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Das magische Schwert

Titel: Das magische Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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etwas los. Und hinter jedem dieser Feilschhandel steckt eine Geschichte. Sagen wir mal, du hättest ein richtiges Schiff. Du erspähst ein schweres spanisches Boot und gehst an Bord, findest eine ordentliche Ladung Gold, die in Amerika geraubt worden ist, und kommst damit in die Klemme. Du musst das Gold ja irgendwo loswerden. Aber wirst du das in Europa machen, wo dich jemand zwei- oder dreimal scharf anguckt, und bevor er es das vierte Mal macht, sitzt du im Gefängnis und wartest auf den Henker? Nicht sehr wahrscheinlich. In Sallay ist Gold einfach Gold, nicht etwas, das einmal den Spaniern gehört hat, die es in der Neuen Welt gestohlen haben.«
    »Gibt es denn die Neue Welt wirklich? Ist das nicht nur ein Gerücht?«
    »Oh, die gibt es ganz wirklich. Hab die Länder nicht mit eigenen Augen gesehen. Aber nur weil du was nicht sehen kannst, heißt das nicht, dass es nicht da wäre.«
    Tomik blickte ihn an. »Du hast so eine Art von Zauberkraft, stimmt’s? Du hast mich gewürgt. Ich hab keine Hände um meinen Hals gespürt, hab aber kaum atmen können. Und als wir gekämpft haben, hab ich mich nicht bewegen können.«
    »Wie viel hat Petra über mich erzählt?«
    »Ich weiß, dass du ein Meisterdieb bist«, sagte Tomik verächtlich, »und dass du toll darin bist, Schlösser zu knacken. Du hast Petra geholfen, in das Kabinett der Wunder einzubrechen, und da hast du Gold und Juwelen geklaut. Aber darüber hinaus hat Petra nicht viel über dich gesagt.«
    »Na, und alles, was ich von dir weiß, ist, dass du nicht mit in Prag warst.«

    Tomik presste die Lippen aufeinander.
    »Und dass du eine Begabung für Glas hast«, fügte Neel widerstrebend hinzu. »Das hat uns irgendwie geholfen, unsere Haut in der Salamanderburg zu retten.«
    Tomik schnippte mit der Hand, als wollte er Neels Worte wegstoßen. »Und du, hast du so was wie Gedankenkontrolle? Hab ich dir deshalb nicht weiter ins Gesicht schlagen können? Weil in einem ehrlichen Kampf …«
    »Sagte der Gadsche mit dem Messer zu einem unbewaffneten Mann! Wenn ich Gedanken rumkommandieren könnte, würde ich mich anlügen und vergessen, dass ich jemals ein Interesse daran hatte, dich versnobten Kerl davor zu bewahren, ein Leben lang marokkanische Aborte zu putzen.«
    »Tut mir leid«, murmelte Tomik.
    Neel verdrehte die Augen. »Natürlich. Das Einzige, was dir leidtut, ist, dass ich unsichtbare Finger habe, die dich glatt umhauen können. Also, du hast schon ein trauriges Schicksal, aber du versuchst lieber, damit zu leben. Ja, ich habe eine Gabe, die nur einer erben kann, der Romablut in sich hat. Sie wird Daniors Finger genannt. Ich kann damit Geldbeutel stehlen, ohne dass jemand irgendwas merkt. Und du kannst meinen Geisterfingern nichts antun, also denk gar nicht erst daran. Selbst wenn du mit deinem glänzenden Messer durch die Luft schlägst, könntest du mir nicht mal den kleinen Finger abschneiden. Und je mehr ich mich konzentriere, desto weiter können sich meine Geisterhände ausstrecken. Ich arbeite dran.Wird einfacher, wenn ich älter werde.«
    »Ich bin erwachsen«, sagte Tomik. »Du auch?«
    »Mehr oder weniger. Hör mal, lass uns ein bisschen zurückbleiben und die Maraki vorgehen.«
    Neugierig ging Tomik langsamer. Der Abstand zwischen
ihnen und den Rücken der anderen wurde größer. Blökende und meckernde Ziegen liefen den Jungen um die Beine.
    »Ihr Tschechisch ist nicht so toll«, Neel senkte die Stimme. »Aber Treb spricht es ganz ordentlich. Ich möchte nicht, dass er jetzt zuhört.«
    »Wobei?«
    »Das ist geheim. Ein Plan.«
    »Ich weiß nicht so genau, warum du mich als Vertrauten ausgewählt hast, aber wenn es dir so darum geht, dass wir unter uns sind, dann sollten wir nicht reden, wenn er in der Nähe ist.« Tomik deutete mit einer Kopfbewegung auf den Ziegenhirten in einem schäbigen Umhang, der näher kam.
    Neel schnaubte. »Wir sind in Sallay. Er ist ein Ziegenhirt. Auf der Landkarte von Europa ist dein Land so groß wie eine Wanze. Denk mal nach.« Neel tippte sich an den Kopf. »Ich hab nur wegen denen Sorge.« Er nickte in die Richtung der sich entfernenden Rücken der Seeleute.
    Tomik zuckte mit den Schultern. »Es ist dein Geheimnis.«
    »Hör mal, wir brauchen uns nicht unbedingt gegenseitig zu mögen.«
    »Stimmt.«
    »Aber du bist Petras Freund.«
    »Seit dem Tag, an dem sie geboren wurde.«
    »Glaubst du, sie ist tot?«
    Der Ausdruck auf Tomiks Gesicht war der eines Menschen, der sich einer Frage gegenübersieht, wegen der

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