hatte sicher noch nie ’nen Kerl«, sagte John gerade und machte dann eine obszöne Handbewegung. »Der sollte es mal einer richtig …«
»Jetzt hört aber auf«, unterbrach ihn Darian. »Lasst uns lieber essen gehen.«
Und somit war Mia als Thema abgehakt, und die Freunde machten sich auf den Weg zur Mensa.
Die folgende Zeit war anstrengend, und die Prüfungen nahmen alle Studenten in Beschlag. Jetzt, nachdem Darian darauf achtete, fiel ihm tatsächlich auf, dass Mia sich häufig in seiner Nähe aufhielt, obwohl sie ihm nie wirklich nahe kam, ihn nicht einmal ansprach. Auch schien sie ihn nicht direkt zu beobachten oder gar zu verfolgen, wie Darian feststellte. Sie war nur immer zufällig dort, wo er auch war, ob in der Mensa, in der Bibliothek und häufig sogar auf Partys, auf die sie eigentlich überhaupt nicht zu passen schien. Meist stand sie dort dann in einer Ecke und starrte vor sich hin, ohne dass ihr irgendjemand Beachtung schenkte.
Auch an diesem Tag in der riesigen Bibliothek der alten, ehrwürdigen Universität von London stand Mia mal wieder rein zufällig vor dem gleichen Regal, in dem Darian gerade nach geeigneter Literatur suchte.
»Hast du deinen Vortrag schon fertig?«, erkundigte sich Darian freundlich und zog ein Buch aus dem Regal.
Erschrocken zuckte Mia zusammen, und ihr durch die Brille irgendwie eulenhaft aussehendes Gesicht wandte sich ihm zu.
»Ja«, antwortete sie knapp und wollte offensichtlich rasch gehen. Dabei rutschte ihr ein Buch aus der Hand. Eilig half Darian ihr, es aufzuheben. Doch statt der erwarteten Lektüre über die Aktienentwicklung der
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