Das magische Portal - Weltennebel
blitzten, als sie lächelte. »Ich bin eine halbe Elfe, ich kann mich für die Augen der Menschen beinahe unsichtbar machen. Und wenn ich erst in das Zimmer geschlüpft bin, werde ich einen Bann auf den Heiler legen.«
»Das ist gefährlich«, entgegnete Ohaman besorgt. Zwar hatte er sich früher niemals vorstellen können, dass er sich einmal Sorgen um eine Nebelhexe machen würde, doch er hatte Lilith als gute Gefährtin zu schätzen gelernt, und seine Vorurteile waren verschwunden.
»Du könntest nachhelfen«, schlug sie vor. »Du könntest den Dorfbewohnern etwas Bier abschwatzen und Fehenius’ Männer betrunken machen.«
»Gut, dann soll es so sein«, stimmte der Zauberer zögernd zu und hoffte, dass ihr Plan aufging.
Der Schnee dämpfte Liliths ohnehin schon beinahe schwebende Schritte, als sie, in einen unscheinbaren grauen Umhang gekleidet, durch die Nacht schlich. Dank Ohamans Bier dösten die meisten Wachen bereits sehr nachlässig an den Hütten. Sie hatten sich alle in ihre Mäntel gehüllt und hofften wohl auf baldige Ablösung, denn es war bitterkalt.
Vor der einfachen Holzhütte, in der Darian schlief, startete Lilith ein kleines Ablenkmanöver. Sie warf einen dicken Ast ins nächste Gebüsch, und schon hörte sie den Wächter ungehalten knurren und sich leise fluchend erheben. Als er um die Ecke wankte, schlüpfte sie in Darians Hütte. Wie ein Schatten drückte sie sich an der Wand entlang und sah, dass der alte Heiler Edvan auf einem Stuhl schnarchte. Ganz vorsichtig tröpfelte sie ihm einen starken Schlaftrank in den Mund. Sie hielt die Luft an, aber der alte Mann erwachte nicht, sondern bewegte sich nur kurz, brummte etwas und schlief wenige Augenblicke später umso fester weiter. Erleichtert kniete sich die zierliche Lilith neben Darians Bett. Zu ihrer Überraschung schlief er nicht, sondern lag mit offenen Augen da und starrte an die Wand. Als sie ihn berührte, zuckte er erschrocken zusammen.
»Keine Angst, ich bin es nur, Lilith«, flüsterte sie beruhigend.
Darian registrierte das mit einem Nicken.
»Ich muss mit Euch reden«, sagte Lilith leise und setzte sich auf die Bettkante.
»Was?«, fragte Darian gereizt.
»Ich muss fort, und bis Nordhalan eintrifft, solltet Ihr sehr vorsichtig sein.«
Gelangweilt drehte Darian den Kopf zur Seite, und Lilith fasste ihn mit ihren zarten kleinen Händen kräftig am Arm. »Ihr dürft Fehenius nicht trauen.«
Obwohl Darian nicht reagierte, fuhr sie fort. »Darian, Ihr müsst auf die Insel der Drachen, Ihr müsst die Weihe erhalten, und Samukal …«
»Ich will keine Weihe!«, rief Darian voller Wut. »Ich will keine fünfhundert Jahre lang leben, wenn Mia nicht mehr bei mir ist, und ich will kein verdammter König werden. Das war von Anfang an eine Schnapsidee.« Zornig setzte er sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich weiß, wie schlimm das alles für Euch ist«, setzte Lilith sanft an und wollte ihn an der Schulter berühren, doch Darian wandte sich ab.
»Du weißt überhaupt nichts«, zischte er, seine Stimme klang bitter.
Lilith musterte ihn eine ganze Weile durchdringend. »Aramia hat Euch sehr geliebt, sie war meine beste Freundin, und da es ihr ausdrücklicher Wunsch war, dass Ihr König werdet, bin nun ich es, die Euch dabei helfen muss.« Mit einem Mal kehrte Leben in Darian zurück, und er drehte sich wieder zu Lilith um.
»Hast du … Hast du noch mal mit ihr gesprochen, bevor sie …« Seine Stimme brach, und er drückte die Hände gegen die Augen.
Mit einem mitleidigen Blick legte Lilith ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. »Ja, das habe ich. Sie hat alles dafür getan, dass Ihr König werdet.«
»Ich muss Samukal töten«, sagte Darian mit rauer Stimme.
»Wenn Ihr jetzt zurückgeht, wird es für Euch zu spät sein, unsterblich und damit König zu werden. Und Ihr werdet Samukal kaum töten können, denn er hat magische Kräfte, Ihr hingegen nicht.«
»Das werden wir ja dann sehen.«
»Wenn Ihr es nicht für Euch tut, dann tut es für Aramia. Werdet ein guter König, und lasst ihren Tod nicht umsonst gewesen sein.« Lilith zögerte. »Irgendwann wird dies alles einen Sinn für Euch ergeben, auch wenn es im Augenblick furchtbar und grausam erscheint.«
In Darians Gesicht arbeitete es, und Lilith konnte förmlich spüren, wie er mit sich rang. Am Ende nickte er und sagte mit heiserer Stimme: »In Ordnung.«
Erleichtert seufzend lächelte Lilith ihm zu. »Das ist wunderbar. Darian, Ihr dürft
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