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Das magische Schwert

Titel: Das magische Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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er schon alles getan hatte, was in seiner Macht stand, um nicht darüber nachdenken zu müssen. Er erinnerte sich daran, wie das Licht des Glühsteins auf dem Strand verschwunden war. »Ich weiß es nicht«, gab er zu.

    »Aber wenn du wüsstest, dass sie am Leben ist«, drängte Neel, »was würdest du machen, um sie zu finden?«
    »Alles.«
    »Würdest du mir helfen, sie aufzuspüren?«
    »Dir helfen?«
    »Du hast keinen Grund, so feige zu klingen«, meinte Neel verächtlich. »Du würdest dabei nichts riskieren.«
    »Ist dein Tschechisch so schlecht, dass du Probleme damit hast, ›alles‹ zu übersetzen? Wenn die Tatsache, dass ich hier in Marokko mit einer Bande von Seezigeunern und einer Herde von stinkenden Ziegen stecke« - er stieß eine weg, die an seinem Hemd kaute -, »für dich kein ausreichender Beweis ist, dass ich alles machen würde, was auch für Petras Sicherheit nötig ist, dann weiß ich nicht, womit ich dich sonst überzeugen kann. Ich bin einfach nur … durcheinander. Ich meine, was schert es dich? Du und Petra, ihr wart bei einem sehr gefährlichen Verbrechen Partner, aber du hast ihr geholfen, weil da was für dich drin war. Petra hat gesagt, dass du ein Freund bist. Doch was war sie für dich außer einer goldenen Gelegenheit?«
    »Klar war sie das. Allerdings vielleicht nicht in der Art, wie du glaubst.«
    Tomik blickte Neel abschätzend an. »Also gut. Was kann ich tun, um zu helfen, Petra zu finden?«
    »Hast du jemals von den Mercatorgloben gehört?«
    Hinter ihnen hob sich der Kopf des Ziegenhirten unter dem Hut ein bisschen.
    »Nein«, sagte Tomik etwas verdutzt. »Was hat das mit …«
    »Die Schlupflöcher. Erinnerst du dich an die Schlupflöcher? Wie ich gesagt hab, es gäbe sie auf der ganzen Welt? Gerard Mercator war Portugiese, ein Gadsche, aber ein sehr
gerissener. Als er entdeckt hatte, dass es Möglichkeiten gab, von einem Fluss auf einen Berg zu springen, von einem Land ins andere, entschied er, dass das Wissen darum, wo alle diese Schlupflöcher waren, wohin sie führten und wie man sich durchschlängeln musste, wertvoller war als jeder Preis, den er nennen konnte. Er hat sein Leben mit Reisen zugebracht, bis er wie bereift vom Meersalz war und seine Haut so braun wie eine Walnuss. Und er musste auch eine bestimmte Magie gehabt haben, denn er hat zwei runde Karten geschaffen, die die Macht haben, einen durch Hunderte von Schlupflöchern zu leiten: den Erdglobus und den Himmelsglobus. Nach dem, was wir über Mercator wissen, war er ein neidischer, raffgieriger Kerl, und er wollte nicht, dass irgendjemand die Schlupflöcher ansteuerte, der nicht vorher zu ihm gekommen war. Natürlich hat es massenhaft Leute gegeben, die ihm liebend gerne diese Macht unter der Nase weggeklaut hätten, doch Mercator war ihnen einen Schritt voraus. Du weißt doch, was es für eine schlechte Idee ist, all sein Gold nur an einer Stelle aufzuheben? Also deshalb hat Mercator zwei Karten gemacht, und du brauchst alle beide, damit sie richtig funktionieren. Die Globen sind nicht gerade klein, und es ist schwerer, zwei dicke Dinger zu stehlen als eines. So hat Mercator zumindest gewusst: Wenn es irgendwer schaffte, ihm den einen Globus zu stehlen, dann hätte der Dieb noch immer kein Glück mit den Schlupflöchern.«
    »Und das ist für mich wichtig, weil …?«
    »Weil wir wegen der Globen hier in Sallay sind. Mercator hatte zwar einen Sinn fürs Reisen, doch für die Roma ist das Herumziehen ihr Leben. Die Roma haben ohne die Hilfe von irgendeinem Gadsche vor Jahrhunderten den Strand nach Böhmen und noch andere Schlupflöcher wie das gefunden.
Wir haben sie gefunden, weil wir die Welt kennen wie kein anderer Mensch. Daher meinen wir, dass die Globen uns gehören. Und weil wir Roma ein ganz schön pfiffiger Menschenschlag sind, ist es uns schon gelungen, einen von diesen schönen blaugrünen Bällen in die Hand zu bekommen.«
    Unbemerkt von den Jungen, schob sich der Ziegenhirt langsam näher.
    »Und was sagt Gerard Mercator dazu?«, fragte Tomik.
    »Nichts. Der ist tot.Was ist?«, sagte Neel, der Tomiks anklagenden Blick aufgeschnappt hatte. »Der ist in seinem kuschelweichen alten Federbett gestorben, in Ordnung? Die Roma erniedrigen sich nicht so. Aber wir wollen den zweiten Globus. Es hat ein Treffen der Führer aller vier Stämme gegeben - der Lovari, Usari, Maraki und Kalderasch. Die Pacolet hat den Auftrag bekommen, den Himmelsglobus zu finden. Du musst verstehen: Der Erdglobus zeigt, wo die

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